Top-Fondsmanagerin Sonja Laud "Wichtig ist es, die richtige Balance zu finden"

Die Hochhäuser des Finanzdistrikts Canary Wharf in London.

Sonja Laud kümmert sich als Aktienchefin bei Fidelity in London um 180 Milliarden Euro von Fondsanlegern. Wie sie die Börsen einschätzt, worauf es für Fondsmanager ankommt und wie ihr die Karriere gelang.

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Frau Laud, Sie sind eine der wenigen Deutschen, die in der Fondsbranche in London Karriere gemacht haben. Wurde für den Job der Aktienchefin bei Fidelity International gleich eine Frau gesucht oder wollte kein Mann den Job?
Es galt wohl auf jeden Fall das Prinzip, dass Headhunter von jedem Geschlechte die gleiche Anzahl an Kandidaten liefern sollten. Ich hatte wirklich schon zuvor von anderen Häusern Anfragen bekommen. Die Finanzbranche steht ja nicht nur in Großbritannien unter einem Riesendruck, endlich Stellen mit Frauen zu besetzen.

Hat sich seit dem Jahr 2000, als Sie ins Fondsmanagement gegangen sind, die Anzahl der Frauen in den Fondsunternehmen erhöht?
Etwas vielleicht schon. Aber wir Frauen sind noch Exoten. In 95 Prozent aller Meetings bin ich heute noch die einzige Frau. Das ändert sich nicht über Nacht. Die Branche muss dringend schon bei Studentinnen und Trainees beginnen und sie stärker für Kapitalmarktthemen begeistern und an die Vermögensverwaltung heranführen. Es ist zu spät, erst die Absolventen zu umgarnen. Bis dahin haben sie sich häufig bereits spezialisiert - die Frauen mitunter vor allem auf Marketing oder Personal.

Die Finanzbranche erscheint vielen nicht mehr als attraktiver Arbeitgeber.
Ja, seit der Finanzkrise ist alles mit Finanzen in Verruf geraten und da haben sich Vermögensverwalter nicht differenziert. Wir könnten ja durchaus den Sinn unseres Berufes für die Gesellschaft herausstellen. Ein Fondsmanager beschäftigt sich mit den Unternehmen. Es geht bei uns auch um Soziales und Umwelt und die Frage, wie die Unternehmen damit umgehen. Wir setzen uns mit Unternehmen auseinander und versuchen positiv auf sie einzuwirken, damit die Unternehmen für die Zukunft stark werden. Das bietet attraktive Arbeitsmöglichkeiten.

Zur Person

Wer an Geld und Börse denkt, hat aber gleich den Geldmanager vor Augen, der rund um die Uhr die Märkte verfolgen muss.
Das ist ein Klischee und wird gern überspitzt dargestellt. Für den Fondsmanager ist der Informationsfluss rund um die Uhr kein Wettbewerbsvorteil mehr. Er muss nicht jede Information in einen Aktienkauf oder -verkauf umsetzen. Es kommt darauf an, Informationen richtig zu interpretieren. Und da ist der Beruf Fondsmanager sehr flexibel, man ist nicht so starr an Bürozeiten gebunden.

Aber sie müssen mit dem Druck fertigwerden, dass Ihre Leistung täglich gemessen wird.
Ja, man kann jeden Tag sehen, ob man die richtige Entscheidung getroffen hat. Ich wusste, dass es in dem Job viel Druck gibt, aber das ist inzwischen in allen Branchen ähnlich, da unterscheidet es sich kaum, ob ich Verkaufsziele oder Performanceziele habe. Es ist die Kunst, sich nicht ständig Sorgen zu machen, es geht darum, seinen Stil und seine Überzeugung zu finden. Man muss wissen, dass nicht jeder Fonds zu jeder Zeit sehr gut performen kann. Mitunter laufen am Kapitalmarkt Unternehmen mit hohem Gewinnwachstum gut, so genannte Value-Aktien dann aber schlechter. Das sind Phasen, in denen es für manchen Fondsmanager, der seinen speziellen Anlagestil durchhält, schwer wird.

Anleger kennen das vom Fidelity European Growth, der mit sieben Milliarden Euro einer der bekanntesten Fonds ist. Er lief jahrelang eher mittelmäßig, jetzt hat er sich zumindest laut Rating von Scope in vordere Plätze zurückgekämpft. Bleibt es so?
Das hoffen wir. Fondsmanager Matthew Siddle achtet darauf, dass er Unternehmen günstig kaufen kann, die Bewertung muss in seinen Augen also stimmen. Er hat ein paar schwierige Jahre mit dem Stil gehabt und es freut mich, dass es belohnt wird, dass er stark und seinen Auswahlkriterien treu geblieben ist.

Sonja Laud (43) war als Fondsmanagerin bei der DWS. Quelle: PR

War es schon immer ihr Traum, Geld zu verwalten?
Nein, bis zum Alter von 18 Jahren etwa wollte ich Profireiter werden. Aber dann habe ich BWL studiert und dort hat mir das Thema schon Spaß gemacht. Ich habe in Köln, Paris, Oxford und Berlin BWL studiert, viele Praktika gemacht, unter anderem schon bei meinem späteren Arbeitgeber DWS aber auch in einer Marketingabteilung.

Sie haben durch die Milliarden, die sie jetzt bei Fidelity International in den Aktienmarkt investieren viel Macht, um in den Unternehmen Veränderungen anzustoßen. Spielt das Thema Diversity bei der Auswahl von Aktien eine Rolle?
Es ist deutlich populärer geworden. Bei der Aktienauswahl bei Fidelity wird das Thema „Diversity“ unter dem Aspekt „Corporate Governance“ mit abgedeckt und ist ein wichtiger Bestandteil bei der Analyse eines Unternehmens. Eine positive Corporate Governance Bewertung ist jedoch nie der alleinige Grund, eine Aktie zu kaufen. Bei den Diskussionen um Diversity wird oft vergessen, dass es Branchen wie die Finanzbranche gibt, die gar nicht den Talentpool hat, um für Spitzenpositionen viele Frauen zu finden. Wenn nicht die geeigneten Kandidaten da sind, muss man sich erst mit den Problemen an der Basis beschäftigen. Wenn gemischte Teams vorteilhaft sind, dann darf sich das auch nicht nur auf die Spitze beschränken. Dann ist es wichtiger, auf jeder operativen Ebene Frauen zu haben.  

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