Drei Grafiken Hohe Nachfrage, wenig Angebot: Hier stockt die Neubauoffensive

Besonders im Ruhrgebiet gibt es wenig Neubauimmobilien. Quelle: imago images

Seit Jahren verspricht die Politik, mehr Wohnraum zu schaffen. Doch in fast allen Städten werden zu wenig neue Wohnungen gebaut. Vor allem das Ruhrgebiet ist betroffen.

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Dass Bochum keine Schönheit ist, das merkte schon Herbert Grönemeyer in seiner populären Ruhrpott-Liebeshymne an. Die ehemalige Bergbau-Hochburg, schmetterte er ins Mikrofon, die sei „leider total verbaut“. Wenn es nach Grönemeyer geht, dann mache zwar gerade das den Charme der Stadt aus. Doch das Problem: Das Stadtbild zieren vor allem Bestandsimmobilien. In keiner anderen deutschen Großstadt gibt es weniger Neubauten als in Bochum.

Bloß sechs Prozent aller im vergangenen Jahr verkauften Immobilien in der Ruhrgebietsstadt sind jünger als sechs Jahre. Die Nachfrage wird hauptsächlich durch Bestandswohnungen abgedeckt. Das zeigen Daten des Berliner Maklerunternehmens McMakler, die der WirtschaftsWoche vorab vorliegen.



McMakler hat ermittelt, wie groß der Anteil an Neubau- und Bestandsimmobilien in den Metropolen, deren Speckgürteln und den sogenannten B-Städten ist – also den Städten der zweiten Reihe. Im Durchschnitt waren bloß 32 Prozent der angebotenen Immobilien Neubauten. Im Vorjahresvergleich sank der Anteil an Neubau-Immobilienangeboten um zwölf Prozent. Ein Trend, der bereits seit 2018 anhält.

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Die Analyse von McMakler offenbart erneut, dass die Politik ihre große Neubauoffensive seit Jahren verschläft. Zwar zeigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes, dass seit 2011 jedes Jahr mehr Wohnungen fertiggestellt werden. Aber: „Die Bauvorhaben konnten den gewachsenen Bedarf am Markt bislang nicht abdecken,” sagt Felix Jahn, Gründer und Geschäftsführer von McMakler.

Die neue Ampelkoalition will jetzt den Wohnungsneubau stärker forcieren und jährlich 400.000 neue Wohneinheiten bauen. „Das Vorhaben von SPD, Grünen und FDP setzt an der richtigen Stelle an“, so Jahn. Die Neubaufortschritte entwickeln sich in den Städten höchst unterschiedlich. Generell zeigt sich: In den Metropolen ist der Anteil neugebauter Immobilien deutlich höher (durchschnittlich 43 Prozent) als in den Speckgürteln oder in B-Städten (jeweils 20 Prozent).



Aber auch die Entwicklung in den einzelnen Metropolstädten unterscheidet sich. Die meisten Neubauten gibt es in München (70 Prozent) und Frankfurt (58 Prozent). Hier sind die Nachfrage nach Wohnungen und die Kaufkraft der Bürger höher als anderswo in der Republik.

Vor allem in Berlin dürfte die Wohnungsnachfrage hoch bleiben. Für Neubauwohnungen sind die Preise dort im vergangenen Jahr um 8,8 Prozent gestiegen, wie das Portal ImmobilienScout 24 jüngst ermittelte. Fürs kommende Jahr geht es davon aus, dass die Wohnungspreise in der Bundeshauptstadt und anderen Metropolen ähnlich dynamisch steigen werden. Die Nachfrage ist also da – doch das Angebot wächst nicht ausreichend.

Wegen der steigenden Preise in den Metropolen suchen viele Mieter und Kaufinteressierte im Umland nach einer günstigeren Immobilie. Dieses Phänomen ist bereits seit einigen Jahren zu beobachten. Das befeuern nun die Corona-Pandemie und der Trend zum Homeoffice. „Diese neue Entwicklung muss in der Wohnungsbauplanung unbedingt mitgedacht und berücksichtigt werden”, so McMakler-Chef Jahn.

Bislang liegt der Neubauanteil in den Speckgürteln deutlich unter dem in den Metropolen. Es zeigt sich bereits, dass die Preise für Immobilien im Umland stärker anziehen als in den Metropolen selbst. Und wenn sich der Trend fortsetzt, dürfte sich die Situation weiter verschärfen.



Besonders problematisch ist die Neubausituation in vielen B-Städten, allen voran im Ruhrgebiet. In Bochum, Dortmund, Duisburg und Essen machen Bestandsimmobilien mit einem Anteil von teils weit über 80 Prozent das Gros des Immobilienangebots aus.

Insgesamt zeigt sich, dass in nur zwei der 21 untersuchten Metropolen und B-Städte zuletzt mehr Neubauten verkauft wurden als 2018: In Wiesbaden (plus 40 Prozent) und Leipzig. Anders sieht es auch hier in manchen Ruhrgebietsstädten aus. In Bochum (minus 84 Prozent) und Dortmund (minus 65 Prozent) ist der Wert stark gesunken.



Für McMakler-Geschäftsführer Jahn ist klar: Neubauten allein werden nicht reichen, um den Wohnungsbedarf komplett zu decken. Auch der Ausbau von Bestandsimmobilien müsse vorangetrieben werden. „Dachgeschosswohnungen, die Überbauung von Supermärkten oder der Umbau von bestehenden Gebäuden – all diese Maßnahmen müssen bei der Bauplanung berücksichtigt werden”, so Jahn.

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