Habecks Energiewende So teuer wird der Anschluss ans Fernwärmenetz für Hausbesitzer

Mit Geothermie wollen Fernwärmeanbieter wie die Stadtwerke München Heizen klimaneutral machen.  Quelle: dpa

Künftig sollen nur noch Heizungen mit erneuerbaren Energien erlaubt sein. Fernwärme ist eine Alternative. Worauf Hausbesitzer beim Anschluss ans Netz achten müssen.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Die Koalition streitet weiter über das Heizungsgesetz. Fast jeden Tag gibt es einen neuen Wasserstand zum geplanten Verbot neuer Öl- und Gasheizungen. Wirtschaftsminister Robert Habeck hatte nach Ministeriumsangaben die Berichterstatter der drei Ampel-Fraktionen eingeladen, um die von den FDP-Berichterstattern gestellten 77 Fragen und weitere Nachfragen zu beantworten. Der Minister sagte in Hannover, es sei „jetzt wieder erreichbar“, dass das Gesetz vor der Sommerpause vom Bundestag verabschiedet werde.

Klar ist schon jetzt: Millionen von deutschen Hauseigentümern werden sich wohl oder übel in kommenden Jahren mit ihrer Heizung beschäftigen müssen. 

Schon allein der Preisauftrieb bei den Heizkosten wird Immobilienbesitzer dazu zwingen, ineffiziente Anlagen auszutauschen. So verteuerte sich laut dem Statistischen Bundesamt Haushaltsenergie im März um 21 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Besonders stark zogen die Preise bei Erdgas an: plus 34 Prozent. Der Strompreis legte um 15 Prozent und der für Fernwärme um zwölf Prozent zu. Lediglich leichtes Heizöl verbilligte sich um 22 Prozent.

Neue Ölheizungen lassen sich demnächst jedoch nicht mehr installieren, sofern das Gebäudeenergiegesetz so wie geplant von der Ampelkoalition umgesetzt wird. Zudem dürften die CO2-Kosten für fossile Brennstoffe steigen. Mit Erdgas oder Öl zu heizen, dürfte dann langfristig deutlich teurer werden – unabhängig von der Preisentwicklung auf den Energiemärkten. Als erneuerbare Alternativen bleiben meist nur Wärmepumpe oder Fernwärme.

Lesen Sie auch: So wird die Fernwärme grün

Fernwärme bietet sich vor allem bei Mehrfamilienhäusern in Großstädten an. Denn je mehr Parteien in einem Haus sind, desto geringer sind die Anschlusskosten pro Wohneinheit. Oft gibt es in den Metropolen schon größere Fernwärmenetze und sie werden in den kommenden Jahren ausgebaut. Das heißt, mehr Hauseigentümer haben eine Alternative zur Wärmepumpe.

Kommunen bauen Netze aus 

So wie Hauseigentümer Fördermittel für den Heizungstausch erhalten, unterstützt der Bund die Gemeinden beim Ausbau der Fernwärmenetze. Das Geld kommt unter anderem vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa). Der Bafa-Fördertopf wurde zum 15. September vergangenen Jahres eingerichtet. 

Der Ausbau der Fernwärmenetze wird von den Kommunen in Absprache mit den Versorgern gesteuert. Dabei achtet der Versorger darauf, ob sich weitere Anschlüsse für ihn lohnen. Das heißt, er achtet auf das Verhältnis von künftigen Einnahmen durch zusätzliche Kunden und den Kosten für den Netzausbau. Vor allem in dicht bebauten Stadtvierteln mit großen Mietshäusern rechnet sich für den Versorger der Ausbau.

Die Ampel streitet heftig über das Heizungsgesetz, heute berät erstmals der Bundesrat darüber. Aber wer profitiert politisch davon? Nur einer. Die Ergebnisse des neuesten WirtschaftsWoche-Entscheiderpanels.
von Max Haerder

Viele Kommunen treiben den Ausbau der Fernwärme voran. Hauseigentümer sollten sich bei ihrem lokalen Versorger über einen möglichen Anschluss informieren. Einige Fernwärmeanbieter wie Rheinenergie in Köln zeigen mit interaktiven Karten auf ihrer Internetseite, welche Stadtviertel bereits ans Netz angeschlossen sind. Auf den Karten lassen sich die Leitungen bis in einzelne Straßen verfolgen. 

In manchen Kommunen haben Hauseigentümer keine Wahl. Dort gibt es einen Anschlusszwang ans Fernwärmenetz. Dies wird auch durch das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz legitimiert. Voraussetzung ist allerdings, dass der Fernwärmebetreiber in kommunaler Hand oder zumindest unter maßgeblicher Kontrolle der Gemeinde steht. Bei einem privaten Energieversorger ist ein Anschlusszwang in der Regel nicht möglich.  

Undurchdringlicher Tarifdschungel

Allerdings sagt allein die Option auf einen Anschluss ans Fernwärmenetz noch wenig darüber aus, ob es sich auch wirtschaftlich für die Hauseigentümer lohnt. Um die Wirtschaftlichkeit von Fernwärme einschätzen zu können, ist ein Blick in die komplexe Kostenkalkulation nötig. 

Dazu hat die WirtschaftsWoche fünf Fernwärmeanbieter in den fünf größten deutschen Städten Berlin, Hamburg, München, Köln und Frankfurt befragt. Je nach Anbieter fallen die Details in den Preiskatalogen zwar anders aus. In der grundsätzlichen Struktur der Kosten für Fernwärmekunden gibt es jedoch viele Übereinstimmungen sowohl beim Verbrauch als auch beim Netzanschluss.    

Die genaue Analyse der Konditionen ist bei Fernwärme umso wichtiger, weil es nur einen Anbieter gibt – anders als etwa  bei Erdgas. Hauseigentümer, die sich einmal ans Netz anschließen lassen, sind der Preispolitik des Versorgers ausgeliefert. Zuletzt haben einige Versorger ihre Fernwärmetarife stark erhöht. 

Noch gilt für Fernwärme eine gesetzliche Obergrenze von 9,5 Cent je Kilowattstunde für 80 Prozent des Verbrauchs vom Vorjahr. Für den Rest ist der volle Marktpreis zu zahlen. Wenn die Preisbremse ausläuft, gilt dann wieder für 100 Prozent des Verbrauchs der volle Preis. 

1. Verbrauchskosten

Die laufenden Kosten von Fernwärme setzen sich aus dem Verbrauch (Arbeitspreis) und einem verbrauchsunabhängigen Entgelt zusammen (Grundpreis). Im Münchener Stadtgebiet beispielsweise zahlen Privathaushalte im Heizwassernetz der Stadtwerke 16,70 Cent pro Kilowattstunde. Das ist deutlich mehr, als die Preisbremse derzeit zulässt. 

Oben drauf kommt verbrauchsunabhängig noch ein jährlicher Grundpreis von 46 Euro pro Kilowatt Leistung. Als dritte Komponente verlangen die Stadtwerke München einen jährlichen Messbeitrag, der nach der gemessenen Wärmemenge gestaffelt ist. Andere Anbieter wie Vattenfall in Berlin verzichten auf einen Messbeitrag und kalkulieren nur mit einem Arbeits- und einem Grundpreis. 

2. Anschlusskosten

Hauseigentümer, die glauben, dass es bei den einmaligen Anschlusskosten einfacher wird, liegen falsch. Denn auch hier differenzieren die Fernwärmeanbieter zwischen mehreren Komponenten. Der erste Bestandteil ist der Baukostenzuschuss. Mit Zuschuss ist der Beitrag des Immobilieneigentümers für den Fernwärmeanschluss bis zum Haus gemeint. 

Der Versorger EnBW beispielsweise rechnet für sein Fernwärmenetz in Stuttgart wie folgt: „Für den Bau einer rund zehn Meter langen Hausanschlussleitung, der Anschluss an eine bestehende Versorgungsleitung sowie Inbetriebsetzung der Übergabestation können Kosten von rund 50.000 Euro entstehen. Von diesen muss der Kunde in der Regel in etwa 20.000 bis 30.000 Euro übernehmen.“

Wie viel der Hauseigentümer tatsächlich zahlen muss, hängt vom Einzelfall ab. Je näher ein bereits vorhandener Anschluss ist, desto günstiger wird es in der Regel. Der Berliner Fernwärmeanbieter Vattenfall verweist darauf, dass die Anschlusskosten auch abhängig davon sind, wie viele Immobilien in einem Straßenzug angeschlossen werden sollen. Ein- oder Zweifamilienhäuser separat anzuschließen sei in der Regel unwirtschaftlich.



Die Versorger werben damit, dass die Anschlusskosten für die Fernwärme nur einmalig anfielen. Ein späterer Heizungsaustausch nach Ablauf der wirtschaftlichen Lebensdauer oder bei einer Havarie sei nicht nötig. Das ist zwar korrekt, setzt aber voraus, dass die Hauseigentümer eine Zeitspanne von mehr als 30 Jahren betrachten.  

Die Anschlusskosten, die der Fernwärmeanbieter verlangt, decken jedoch nicht die gesamten Ausgaben der Hauseigentümer ab. Denn oft müssen sie im Haus beispielsweise Rohre neu verlegen lassen. Besonders bei Mehrfamilienhäusern mit Etagenheizungen dürften die Baumaßnahmen aufwendiger sein als bei solchen mit Zentralheizung. Immobilienbesitzer sollten sich daher von einem Handwerksbetrieb einen Kostenvoranschlag für die nötigen Umbaumaßnahmen einholen. 

Fördermittel: 30 Prozent sind sicher

Nach dem bisherigen Gesetzentwurf sollen Hauseigentümer eine Grundförderung von 30 Prozent der Kosten für einen Fernwärmeanschluss erhalten. Einen weiteren Bonus von 20 Prozent gibt es, wenn Immobilienbesitzer eine alte Öl- oder Gasheizung austauschen, obwohl sie laut Gesetz nicht dazu verpflichtet wären. 

Ungeklärt sind bisher weitere einkommensabhängige Boni. Die Grünen signalisierten, dass sie bei finanzschwachen Haushalten bis zu 80 Prozent der Kosten für Wärmepumpen fördern würden. Ob das auch für einen Fernwärmeanschluss gelten würde, bleibt bisher offen. Derzeit prüft der Bundesrat den Gesetzentwurf. Die Länder haben bereits diverse Nachbesserungen beim Gesetz gefordert.

Wohnungskauf So können Sie den Immobilienkredit steuerlich absetzen

Unser Leser bewohnt eine Eigentumswohnung in München. Mit seiner Frau möchte er in eine größere ziehen, die alte dann vermieten. Können sie Kreditkosten bei der Steuer geltend machen?

Deutsche Telekom „Srini ist hochintelligent und weiß, wie man liefert“

Srini Gopalan hat beste Chancen auf die Nachfolge von Tim Höttges bei der Deutschen Telekom. Vorher muss er das komplizierteste Projekt des Konzerns stemmen: den Glasfaserausbau.

Gründer kauft fahrrad.de zurück Nun kann René Köhler beweisen, dass er es besser kann als René Benko

René Köhler, Gründer des Internethändlers fahrrad.de, kauft sein Unternehmen zurück – aus der Insolvenzmasse von Signa. Doch der Fahrradmarkt ist heute ein ganz anderer als zum Zeitpunkt des Verkaufs Ende 2016.

 Weitere Plus-Artikel lesen Sie hier

Derzeit zahlt das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) 30 Prozent der Kosten für einen Fernwärmeanschluss. Das entspricht der Grundförderung laut Gesetzentwurf. Die förderfähigen Gesamtkosten sind bei der Bafa auf 60.000 Euro pro Jahr gedeckelt. Dieser Betrag schließt auch weitere Baumaßnahmen wie beispielsweise das Dämmen der Fassade ein.

Lesen Sie auch: Wo die Wärmepumpe keinen Platz hat, soll mehr Fernwärme das klimafreundliche Heizen übernehmen. Die Technik hätte viel Potenzial. Doch es gibt ein Problem.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%