Häuser und Wohnungen Warum mieten günstiger als kaufen ist

Die Kaufpreise in deutschen Städten steigen noch viel stärker als die Mieten. Das Ergebnis ist eindeutig: Mieter sind vielerorts im Vorteil.

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Kaufen oder Mieten? Es ist die zentrale Frage, die im Immobilienboom in den deutschen Städten Menschen auf der Suche nach Haus oder Wohnung umtreibt. Für viele steckt dahinter allerdings mehr als eine Frage von Zahlen, Daten und Fakten, sondern ein Glaubensstreit. Nähern wir uns der Antwort also lieber vorsichtig, in kleinen Schritten.

Betreten wir den Wohnturm "Le Grand", ein Düsseldorfer Neubauprojekt, erst 2017 fertiggestellt. Es ist ein moderner, schicker Bau mit 18 Etagen. Viel Glas, lichtdurchflutete Räume. Im Erdgeschoss soll ein Pförtner, hier frankophil Concierge genannt, Herzlichkeit und Sicherheit bieten - im Idealfall. Nebenan können gestresste Großstädter sich im hauseigenen Fitnessraum austoben.

Auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs im Stadtteil Derendorf, war hier im Wohnturm vor Kurzem noch beides zu haben: eine Mietwohnung und eine Eigentumswohnung. Beide hatten drei Zimmer und waren 90 Quadratmeter groß. Während die Eigentumswohnung in der achten Etage 390.000 Euro kosten sollte, hätten Mieter für eine vergleichbare Mietwohnung in der 14. Etage 1700 Euro kalt pro Monat gezahlt. Höhere Etagen sind begehrter und teurer: Hätte die Mietwohnung nicht im 14. Stock, sondern auch in der achten Etage gelegen, wäre sie daher günstiger gewesen. Für den Vergleich mit der Eigentumswohnung sind insofern 1500 Euro Kaltmiete angemessen.

In diesen zehn Städten sind Mieter im Vorteil
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Käufer müssen allerdings nicht nur den reinen Kaufpreis zahlen. Die Grunderwerbsteuer, in Nordrhein-Westfalen sind das mittlerweile 6,5 Prozent, kommt hinzu. Für Notar und Grundbuch sind es wenigstens weitere 2,0 Prozent. Beim Kauf direkt vom Bauträger fällt immerhin keine Verkaufsprovision an, anders als wenn ein Makler zwischengeschaltet ist. Jedenfalls wären die Kaufkosten so bereits auf 423.150 Euro gestiegen (390.000 Euro Kaufpreis zuzüglich 8,5 Prozent für Grunderwerbsteuer, Notar und Grundbuch).

In den meisten Fällen werden Käufer einen Kredit aufnehmen müssen. Wir gehen für den Vergleich von 60 Prozent Kreditanteil aus, auf den reinen Kaufpreis bezogen. Das entspricht 234.000 Euro Kredit. Damit wir den Kauf direkt mit der Miete vergleichen können, wird dieser Kredit nicht getilgt, nur die Zinskosten werden beglichen. Natürlich sind solche endfälligen oder tilgungsfreien Kredite bei selbstgenutzten Wohnungen nicht die Regel. Aber so lassen sich Miete und Kauf besser vergleichen. Würde der Käufer den Kredit hingegen tilgen, würde er sparen und Eigentum bilden – anders als der Mieter. Um den Mieter dann trotzdem vergleichen zu können, müsste auch er noch zusätzlich Geld zur Seite legen und zu einer bestimmten Rendite anlegen. Das würde den Vergleich unnötig verkomplizieren.

In diesen zehn Städten lohnt sich der Kauf
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Ein solcher tilgungsfreier Kredit über 234.000 Euro und für 15 Jahre wird derzeit bei guter Bonität zu Monatsraten von durchschnittlich 394 Euro angeboten, also zu etwa zwei Prozent Kreditzins. Neben diesen Kreditzinsen hätte der Käufer - anders als der Mieter - auch noch die Kaufnebenkosten zu tragen. Wenn wir davon ausgehen, dass der Käufer nach dem Kauf nichts in die Wohnung für die Instandhaltung investiert und sie nach 15 Jahren trotzdem wieder zu seinem Einstandspreis verkaufen kann, hat er neben den Zinsen nur diese Kaufnebenkosten ausgegeben. Also verteilen wir auch die kompletten Kaufnebenkosten über die 15 Jahre: Das entspricht gut 184 Euro im Monat (8,5 Prozent von 390.000 Euro, verteilt über 15 Jahre). Die meisten laufenden Kosten fallen sowohl bei Miete als auch bei Kauf an, von der Heizung über Strom bis zum Internetvertrag. Sie spielen für unseren Vergleich keine Rolle. Meist zahlen Eigentümer aber etwas höhere Nebenkosten als Mieter, zum Beispiel als Teil des Hausgeldes. Hierfür setzen wir einen Euro pro Quadratmeter und Monat an, bei der 90-Quadratmeter-Wohnung dann eben 90 Euro.

Immobilienboom in Deutschland: Der sagenhafte Anstieg der Haus- und Wohnungspreise geht weiter – noch. Unser Ranking der 50 größten Städte zeigt, wo der Markt überdreht und wo ein Kauf noch lohnt.
von Niklas Hoyer, Fulya Çayir, Martin Gerth, Matthias Kamp

Zahlen auf den Tisch

Halten wir nochmal fest: Durch den Kauf würde sich der Selbstnutzer die sonst fällige Miete von 1500 Euro sparen. Dafür müsste er jeden Monat 394 Euro Kreditzinsen zahlen, hätte (umgelegt auf 15 Jahre) noch 184 Euro im Monat an Kaufnebenkosten und 90 Euro monatlich an höheren Nebenkosten zu tragen. Unter dem Strich würde ihm eine Ersparnis von 832 Euro bleiben, 9984 Euro im Jahr. Im Gegenzug setzt der Käufer aus eigener Tasche 156.000 Euro für den Kauf ein.

Nun liegen die Zahlen auf dem Tisch. Die Ersparnis entspricht damit einem "Ertrag" von 6,4 Prozent pro Jahr*. Auf die Gesamtsumme bezogen, also Eigenkapital und Kredit, würde der Kauf rund 2,6 Prozent Ertrag bringen, gemessen an der eingesparten Miete, abzüglich der auf die Laufzeit umgelegten, nur vom Käufer zu tragenden Kosten. Könnten Selbstnutzer auf einen Kredit verzichten und den Kaufpreis komplett selbst stemmen, würden sie unter den ansonsten gleichen Annahmen auf 3,8 Prozent Ertrag durch den Kauf kommen. Dass die Rendite aufs Eigenkapital hier niedriger als beim Kauf mit Kredit ist, liegt schlicht daran, dass der Kreditzins aktuell niedriger als die Rendite durch die ersparte Miete ist. Im Gegenzug tragen die Kreditnehmer aber ein höheres Risiko, weil sie sich verschulden.

Die Werte sind im aktuellen Umfeld gut. Wenn ein Selbstnutzer also entschieden hat, in dieser Wohnung wohnen zu wollen und nur zwischen Kauf und Miete schwankt, dann sollte er in diesem Fall und unter den getroffenen Annahmen eher kaufen. Ob Selbstnutzer allerdings wirklich in dieser Wohnung im "Le Grand"-Wohnturm - auf östlicher Seite mit Blick auf einen sechsgleisigen Bahndamm - wohnen wollen, steht auf einem anderen Blatt.

Für die aktuelle Titelgeschichte der WirtschaftsWoche haben wir die Wohnimmobilienmärkte der 50 größten Städte aus Sicht von Kapitalanlegern und Selbstnutzern durchleuchtet. Selbstnutzer bekommen hier auf Basis der durchschnittlichen Kaufpreise und Mieten der jeweiligen Stadt eine Empfehlung, ob eher Kauf oder Miete lohnt. Dabei wird von einer 80-Quadratmeter-Wohnung ausgegangen, 30 Jahre alt. Ansonsten sprechen die Annahmen denen im Beispiel der Düsseldorfer Wohnung. Ab einem Ertrag von vier Prozent auf das eingesetzte Eigenkapital durch den Kauf, lautet die Empfehlung hier: Kaufen. Das entspricht einer Rendite auf das insgesamt eingesetzte Kapital, inklusive Kredit, von wenigstens 2,5 Prozent. Bei niedrigeren Werten wird zur Miete geraten.

Nur in 24 der 50 Städten ist so gerechnet noch der Kauf attraktiv. In welchen, lesen Sie in unserem Immobilienatlas.

* Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels war der im Beispielfall angegebene „Ertrag“ aus der Mietersparnis zu niedrig angegeben. Er beträgt 6,4 Prozent bezogen auf das eingesetzte Eigenkapital.

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