Immobilienmarkt Investoren erwarten Auslaufen des Booms

Immobilienmarkt Quelle: imago images

2018 brummte der Immobilienmarkt für Investoren nochmal richtig. Aber jetzt erwarten Profis eine Flaute auf hohem Niveau.

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78 Milliarden Euro – diese enorme Summe steckten Immobilieninvestoren 2018 in den Immobilien-Sektor, genauer gesagt in Gewerbe- und Wohnimmobilien. Das ist der höchste Wert seit 2015 (79 Milliarden Euro), nochmal sieben Prozent mehr als im Jahr 2017.

Doch allmählich dürfte der Immobilienboom aus Investorensicht seinen Zenit erreicht haben. Das geht aus dem „Trendbarometer Immobilien-Investmentmarkt 2019“ der Beratungsgesellschaft EY Real Estate hervor, für den 300 Profi-Investoren befragt wurden, die auf dem deutschen Immobilienmarkt aktiv sind. Diese Banken, Immobilienfonds, Wohnungs- und Kapitalanlagegesellschaften erwarten auf dem Immobilienmarkt nun eine Stagnation auf hohem Niveau.

Konkret rechnen sie im Durchschnitt mit einem Rückgang des Transaktionsvolumens auf einen Wert zwischen 72 und 75 Milliarden Euro. Das entspräche einem Minus von vier bis acht Prozent. Seit 2009 nimmt das Transaktionsvolumen zu, abgesehen von 2016 im Anschluss an das ungewöhnlich starke Jahr 2015. Der größte Deal war bei den Gewerbeimmobilien die Fusion von Karstadt und Kaufhof mit einem Volumen von 1,8 Milliarden Euro. Bei Wohnimmobilien war es die Übernahme von 27.000 Wohneinheiten der BUWOG durch Vonovia für 2,9 Milliarden Euro.

„Deutschland bleibt weltweit einer der attraktivsten Immobilienmärkte“, sagt Christian Schulz-Wulkow, der den Immobiliensektor bei EY für Deutschland, Österreich und die Schweiz leitet. „Allerdings haben die Preissteigerungen der letzten Jahre, die politischen Eingriffe der Bundesregierung und Kommunen sowie Kapazitätsengpässe im Bausektor Spuren hinterlassen. Die Herausforderungen für Investoren sind gewachsen.“

Probleme sieht Schulz-Wulkow vor allem im Bereich der Wohnimmobilien. Wohnraum sei in den Metropolen immer noch sehr knapp, insbesondere bezahlbare Wohnungen. „Mietrechtsverschärfungen bauen keine Wohnungent“, wettert Schulz-Wulkow in Richtung Politik. Mehr als zwei Drittel der Befragten Immobilieninvestoren halten Wohnimmobilien noch immer für sehr attraktiv, sehen in der Baupolitik aber mit großer Mehrheit keine nachhaltige Lösung des Problems.

Eine weitere Schwierigkeit stellen der Umfrage zufolge die weitgehend ausgelasteten Kapazitäten in der Bauwirtschaft dar, die zu Verzögerungen und Mehrkosten führen. Nahezu neun von zehn Investoren planen deshalb vorrangig Investitionen in den eigenen Immobilienbestand anstelle von Neubauten und Zukäufen.

Wer kann wie viel finanzieren? Vier Beispiele
Paar, 45 Jahre, 1 Kind70.000 Euro Netto-Jahreseinkommen und 150.000 Euro EigenkapitalWie viel können sie ausgeben?Wenden beide rund 40 Prozent des Nettoeinkommens für Zins, Tilgung und Wohnnebenkosten auf, sind 317.500 Euro Darlehen finanzierbar.Laufende Kosten: 2000 Euro für den Kredit (Zins und Tilgung bis zum 60. Geburtstag), 500 Euro an Wohnnebenkosten (116 qm) = 2500 Euro im Monat.Verfügbares Kapital: Kredit + Eigenkapital = 467 500 Euro. Nach Abzug von zehn Prozent Kaufnebenkosten sind rund 425.000 Euro Kaufpreis tragbar.Was bekommen sie dafür? In Großstädten oder beliebten Mittelstädten sind 110 bis 130 Quadratmeter große Wohnungen realistisch, allerdings nicht zentral gelegen und bei überschaubarer Auswahl. Kleinere Häuser gibt es in Stadtrandlagen wie Berlin-Köpenick, Köln-Auweiler oder Münster-Hiltrup. In München reicht es für eine Zwei- bis Drei-Zimmer-Wohnung in eher einfacher Lage wie Neuperlach.Die große Analyse "Wie viel Haus können Sie sich leisten?" Finden sie hier. Quelle: Illustration: Martin Haake
Paar, 40 Jahre, kein Kind60.000 Euro Netto-Jahreseinkommen und 100.000 Euro ErspartesWie viel können sie ausgeben?Wenden beide rund 40 Prozent des Nettoeinkommens für Zins, Tilgung und Wohnnebenkosten auf, sind 329.000 Euro Darlehen finanzierbar.Laufende Kosten: 1650 Euro für den Kredit (Zins und Tilgung bis zum 60. Geburtstag), 430 Euro an Wohnnebenkosten (100 qm) = 2080 Euro im Monat.Verfügbares Kapital: Kredit + Eigenkapital = 429.000 Euro. Nach Abzug von zehn Prozent Kaufnebenkosten sind rund 390.000 Euro Kaufpreis tragbar.Was bekommen sie dafür? In Großstädten oder begehrten Mittelstädten sind bis zu 100 Quadratmeter große Wohnungen drin, in guten bis mittleren Lagen. Häuser allenfalls in Stadtrandlagen, realistischer ist aber meist eine Doppelhaushälfte oder ein Reihenhaus. In München würde es für eine Zwei-Zimmer-Wohnung reichen, in Augsburg für ein Reihenhaus. Die große Analyse "Wie viel Haus können Sie sich leisten?" Finden sie hier. Quelle: Illustration: Martin Haake
Single, 35 Jahre,30.000 Euro Netto-Jahreseinkommen und 50.000 Euro EigenkapitalWas kann sie ausgeben?Wenn sie 40 Prozent des Nettoeinkommens für Zins, Tilgung und Wohnnebenkosten einsetzen will, sind 170.000 Euro Darlehen finanzierbar. Laufende Kosten: 770 Euro für den Kredit (Zins und Tilgung bis zum 60. Geburtstag), 258 Euro an Wohnnebenkosten (60 qm) = 1028 Euro im Monat.Verfügbares Kapital: Kredit + Eigenkapital = 220.000 Euro. Nach Abzug von zehn Prozent Kaufnebenkosten sind rund 200.000 Euro Kaufpreis tragbar.Was bekommt sie dafür? Eine 45 bis 60 Quadratmeter große Wohnung in mittlerer bis guter Lage, zum Beispiel in Hamburg, Berlin, Köln, Düsseldorf, Frankfurt, Stuttgart, Augsburg und Regensburg. In München reicht das Kapital für 25 bis 40 Quadratmeter Fläche. Im Speckgürtel der Großstädte sowie in Städten wie Bremen, Bielefeld oder Leipzig wären mit Glück bis zu 100 Quadratmeter drin. Die große Analyse "Wie viel Haus können Sie sich leisten?" Finden sie hier. Quelle: Illustration: Martin Haake
Paar, 50 Jahre, 2 Kinder80.000 Euro Netto-Jahreseinkommen und 200.000 Euro EigenkapitalWie viel können sie ausgeben?Können beide rund 40 Prozent des Nettoeinkommens für Zins, Tilgung und Wohnnebenkosten einsetzen, sind 251.000 Euro Darlehen finanzierbar.Laufende Kosten : 2150 Euro für den Kredit (Zins und Tilgung bis zum 60. Geburtstag), 500 Euro an Wohnnebenkosten (116 qm) = 2650 Euro im Monat.Verfügbares Kapital: Kredit + Eigenkapital = 451 000 Euro. Nach Abzug von zehn Prozent Kaufnebenkosten sind rund 410.000 Euro Kaufpreis tragbar.Was bekommen sie dafür? In guten, citynahen Lagen beliebter Städte 70 bis 90 Quadratmeter große Wohnungen (in München bis 60 Quadratmeter); mehr Platz an eher cityfernen Standorten. Großzügige Häuser nur außerhalb der beliebten Städte in eher ländlichen Gegenden wie dem Nürnberger Land oder in Städten wie Essen, Wuppertal, Osnabrück und Mannheim. Die große Analyse "Wie viel Haus können Sie sich leisten?" Finden sie hier. Quelle: Illustration: Martin Haake
Wie wir gerechnet haben.Wie viel Immobilie erschwinglich ist, hängt vom Einkommen, den vorhandenen Ersparnissen und den angenommenen Kosten (Nebenkosten beim Kauf, Finanzierungskosten und laufende Kosten des Immobilieneigentums) ab. Wir gehen von einer soliden Finanzierung aus: Bis zum 60. Geburtstag soll die Immobilie schuldenfrei sein. An Kaufnebenkosten setzen wir zehn Prozent an (für Grunderwerbsteuer, Grundbuch, Notar und Makler). Zins, Tilgung und Wohnnebenkosten dürfen rund 40 Prozent des Nettoeinkommens ausmachen; Gehaltssteigerungen sind nicht eingeplant und dienen als Puffer. Die laufenden Wohnnebenkosten betragen angenommene 4,30 Euro je Quadratmeter und Monat (2,00 Euro für Strom/Gas, plus 1,50 Euro Instandhaltung und 0,80 Euro Hausrat- und Gebäudeversicherung) Die große Analyse "Wie viel Haus können Sie sich leisten?" Finden sie hier. . Quelle: Illustration: Martin Haake

Die meisten Immobilieninvestoren werden deshalb nach eigenen Angaben ihren Fokus auf Gewerbeimmobilien richten, insbesondere auf Büroimmobilien, wie 80 Prozent der Befragten angaben. Nur noch 41 Prozent der Investoren interessieren sich für Einzelhandelsimmobilien, die damit um 21 Prozentpunkte in ihrer Gunst gefallen sind. Wachsendes Interesse herrsche an Logistikimmobilien, vor allem für die „letzte Meile“ der Lieferwege. Das gaben 93 Prozent der Profi-Anleger an.

Etwa 90 Prozent der Investoren sehen den Immobilienmarkt am Ende eines Zyklus und wollen betont selektiv Immobilien ankaufen. „Augenmaß beim Ankauf – Entschlossenheit beim Verkauf“, formuliert Paul von Dygalski von EY Real Estate und Co-Autor der Studie das verbreitete Motto. Der späte Marktzyklus würde zunehmend für Gewinnmitnahmen am Immobilienmarkt sorgen. Insgesamt rechnet eine Mehrheit mit steigenden Preisen für Wohnimmobilien in A- und Peripherie-Lagen, sowie mit gleichbleibenden Preisen in B-Lagen. Nur zwei bis drei Prozent der Anleger rechnen mit fallenden Preisen.

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