Immobilienblase Sandkasten-Spiele in Dubai

Die absurde Immobilienblase ist geplatzt, Dubai bedient seine Schulden nicht. Die Krise ist ein Weckruf: Überbewertung und Verschuldung bedrohen Finanzmärkte und Weltwirtschaft.

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Ein Kamelreiter am Strand Quelle: REUTERS

Auf den Britischen Inseln ist es einfach nur ruhig, beängstigend ruhig. Am Horizont erstarren ein paar Baukräne. Von Deutschland hierher – das war eine kurze Überfahrt in einem kleinen Motorboot. Das Boot soll Kaufinteressenten befördern, eigentlich. Doch potenzielle Käufer interessieren sich nicht mehr für den kunstvoll aufgeschütteten Sand im flachen Meer. Auch in Deutschland ist nichts los. Überall nur Sandhaufen.

Das alles ist natürlich nicht unsere Welt, sondern „The World“, die zweite künstliche Inselgruppe vor der Küste von Dubai, nach der viel beschriebenen „Palme“, auf deren Wedeln reihenhausartig aufgereihte Villen der Bewohner harren und ein riesiges Luxushotel mit Rabatten lockt. Die „Welt“ ist eine Ansammlung von Inselchen, die aus der Luft wie eine Weltkarte aussehen. Die arabischen Länder wurden noch verkauft, heißt es. Europa ist dagegen noch zu haben. Interessenten können sich bei Nakheel melden. Nakheel – das ist der Baukonzern, der jetzt erklärte, Mitte Dezember werde er eine fällige Anleihe über 3,5 Milliarden Dollar vorerst nicht bedienen.

Dem Konzern geht es schlecht, weil der Bauboom in Dubai vorbei ist und weil jetzt überall Wolkenkratzer stehen, voll mit Wohnungen und Büroräumen, die niemand braucht. Nakheel gehört zum Konglomerat Dubai World, Dubai World gehört dem Herrscher von Dubai: Scheich Mohammed regiert einen Stadtstaat, der bis vor Kurzem als wirtschaftlicher Motor der Vereinigten Arabischen Emirate galt – als ökonomisches Morgenland, wo Reichtum und ungehinderte Wirtschaftsmacht eine Finanzmetropole des 21. Jahrhunderts schaffen, so wie Singapur und Shanghai, mindestens. Doch jetzt muss Dubai World insgesamt 26 Milliarden Dollar umschulden.

Auftakt zur Weltfinanzkrise 2.0?

In den Handelsräumen im Westen gingen rote Lampen an: Ist das der Auftakt zur Weltfinanzkrise 2.0 – oder doch nur ein Warnschuss für naive Investoren, die sich an Hochglanzbroschüren orientalischer Immobilienentwickler begeisterten? Oder wird der Absturz des Wirtschaftswunderländchens Dubai eine Domino-Reaktion auslösen: Erst kippen die Golfstaaten, dann Schwellenländer in aller Welt – und am Ende leiden die von der Finanzkrise schon geschwächten Ökonomien der Industrieländer?

„Angesichts der weltweit bevorstehenden Kreditausfälle ist Dubai keine große Sache. Aber es erinnert uns daran, dass auch Regierungen als Schuldner ausfallen können“, sagt der legendäre Investor und Asienkenner Marc Faber: „Dubai war nur die Spitze des Eisbergs.“ Viele Regierungen würden noch pleitegehen. Selbst Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann warnte beim Kanzlerinnen-Gipfel vergangene Woche vor Gefahren durch kleinere Länder mit Finanzproblemen.

Briten mit 50 Milliarden Dollar investiert

Die ersten Antworten zu Dubai kamen aus London. Von hier aus wurden die Emirate, in deutschen Atlanten „Befriedete Piratenküste“ benannt, bis 1971 regiert. Britische Banken haben 50 Milliarden Dollar Kredite in die Emirate vergeben – und wiegeln jetzt ab: „Anfangs sah es kurzfristig nach einem globalen Problem aus, jetzt wirkt es wie ein lokales“, sagt Gerard Lyons, Chefvolkswirt der britischen Bank Standard Chartered, die selbst fast acht Milliarden Dollar in die Emirate verliehen hat. Anders als bei der Asienkrise der späten Neunzigerjahre rechne er nicht mit einem Domino-Effekt.

„Auf Basis der öffentlich zugänglichen Informationen sind wir über die fundamentalen Folgen der Dubai-Krise für die europäischen Banken nicht sonderlich besorgt“, – so windet sich die britische Barclays Bank, die immerhin 3,6 Milliarden Dollar Kredite im Feuer hat.

„Alles halb so wild“, stimmen die Banker in Frankfurt ein. „Wer einmal dort war, weiß doch, dass Dubai schon wegen der extremen Hitze das halbe Jahr über unbewohnbar ist“, sagt ein Bankvorstand. Häufig dort waren deutsche Wirtschaftsdelegationen – der guten Geschäfte wegen. Von Infrastruktur bis Rüstungsgütern galten die Scheichs als attraktive Kunden. Im Zwei-Jahres-Rhythmus reisten Ex-Kanzler Gerhard Schröder und Nachfolgerin Merkel an den Golf.

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