P&R-Insolvenz Debakel für Investoren in Seecontainer

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Blackbox P&R

Nun muss Insolvenzverwalter Jaffé nachforschen. Die Container-Geschäfte wickelte die Unternehmensgruppe über die P&R Equipment & Finance Corp. ab. Die Gesellschaft im schweizerischen Zug war Dreh- und Angelpunkt des operativen Geschäfts. Über sie flossen Mieten, Kauf- und Rückkaufzahlungen zwischen Deutschland und den jeweiligen Container-Leasing-Gesellschaften hin und her.

Nach Informationen des Handelsblattes soll die P&R Equipment & Finance Corp. in den vergangenen Tagen Geldtransfers in Richtung Grünwald schuldig geblieben sein. Möglicherweise geriet das Management um Geschäftsführer Martin Ebben deshalb unter Zugzwang. Was aus der schweizerischen Gesellschaft nun wird, ist zurzeit noch unklar.

Aus den Prospekten geht hervor: 2016 hatte die P&R Equipment & Finance Corp. rund 991,7 Millionen Euro Verpflichtungen gegenüber den deutschen P&R-Gesellschaften – aus Verträgen, die noch bis 2022 laufen. Demgegenüber verfügte sie nur über Eigenkapital von rund 27 Millionen Euro.

Der wichtige Rahmenvertrag zwischen der deutschen und der schweizerischen Seite war für Anleger bislang nicht einsehbar. Anlegerschützer kritisierten P&R deshalb in Vergangenheit auch als „Black Box“.

Das Geschäftsmodell hingegen galt als leicht verständlich: Zunächst verkaufte die Gruppe Seecontainer an die Investoren, mietete sie dann zurück, um sie an große internationale Container-Leasing-Gesellschaften weiterzuvermieten. Die Anleger bekamen quartalsweise garantierte Mieteinnahmen ausgezahlt und nach fünf Jahren ein Rückkaufangebot für die gebrauchten Container, das bei rund 65 Prozent des Kaufpreises lag. Unter dem Strich blieb nach Steuern eine Rendite zwischen drei und fünf Prozent im Jahr.

Das Geschäft funktionierte lange Zeit stabil, jedenfalls schien es nach außen so. P&R ist seit mehr als 40 Jahren am Markt aktiv. Allerdings gab auch mahnende Stimmen. Vor zwei Jahren wies der Experte für Geldanlageprodukte Stefan Loipfinger in seinem Blog Investmentcheck.de auf die starke Abhängigkeit von P&R vom Neugeschäft hin.

Demzufolge wurden 2014 bis 2016 höhere Mieten an Anleger ausgezahlt, als aus der Vermietung hereinkamen. Die jährliche Unterdeckung einer dreistelligen Millionensumme muss aus dem Neugeschäft ausgeglichen worden sein, sagt der Analyst.

„Ob hier ein Schneeballsystem betrieben wurde und eine Abhängigkeit von neu einzuwerbendem Anlegerkapital bestanden hat, muss noch untersucht werden“, sagt Anleger-Anwalt Peter Mattil aus München.

P&R hat das zuletzt im Sommer 2017 bestritten und auf hohe Liquidität und Rücklagen verwiesen, die Unterdeckungen auffangen könnten.

Fest steht allerdings, dass der Container-Verkauf bei P&R zuletzt mächtig ins Stocken geraten ist. Nach dem Rekordjahr 2013, in dem die Gruppe mehr als eine Milliarde Euro frisches Kapital einsammelte, ging das Geschäft deutlich zurück. Im vergangenen Jahr gab es nur noch Neuabschlüsse für 442 Millionen Euro – das war ein Einbruch von 40 Prozent zum Vorjahr.

„P&R zeigt, dass die derzeitige Gesetzeslage Anleger in Deutschland weiterhin nur ungenügend vor nicht tragfähigen Geschäftsmodellen schützt“, sagte am Abend der Bundestagsabgeordnete Gerhard Schick von den Grünen. Er sieht Handlungsbedarf für die Bundesregierung.

Weil im Grauen Kapitalmarkt trotz milliardenschwerer Anlagesummen kein Tragfähigkeitsgutachten eines unabhängigen Wirtschaftsprüfers erforderlich gewesen sei, habe sich die Aufsicht nur auf Vollständigkeit, Verständlichkeit und Widerspruchsfreiheit des Prospekts konzentriert. „Diese eklatante Lücke muss die GroKo schließen", forderte Schick.

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