
Ferienwohnrechte - Zwei mal kassiert
Eine Schutzvereinigung macht zweifelhafte Geschäfte mit Timesharing-Kunden.
Wenn Anleger mit einem Investment auf die Nase gefallen sind, versuchen zweifelhafte Schutzvereinigungen häufig, ihnen ein zweites Mal Geld aus der Tasche zu ziehen. Das gilt auch für Inhaber von Ferienwohnrechten (Timesharing). Mit Timesharing erwerben Urlauber das Recht, eine bestimmte Zahl von Tagen pro Jahr in einer Ferienwohnung zu verbringen. Deutschlandweit sollen nach Schätzungen noch etwa 200 000 Urlauber Timesharing nutzen.
Diese Wohnrechte lassen sich sowohl verkaufen als auch vererben. Timesharing wurde vor allem in den Neunzigerjahren verkauft. Meist wurden die Käufer an ihrem Urlaubsort, bevorzugt auf den Kanaren, auf Timesharing angesprochen. „Das Neugeschäft ist in Europa nahezu eingeschlafen“, sagt Dariusz Kogut, Geschäftsführer der Timesharing-Wohnanlage Mandelgarten in Deidesheim. Grund dafür sind verschärfte EU-Richtlinien, die Kunden besser schützen. Zuletzt wurden die deutschen Gesetze 2011 angepasst. Die wichtigsten Regeln:
- Widerrufsrecht: Kunden können innerhalb von 14 Tagen Verträge kostenfrei widerrufen.
- Anzahlung: Innerhalb der Widerrufsfrist dürfen die Timesharing-Anbieter keine Anzahlung kassieren. Betrüger haben sich früher oft mit der ersten Rate aus dem Staub gemacht.
- Information: Verkäufer müssen vor Abschluss über alle Vertragsinhalte aufklären. Tun sie das nicht, startet die Widerrufsfrist von 14 Tagen erst bis zu drei Monate nach Vertragsschluss. „Werden Kunden nicht ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht aufgeklärt, können sie den Vertrag bis zu zwölf Monate nach Auslaufen der regulären Frist von 14 Tagen widerrufen“, sagt Anne Schöl, Partnerin der Kanzlei Eimer Heuschmid Mehle in Bonn.
Recht einfach
Eine Frau aus Bayern buchte einen Kurztrip in die USA. Kurz vor dem Abflug plagte sie die Bandscheibe. Sie sagte die Reise ab. Die Stornokosten wollte die Reiserücktrittsversicherung nicht übernehmen. Begründung: Ein Jahr vor der Buchung habe die Kundin einen Bandscheibenvorfall erlitten und deshalb mehrere Monate im Krankenhaus gelegen. Es liege daher keine „unerwartete Erkrankung“ vor. Die Richter gaben der Versicherung recht, schließlich habe die Kundin nach der stationären Behandlung immer wieder Beschwerden gehabt (Amtsgericht München, 242 C 29609/09).
Eine Familie aus Dresden hatte gerade am Flughafen Leipzig-Halle eingecheckt; da erfuhr sie, dass die Großmutter schwer erkrankt war. Augenblicklich fuhren die Sachsen wieder nach Hause. Die Rücktrittsgebühren des Reiseveranstalters mussten sie selbst tragen. Nach Ansicht der Richter hatten sie die Reise mit dem Einchecken bereits angetreten. Ab diesem Moment sei die Versicherung aus dem Schneider (Oberlandesgericht Dresden, 3 U 1338/01).
Eine Schwangere buchte für ihren Freund und sich eine Flugreise nach Griechenland. Wenige Tage vor dem Start setzten vorzeitige Wehen ein. Ihr Frauenarzt riet, zu Hause zu bleiben. 2535 Euro Stornogebühren kostete der Rücktritt. Die Reiseversicherung winkte ab: Eine Schwangerschaft sei keine Krankheit. Das sah der Richter anders. Vorzeitige Wehen seien eine schwere, unerwartete Komplikation. Die Versicherung musste zahlen (Amtsgericht München, 224 C 32365/11).
Inzwischen wollen sich viele Urlauber von den Wohnrechten trennen, weil sie sie aus Altersgründen kaum noch nutzen können. Zudem sind die laufenden Kosten dieser Verträge für die Instandhaltung und Verwaltung der Ferienwohnanlagen gestiegen. Wegen der langen Laufzeiten von 50 oder mehr Jahren kommen die Inhaber von Wohnrechten nicht so einfach aus den Verträgen heraus. „Genau darauf spekulieren einzelne Anlegerschutzvereine und bieten Hilfe an“, sagt Hans Witt, Fachanwalt für Kapitalmarktrecht in Heidelberg.
Provisionen dürfen nicht verschwiegen werden
Der Schutzvereinigung für Time-Sharing und Ferienwohnrechtsinhaber in Europa könnte es außer um Hilfe auch ums Geschäft gegangen sein. Das Landgericht Wiesbaden verurteilte die Schutzvereinigung mit Sitz in Taunusstein (vormals Wiesbaden) zu Schadensersatz wegen sittenwidriger Schädigung (1 S 40/12). Ein Ehepaar wollte seine Timesharing-Verträge loswerden und wandte sich 2008 an die Schutzvereinigung. Gegen eine Aufnahmegebühr von 110 Euro und einen Jahresbeitrag von 60 Euro wollte der Verein helfen. Der damalige Vorsitzende, Hans-Joachim Gekeler, gab nach Aussage der Kläger an, dass er ehrenamtlich arbeite. Um die alten Timesharing-Verträge für 15 Urlaubswochen loszuwerden, soll die Schutzvereinigung das Ehepaar an die Time & More Servicecenter SL verwiesen haben. Gekeler sagte laut Gerichtsprotokoll, das der WirtschaftsWoche vorliegt: „Was die Time & More Servicecenter SL im vorliegenden Fall damit zu tun haben sollte, weiß ich nicht. Ich weiß insbesondere nicht, wie die Kläger an die Time & More Servicecenter SL herankamen.“ Dazu äußerte sich Gekeler gegenüber der WirtschaftsWoche nicht. Time & More nahm den beiden Urlaubern zwar die alten Wohnrechte ab, verkaufte ihnen aber gleichzeitig neue.
Schnellgericht
§Ein Musikliebhaber stellte einen Song aus den aktuellen Charts auf einer illegalen Internet-Tauschbörse zum kostenlosen Download ein (Filesharing). Der Rechteinhaber verklagte ihn auf Schadensersatz und Ersatz der Abmahnkosten. Das Oberlandesgericht Frankfurt bezifferte den Lizenzschaden auf 200 Euro und die Abmahnkosten auf 459,40 Euro, insgesamt also 659,40 Euro (11 U 115/13). Anders als die Vorinstanz lehnte das OLG es ab, die Abmahnkosten pauschal bei 100 Euro zu deckeln. Schließlich sei der Song über die Tauschbörse weltweit verfügbar gewesen. Die Kosten der abmahnenden Kanzlei seien entsprechend hoch anzusetzen.
§Ein Ausbildungsleiter ärgerte sich über für ihn lästige Fragen von Handwerkern, die an einem Lehrgang teilnehmen wollten. Ein Teilnehmer beschwerte sich über eine unfreundliche Antwort. Prompt kam die Retourkutsche: „Nach heute mittlerweile etwa 20 Anrufen von angehenden Meistern bleibt die Freundlichkeit einfach aus.“ Der Arbeitgeber mahnte ihn wegen der patzigen Antwort ab. Der Ausbildungsleiter klagte gegen die Abmahnung, sie sei unverhältnismäßig. Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein folgte ihm nicht (2 Sa 17/14). Schließlich habe er einen Kunden wiederholt unfreundlich behandelt und damit seine Pflichten als Arbeitnehmer verletzt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Die beiden Urlauber wussten nicht, dass die Schutzvereinigung laut Aussage des Inhabers von Time & More vor Gericht eine Provision für die Vermittlung neuer Verträge erhalten hatte. Auch dazu gab Gekeler keine Auskunft. Vor Gericht berief er sich laut Protokoll auf seine anwaltliche Schweigepflicht, da er für Time & More und die Schutzvereinigung als Anwalt tätig geworden sei.
Dass die Schutzvereinigung die Provision verschwiegen habe, sei sittenwidrig gewesen, sie müsse daher das Honorar von 600 Euro an die Urlauber zahlen, so die Richter des Landgerichts Wiesbaden. Weitere Ansprüche, etwa auf Rückzahlung des Geldes für die neuen Timesharing-Verträge, verneinten sie. Schließlich habe Time & More dem Paar wie vereinbart die alten Wohnrechte abgenommen. Dass Time & More nicht unentgeltlich helfen werde, sei den Klägern klar gewesen. Nach Aussage des Inhabers von Time & More in der Gerichtsverhandlung soll die Schutzvereinigung für das Unternehmen Time & More im Zeitraum 2002 bis 2009 insgesamt 3200 Verträge vermittelt haben. Gekeler äußerte sich auch hierzu nicht.