
WirtschaftsWoche: Herr Berndt, wie hoch ist der Mindestunterhalt, den ein Unterhaltsverpflichteter überhaupt zahlen muss?
J. Christoph Berndt: Es gibt klare Untergrenzen: Kindern bis zum 6. Lebensjahr stehen 240 Euro zu; 6- bis 11 Jährigen 289 Euro und 12- bis 18-Jährigen 355 Euro. So gibt es die „Düsseldorfer Tabelle“ allen Eltern vor. Hierbei ist bereits die Hälfte des staatlichen Kindergeldes berücksichtigt.

Gibt es auch Obergrenzen für sehr gut situierte Eltern?
Auch die gibt es faktisch. Keiner kann im Namen seines Kindes - denn nur das hat den Anspruch auf Unterhalt - vom anderen Elternteil unbegrenzt Geld fordern. Die Höchstsätze liegen in den drei Altersgruppen bei 441, 520 und 625 Euro. Der jeweilige Höchstsatz stellt eine sogenannte relative Sättigungsgrenze dar. Ein höherer Unterhaltsbedarf wäre durch beziehungsweise für das Kind im Einzelnen darzulegen.
Der angemessene Bedarf eines studierenden oder in Ausbildung befindlichen Volljährigen mit eigenem Hausstand liegt pauschal bei 735 Euro abzüglich Kindergeld. Das entspricht ungefähr dem Bafögsatz.
Zur Person
Der Jurist ist seit 1999 Fachanwalt für Familienrecht und seit 2003 Mediator. Berndt ist auch Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Familien- und Erbrecht des Deutschen Anwaltsvereins.
Das ist nicht viel, wenn ein Kind beispielsweise auf eine Privatschule geht.
In diesem oder anderen Fällen für höhere Unterhaltswünsche muss der betreuende Elternteil belegen, welche Ausgaben er für das Kind konkret hat. Können sich die Eltern nicht einigen, muss notfalls ein Richter klären, ob diese Kosten für den Lebensstandard des Kindes berechtigt sind und wie sich beide Elternteile daran beteiligen müssen.
Was der Ex über den Unterhalt wissen sollte
Unter Unterhalt versteht das Gesetz grundsätzlich Leistungen zur Sicherstellung des Lebensbedarfs einer Person. Im Familienrecht gibt es verschiedene Unterhaltstatbestände.
Der Trennungsunterhalt dient der Sicherstellung des Lebensunterhaltes des Ehepartners beim Getrenntleben. Trennungsunterhalt ist bis zur Rechtskraft der Scheidung zu bezahlen.
Eltern schulden ihren Kindern Unterhalt, solange diese nicht genug eigenes Einkommen haben, um ihren Bedarf selbst zu bestreiten. Das ist bei minderjährigen Kindern grundsätzlich der Fall. Die Unterhaltspflicht dauert so lange an, bis die Berufsausbildung abgeschlossen ist. Studiert das Kind, endet die Unterhaltspflicht erst mit Ende des Studiums.
Wenn einer der geschiedenen Eheleute eines oder mehrere gemeinsame Kinder betreut und deshalb nicht (voll) arbeiten kann, hat er einen Anspruch auf Betreuungsunterhalt.
Wer nicht in der Lage ist, seinen Unterhalt aus eigenen Mitteln zu decken ist bedürftig. Unterhalt erhält also derjenige, der nicht genug Einkommen und nicht genug Vermögen hat, um sich selbst ernähren zu können.
Wie hoch der Unterhaltsanspruch ausfällt, richtet sich nach dem Bedarf des Berechtigten. Dabei werden unter anderem die Kosten für Nahrung, Wohnung, Gesundheitssorge, gesellschaftliche Bedürfnisse, Freizeit sowie der Kosten einer angemessenen Schul- und Berufsausbildung und sonstiger Erziehungsmaßnahmen.
Wer Unterhalt schuldet, darf einen bestimmten Mindestbetrag seines Einkommens für sich behalten.
Nun nennt aber nicht jeder Unterhaltspflichtige freiwillig sein Einkommen. Welche Offenlegungspflichten hat er?
Alle zwei Jahre muss er routinemäßig und vollständig auf Aufforderung sein laufendes Einkommen plus sein komplettes Vermögen offenlegen. Wenn er das nicht macht, kann im gerichtlichen Verfahren auch das Finanzamt angefragt werden, das dann Auskunft über alle dort bekannten Summen gibt.
Gehören denn zum Einkommen des Unterhaltspflichtigen auch regelmäßige Zuwendungen beispielsweise Zuschuss von den Eltern oder kostenloses Wohnen des Kindsvaters im Haus seiner Freundin?
Das ist juristisch gesehen eine große Spielwiese, da diese Zuwendungen in der Regel nicht mit der Absicht gemacht werden, die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit des Empfängers zu erhöhen. Auch solche Zuwendungen müssen jedoch komplett angegeben werden. Sie sind aber nicht automatisch relevant für die Unterhaltsberechnung. Ohne gütliche Einigung muss am Ende das Gericht entscheiden.