Altersvorsorge Abkassieren mit Fondspolicen

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DWS-Fondspromoter Kahn: Jeder vierte in Fondspolicen eingezahlte Euro liegt bei der Deutsche-Bank-Tochter Quelle: Laif/Thomas Grabka

Das liege am Stornoabschlag, schreibt Zurich in einer Stellungnahme an die WirtschaftsWoche. Darüber hinaus werde „in den vertraglichen Unterlagen klar“ auf die Kosten hingewiesen. Ärger um den Stornoabschlag, also die Summe, die bei vorzeitiger Vertragskündigung noch zusätzlich abgezogen wird, gibt es immer wieder. Angemessen soll er sein – doch was bedeutet das? Bis zu zwölf Prozent Abschlag auf das inklusive Zinsen angesparte Kapital, sagt die Deutsche Aktuarvereinigung, ein Zusammenschluss der Versicherungsmathematiker.

Auch wer nicht vorzeitig kündigt, wird kräftig belastet. Versicherungsvertrieb ist teuer – und ihn bezahlt der Kunde. Immerhin, Neukunden können diese Kosten jetzt erkennen. Versicherer müssen sie seit 2007 bei neuen Verträgen aufschlüsseln. Bis zu vier Prozent der bis zum Ende der Laufzeit eingezahlten Beiträge zahlen Kunden in den ersten fünf Jahren für Abschluss- und Vertriebskosten. Wer bei 30 Jahren Laufzeit 100 Euro im Monat einzahlt, überweist allein für den Abschluss über 1400 Euro. Hinzu kommen Verwaltungskosten. Zurich etwa verlangte in Stichproben der WirtschaftsWoche bei 1200 Euro Jahresbeitrag und 30 Jahren Laufzeit je nach Vertrag rund sechs Prozent der Beiträge für die Verwaltung. Die AachenMünchener setzt da noch einen drauf und rechnet bei gleichen Konditionen gleich 15 Euro im Monat an – happige 15 Prozent Verwaltungskosten, die die Fonds an der Börse erst mal verdienen müssen, bevor der Anleger im Plus ist.

Hohe Kosten bei Fondspolicen

Wer seinen Beitrag monatlich statt jährlich überweist, zahlt je nach Vertrag außerdem bis zu fünf Prozent Ratenzuschlag für die monatliche Zahlweise. Hinzu kommen je nach Fonds Verwaltungskosten von rund 1,5 Prozent. Im Extremfall können die Kosten gerade in den ersten Jahren über 20 Prozent klettern, Abzüge für den Todesfallschutz sind da noch nicht einmal eingerechnet.

Die hohen Kosten trüben auch die Freude, die der gesetzliche Steuervorteil dem Sparer bereiten könnte und der ihm gerne als Lockmittel vorgehalten wird. Auf den ersten Blick ist der beachtlich: Hält der Sparer die Police mindestens zwölf Jahre und ist er bei Ablauf mindestens 60 Jahre alt, versteuert er bei Verträgen seit 2005 nur die Hälfte des Zugewinns mit dem persönlichen Steuersatz. Doch bevor echte Gewinne anlaufen, müssen erst einmal die Kosten verdient werden.

Wundersame Dynamik

Ein beliebter Trick der Branche zur wundersamen Geldvermehrung bei Fonds und Versicherern ist die Beitragsdynamik. Laut Vertrag von Wirtschaftsingenieur Denart, den dieser noch als Student unterschrieben hatte, sollte sich Denarts Beitrag jedes Jahr um zehn Prozent erhöhen. „Die Deutsche-Bank-Verkäuferin hat mir gezeigt, dass ich im zweiten Jahr 110 Euro statt 100 Euro pro Monat einzahle – wie sich das aber bis zum Ende der Laufzeit auswirkt, erklärte sie nicht“, sagt er.

Was er damals verdiente, habe die Bankerin ebenfalls nicht interessiert. Kein Wunder, dass der damalige BAföG-Empfänger die Beiträge bald nicht mehr stemmen konnte: Jahr für Jahr erhöhte sich sein Beitrag um zehn Prozent, hinzu kam noch ein Zinseszinseffekt, weil die zehn Prozent ja auch auf die Erhöhung des Vorjahrs mit draufgeschlagen wurden.

Sicher: Anleger können der jährlichen Erhöhung widersprechen. Wer das nicht tut, weil er nicht mehr hinschaut, was mit der Police passiert und was der Versicherer da denn so alles abbucht, muss am Ende exorbitant hohe Beiträge zahlen.

Dynamisch widersprochen

Hätte Anleger Denart bis zum Ende der Laufzeit nie einer Erhöhung widersprochen, müsste er im 38. Versicherungsjahr knapp 41.000 Euro einzahlen. Aus den ursprünglich im Vertrag vereinbarten 45.600 Euro wären über die Jahre 436 852 Euro geworden.

Michael Denart will all das nicht auf sich beruhen lassen. Hätte er sein Geld statt in eine Police direkt in die DWS-Fonds eingezahlt, hätte er zum Kündigungstermin laut einer Berechnung des Datenanbieters Morningstar 4380 Euro zurückbekommen anstelle von jetzt nur 1309 Euro. Zurich-Kunde Denart prüft jetzt, ob er sich vor Gericht sein Geld zurückholen kann.

* Name von der Redaktion geändert

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