Raus aus der PKV So gelingt Privatversicherten die Flucht vor hohen Beiträgen

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Familienversicherung über den Ehe- oder Lebenspartner

Besonders lohnt sich der Wechsel in die GKV im Rahmen einer Familienversicherung. Wer unter 55 Jahre alt ist und nur einer geringfügigen Beschäftigung mit Sozialversicherungspflicht nachgeht (450-Euro-Minijob) oder ein Einkommen von nicht mehr als 435 Euro im Monat (Schwelle für 2018) bezieht, kann sich kostenlos über den gesetzlich versicherten Ehe- oder Lebenspartner mitversichern. Wer oberhalb der genannten Grenzen verdient, zahlt einen Mindestbeitrag oder abhängig vom Einkommen volle Beiträge zur GKV. Dann aber sparen Versicherte nicht mehr unbedingt gegenüber der PKV. Das ist vom Einzelfall abhängig und sollte unbedingt vor einem Wechsel geprüft werden.

Wechsel bleibt für Ältere ausgeschlossen

Wer seinen 55. Geburtstag gefeiert hat, hat praktisch keine Chance mehr auf eine Rückkehr in die GKV. Nur wer in den fünf Jahren vor dem angestrebten Wechsel wenigstens kurzzeitig in der GKV versichert war, kann hoffen und sollten seinen Wechselchancen von der GKV prüfen lassen. Bestand aber während der fünf Jahre mehr als 30 Monate keine Versicherungspflicht, etwa aufgrund von Selbstständigkeit, einer Befreiung von der Versicherungspflicht oder einem Einkommen oberhalb der Versicherungspflichtgrenze, ist ein Wechsel in die GKV dennoch ausgeschlossen. Diese Regel laut GKV-Spitzenverband auch, wenn die Wechselwilligen mit einer Person verheiratet waren, die diese Voraussetzungen erfüllt.

Gelingt der Wechsel in die gesetzliche Krankenkasse, haben langjährig Privatversicherte dennoch einen Nachteil. Wer im Erwerbsleben nicht in 90 Prozent der Versicherungszeiten in der GKV war, kommt bei Renteneintritt nicht in die günstige Krankenversicherung der Rentner, sondern gilt als freiwilliges Mitglied. Beiträge zur Krankenkasse werden dann auch auf private Altersvorsorge fällig.

Durchschnittliche Beitragsanpassungssätze bei den privaten Krankenversicherungen (in Prozent). In einzelnen PKV-Tarifen kommen durchaus Erhöhungen im zweistelligen Prozentbereich vor. (Quelle: Assekurata)

Möglichkeit 2: PKV-Tarif anpassen

Grundsätzlich besteht für Privatversicherte ein gesetzlicher Anspruch darauf, in andere Tarife ihrer Versicherungsgesellschaft zu wechseln. Hat der neue Tarif geringere Leistungen, eine höhere Selbstbeteiligung oder mehr ausgeschlossene Gesundheitsrisiken, fällt der Beitrag niedriger aus und die im Rahmen der Versicherung gebildeten Altersrückstellungen bleiben erhalten. Sie federn die steigenden Gesundheitskosten ab und sorgen so für langsamer steigende PKV-Beiträge. Nach Informationen des Bundes der Versicherten ist es aber wahrscheinlich, dass mit den Jahren die Beiträge steigen. So würde sich die erzielte Ersparnis mit der Zeit wieder reduzieren.

"Beim Wechsel in einen günstigeren PKV-Tarif gibt es immer wieder Schwierigkeiten. Wer seinen Versicherungstarif in der Privaten Krankenversicherung ändern oder anpassen möchte, sollte sich unbedingt korrekt beraten lassen", sagt Bianca Boss vom Bund der Versicherten. "Betroffene sollten deshalb mit den angebotenen Alternativtarifen zum unabhängigen Versicherungsberater, zu einer Verbraucherzentrale oder zu uns kommen." Während Verbraucherzentralen und Bund der Versicherten Gebühren bzw. Mitgliedsbeiträge verlangen, erhält ein unabhängiger Honorarberater abhängig von der erzielten Ersparnis ein Erfolgshonorar. Der Bund der Versicherten schätzt, dass dafür die Ersparnis eines Versicherungsjahres fällig wird. Über die Jahre kann sich das aber natürlich auszahlen.

Standard- und Basistarif in der PKV

Wer schon vor 2009 in der PKV Mitglied war und älter als 65 Jahre ist, kann in den sogenannten Standardtarif wechseln, sofern sein Einkommen unterhalb der Versicherungspflichtgrenze liegt. Der Standardtarif bietet vergleichbare Leistungen wie eine gesetzliche Krankenkasse. Sind die Voraussetzungen für diesen Tarifwechsel nicht erfüllt oder der Versicherte jünger als 65 Jahre, bleibt noch der sogenannte Basistarif, dessen Leistungen ebenfalls denen der GKV entsprechen, aber etwas teurer ausfällt.

Der Wechsel zu einer anderen Versicherungsgesellschaft ist in aller Regel nicht empfehlenswert, denn dabei gehen die gebildeten Altersrückstellungen nach derzeitiger Gesetzeslage verloren. Ohne die Altersrückstellungen aber dürften die Beiträge im Alter schneller steigen, als beim Verbleib bei der bisherigen PKV. Und das könnte sich insbesondere im Rentenalter rächen.

Dorothee und Oliver sind jedenfalls optimistisch, dass der Wechsel in eine gesetzliche Kasse gelingt. Die Selbstständigkeit gibt sie ganz auf, einen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat sie aber nicht. Dorothee sucht sich deshalb zunächst einen Minijob oder verzichtet ganz auf ein eigenes Einkommen - und wechselt so in die GKV-Familienversicherung von Oliver. Das senkt zunächst auch die Steuer auf Olivers Abfindung, da sie ihre Einkünfte gemeinsam versteuern (Zusammenveranlagung). Im Laufe des nächsten Jahres sucht sie sich dann eine sozialversicherungspflichtige Anstellung als Krankenschwester.

Findet sie eine Stelle in einem Krankenhaus, zahlt sie volle GKV-Beiträge, denn mit ihrem Einkommen wird sie sicher nicht die Versicherungspflichtgrenze erreichen. Zumindest bleiben ihr stark steigende PKV-Beiträge im Alter erspart. Und sollte einer von beiden nochmal seinen Job verlieren, greift wieder die Familienversicherung in der GKV.

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