Der Materialmangel in der deutschen Industrie hat sich im November verschärft. 74,4 Prozent der Firmen klagten über Engpässe und Probleme bei der Beschaffung von Vorprodukten und Rohstoffen, wie das Münchner Ifo-Institut am Montag zu seiner Umfrage mitteilte. Das seien vier Prozentpunkte mehr als im Oktober.
„Die erhoffte Entspannung ist ausgeblieben“, sagte dazu der Leiter der Ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe. „Ein Ende der Flaschenhals-Rezession in der Industrie ist nicht in Sicht.“
Die angespannte Lage bei der Beschaffung bei gleichzeitig sehr gutem Auftragsbestand hat Folgen für die Preisentwicklung. „Noch nie haben so viele Unternehmen angekündigt, ihre Preise zu erhöhen“, ergänzte Wohlrabe.
In nahezu allen Branchen ist die Anzahl der Unternehmen mit Beschaffungsproblemen gestiegen. Einzige Ausnahme bilden demnach die Hersteller von elektrischen Ausrüstungen: Dort klagten nunmehr 85 Prozent der Firmen über Schwierigkeiten bei der Beschaffung nach zuletzt 90 Prozent. Damit zählt die Branche aber auch weiterhin zu den am stärksten betroffenen.
Dazu gehört auch der Maschinenbau mit 86 Prozent sowie die Autoindustrie mit 88 Prozent. Am unteren Ende stehen die Getränkehersteller: Dort berichteten 40 Prozent der Unternehmen von Engpässen.
Bei den deutschen Industriebetrieben stapeln sich die Aufträge angesichts der Produktionsengpässe so hoch wie noch nie. Von Juni 2020 bis September 2021 stieg er kontinuierlich und erreichte nunmehr den höchsten Stand seit Beginn der Erhebung im Januar 2015, wie das Statistische Bundesamt herausfand.
„Die Betriebe im Verarbeitenden Gewerbe erhielten also mehr neue Aufträge als sie abarbeiten konnten“, fassten die Statistiker die Entwicklung zusammen. „Ein wesentlicher Grund für den hohen Auftragsbestand dürften Lieferengpässe bei Vorprodukten sein.“
Deutschlands Automobilhersteller haben beispielsweise im dritten Quartal 2021 infolge von Lieferengpässen und Chipmangel deutlich weniger Fahrzeuge ins Ausland geliefert als ein Jahr zuvor. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wurden im Zeitraum Juli bis September Autos im Wert von 23,1 Milliarden Euro exportiert. Das waren 17,2 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum, wie die Wiesbadener Behörde am Montag mitteilte. Die Pkw-Importe gingen mit minus 29,8 Prozent zum Vorjahresquartal allerdings noch stärker zurück: auf 11,2 Milliarden Euro.
Damit lagen die deutschen Auto-Exporte und -Importe im dritten Quartal des laufenden Jahres auf dem niedrigsten Wert seit dem besonders stark von coronabedingten Einschränkungen geprägten zweiten Quartal 2020.
Autos mit Verbrennungsmotor machten auch im Jahr 2021 den Großteil der deutschen Pkw-Exporte aus. Die Tendenz war jedoch stark rückläufig. In den drei wichtigsten Hubraumklassen für Pkw mit Verbrennungsmotoren wurden den Angaben zufolge im dritten Quartal zusammen 254.000 Autos im Wert von 8,5 Milliarden Euro ins Ausland geliefert. Das waren 44,8 Prozent weniger als ein Jahr zuvor.
Starke Zuwächse gab es dagegen zum Beispiel bei reinen Elektrofahrzeugen: Von diesen verkauften deutsche Hersteller von Juli bis einschließlich September des laufenden Jahres 69.800 im Gesamtwert von 2,9 Milliarden Euro ins Ausland. Das war ein wertmäßiger Anstieg um mehr als ein Viertel (plus 26,9 Prozent) zum Vorjahreszeitraum.
Die meisten Fahrzeuge „Made in Germany“ gingen im dritten Quartal in die USA. Weitere wichtige Absatzmärkte für deutsche Hersteller sind China und das Vereinigte Königreich.
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