Wein „Dieses Geschäft ist einfach zu schön“

Seite 2/3

Spielraum für die Zukunft

Wie viel Spielraum bleibt Ihnen mit Vater auf der einen und Treuhand auf der anderen Seite überhaupt, das Unternehmen in Zukunft in Ihrem Sinne zu formen?
Albiera: Es gibt eine Reihe von Herausforderungen in unserem Geschäft. Im Marketing, im Verkauf vor allem durch das Web. Das ist bis heute von Weinproduzenten nicht erschlossen. Aber es gibt auch Herausforderung durch technologische Entwicklung in der Wein-Produktion. Und wir müssen andere Geschäfte entwickeln, um unser Kerngeschäft zu stärken. Zum Beispiel Restaurants oder das Übernachtungsgeschäft, das für die Vorgängergeneration noch keine Rolle spielte.
Piero: Es gibt eine Menge zu tun, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Unser Geschäft ist sehr wettbewerbsintensiv. Es gibt in Italien so viele kleine Produzenten, die alle ihren Marktanteil wollen. Und dann gibt es noch einen internationalen Wettbewerb, den es zu meiner jungen Zeit gar nicht gab: Südamerika, Neuseeland, Afrika, nun China – alle in der Welt wollen Wein produzieren. Der Konsum steigt ja auch, aber sehr langsam. Ich bin aber optimistisch: Wein-Konsum wird weiter wachsen, wenn auch langsam.
Albiera: Auch weil bisher ganze Teile der Welt nicht wussten, was Wein ist, und ihn nun entdecken.

Aber für Antinori wird die Situation ja nicht leichter: Sie sind zu klein, um bei den Großen mitzuspielen, und zu groß, um als kleiner Handwerksbetrieb das Eliten-Segment zu bespielen.
Albiera: Wir gehören sicher nicht zu den großen Playern in der internationalen Welt. Das ist nicht unser Ding. Wir reden zunächst mal über absoluten Qualitätswein. Innerhalb dieses Rahmens bestehen wir ja aus vielen kleinen Betrieben, die jeweils ihre eigene Identität haben. Das unterscheidet uns von vielen anderen. Wir sind ein Konglomerat kleiner Weingüter.
Piero: Für europäische Standards sind wir eher groß. Aber es gehört zu unserer Seele, dass wir unseren handwerklichen Ansatz beibehalten. Jedes Weingut hat seine eigene Kultur, seinen eigenen Ansatz. Alles zusammen ist das sehr groß, aber es bleibt eine Kombination kleiner Produzenten. Und diesen Ansatz einer kleinen handwerklichen Weinfertigung wollen wir unbedingt behalten.
Albiera: Jeder Betrieb hat seinen eigenen Kellermeister, seinen eigenen Betriebsleiter, seine eigene Mannschaft. Die müssen ihre Weine kennen, ihr Mikroklima, die Details ihrer Produkte.
Piero: Wir haben mehr als 2000 Hektar Wein. Aber jeder Verantwortliche hier muss jeden Wein beim Namen kennen und sollte wissen, wie es auf jedem Quadratmeter seines Weinguts aussieht. Das ist unser Erfolgs-Geheimnis.

Wie sehr gestalten Sie Ihre Weine mit?
Albiera: Ich bin keine Önologin. Aber klar, es gehört zu meiner Aufgabe, auch für den Wein eine Richtung vorzugeben und beurteilen zu können, was ein Wein ist. Ich helfe nicht bei der Lese, ich probiere nicht ständig jeden Zwischenstand. Aber mein Vater und ich werden einbezogen, bevor die endgültigen Weine abgefüllt werden, vor allem bei den teuren Weinen.

Welche großen Veränderungen sehen Sie in der Weinwelt?
Piero: Wir schauen mehr und mehr auf nachhaltige Landwirtschaft. Auch wenn wir nicht überall biozertifiziert sind, sind wir tatsächlich fast überall biologisch unterwegs. Das ist wichtig, weil das eine große Verbesserung der vergangenen 20 Jahre ist. Zuvor hatten wir dieses Bewusstsein gar nicht und waren gewohnt, chemische Produkte relativ gedankenlos zu nutzen.
Albiera: Das ist auch ein Kulturwandel. In Nordeuropa ist das schon verbreiteter als in Südeuropa. Wir müssen das auch auf die Leute runterbringen, dass sie ganzheitlich ökologisch denken, bis hin zur Mülltrennung. Das ist ein Prozess, den wir eingeleitet haben für den ganzen Betrieb.

In Deutschland arbeiten mittlerweile fast alle Spitzen-Weingüter biologisch. Wie viel Druck übt der Markt in diese Richtung aus?
Albiera: Der Bio-Markt wächst. Es ist aber fast egal, bei Wein bekommen Sie nämlich derzeit nicht mehr Geld für Bio-Wein. Wenn der Wein gut ist, kaufen ihn die Leute. Aber die Idee hinter dem Bio-Anbau überzeugt mich. Deswegen machen wir das. Das ist tatsächlich aber nicht vom Markt bedingt sondern durch unsere Ethik.
Piero: Wie Albiera schon sagt: Wir haben eine lange Geschichte und wir wollen genauso weit nach vorne schauen. Und dafür ist Nachhaltigkeit einfach ein wichtiger Punkt. Das gehört ja quasi zu unserer DNA.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%