1,5 Prozent Zuwachs Wende nach Corona: Chinas Außenhandel wächst unerwartet stark

Chinas Außenhandel wächst unerwartet stark Quelle: AP

China scheint das Coronavirus unter Kontrolle zu haben. Das Leben in der zweitgrößten Volkswirtschaft normalisiert sich. Exporte und Importe wachsen im Juni erstmals wieder. Damit können auch deutsche Exporteure hoffen.

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Trotz der globalen Coronakrise hat sich Chinas Außenhandel überraschend gut erholt. Exporte und Importe der größten Handelsnation lagen im Juni erstmals wieder im Plus, wie Chinas Zollverwaltung am Dienstag in Peking berichtete. Die Ausfuhren in US-Dollar berechnet stiegen um 0,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Die Einfuhren wuchsen unerwartet stark um 2,7 Prozent. Eigentlich hatten Experten mit einem starken Minus der Importe wie in den Vormonaten gerechnet.

Der Außenhandel legte im Juni um 1,5 Prozent zu, musste aber in der ersten Jahreshälfte insgesamt noch ein Minus von 6,6 Prozent wegstecken. Nach dem starken Einbruch des Wachstums der zweitgrößten Volkswirtschaft im ersten Quartal um 6,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ist Chinas Wirtschaft damit gleichwohl auf gutem Wege, im zweiten Quartal wieder zu wachsen.

Daher kann die deutsche Exportindustrie mit Hoffnung auf einen seiner wichtigsten Einzelmärkte blicken. Der Handel zwischen China und Deutschland legte im Juni in US-Dollar berechnet wieder um 3,9 Prozent zu - angetrieben von einem Zuwachs der chinesischen Exporte um 12,8 Prozent. Chinas Importe aus Deutschland lagen noch um rund drei Prozent im Minus. Insgesamt läuft der Handel der Deutschen mit China aber wieder deutlich besser als für den Rest der Europäer.

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Im Dezember waren die ersten Fälle des neuen Coronavirus in China entdeckt worden. Das bevölkerungsreichste Land dämmte die Pandemie mit strikten Maßnahmen ein. Es gibt heute kaum noch neue Infektionen, so dass sich das Leben und die Wirtschaftstätigkeiten wieder normalisieren. Der Aufschwung in China wird angetrieben von der heimischen Nachfrage und einer Zunahme der Industrieproduktion und Dienstleistungen.

Chinesische Experten halten deswegen sogar ein wirtschaftliches Wachstum von bis zu drei Prozent im zweiten Quartal für möglich. Die australische ANZ-Bank schätzt die Erholung hingegen vorsichtiger auf ein Plus von 1,7 Prozent. Das Statistikamt will die neuen Wachstumszahlen an diesem Donnerstag vorlegen.

Chinas Zollamtssprecher Li Kuiwen nannte die Entwicklung des Außenhandels in der ersten Jahreshälfte „besser als erwartet“. Nach den Turbulenzen im ersten Quartal zeigten die Importe und Exporte im zweiten Quartal „Zeichen der Erholung und der Stabilität“.

Trotz der anhaltenden Handelsspannungen mit den USA stiegen auch Chinas Einfuhren amerikanischer Waren im Juni um 11,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Die chinesischen Ausfuhren in die besonders schwer von dem Virus heimgesuchte größte Volkswirtschaft hingegen legten im Juni nur leicht um 1,4 Prozent zu.

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Experten rechnen auch im zweiten Halbjahr mit einer Zunahme des Wirtschaftswachstums. „Die wirtschaftliche Erholung sollte nach der jüngsten Wende im zweiten Quartal andauern“, sagte Wang Tao, Chef-Ökonom der Schweizer UBS-Bank, der „China Daily“. „Die heimische Nachfrage wird sich mit der andauernden Unterstützung durch die Politik und der Normalisierung der wirtschaftlichen Aktivitäten wahrscheinlich verbessern.“

Die Erholung macht aber unwahrscheinlich, dass die Regierung in Peking die Wirtschaft jetzt noch stärker ankurbeln wird. Wegen des jüngsten Booms an den chinesischen Börsen und dem Anstieg der Immobiliengeschäfte sind die Behörden auch besorgt über wachsende finanzielle Risiken durch eine weitere Lockerung der Geldpolitik.

„Ein stärkeres Wachstum im zweiten Quartal wird die Erwartungen am Markt auf eine weitere Lockerung abkühlen“, befand eine Analyse der ANZ-Bank. Allerdings sei auch wegen der ungewissen globalen Wirtschaftsaussichten weitere Unterstützung notwendig.

Gerade kleinere Unternehmen und Familien mit niedrigen Einkommen dürften im zweiten Halbjahr weiter leiden, sagte der Chefökonomen der chinesischen Zhongyuan Bank, Wang Jun, der „China Daily“. Die Politik müsse die finanzielle Unterstützung für große Projekte und zur Sicherung der grundlegenden Bedürfnisse der Menschen fortsetzen. Die Geldpolitik werde gezielter eingesetzt, um die Finanzierungskosten kleiner Unternehmen zu reduzieren.

Trotz der Besserung müssen sich Chinas Exporteure weiter auf schwer kalkulierbare Risiken einstellen. Experten nennen die Ungewissheiten durch die Streitigkeiten zwischen den USA und China im Handel und im Technologiesektor sowie einen möglichen weiteren Rückgang der Weltwirtschaft. Zollamtssprecher Li Kuiwen sprach von einer „düsteren und komplizierten Situation in der zweiten Jahreshälfte“. Gewarnt wird auch vor einer neuen Ausbreitung der Corona-Pandemie, wenn sich das Wetter im dritten und vierten Quartal des Jahres abkühlt.

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