Die Steuervermeidung der großen Konzerne, vor allem der amerikanischen Internet-Unternehmen, stört Frankreichs Abgeordnete schon lange. Bereits unter Nicolas Sarkozy überlegten sie, wie man an die Milliardenumsätze von Google, Apple, Facebook und Co. herankommen könnte. Denn die Einnahmen, die unter anderem in Frankreich erzielt werden, werden in anderen Länder versteuert. Damit soll nun Schluss sein – zumindest in einem Teilbereich. In der Nacht zum Mittwoch haben sie eine neue Steuer beschlossen.
Die Abgabe setzt an den Werbeeinnahmen der großen Videoplattformen im Internet an. Die Anbieter pornographischer Inhalte sollen besonders kräftig zur Kasse gebeten werden, auch wenn die Inhalte gratis angeboten werden. Die Abgabe soll die französische Kinoindustrie stützen und den steuervermeidenden amerikanischen Internet-Unternehmen eins auswischen.
Auf die Werbeerlöse großer Plattformen wie iTunes oder Youtube soll künftig eine Abgabe von zwei Prozent erhoben werden. Der Satz steigt allerdings auf zehn Prozent, wenn es um pornografische Videos geht oder solche, die gewaltverherrlichend sind: „Alles, was in Frankreich als 'X' eingestuft ist“, sagt ein Experte der Nationalversammlung. Eine europäische Richtlinie bilde die allgemeine Grundlage für die Abgabe.
Werbemöglichkeiten auf Youtube
Die einfachste Möglichkeit auf Youtube zu werben ist die klassische Banneranzeige, wie man sie auch von anderen Websites kennt.
Overlay In-Video Ads sind transparenten Anzeigen, die sich im unteren Teil eines Videos finden lassen. Bezahlt wird pro Klick – allerdings werden sie zumeist von den Nutzern ignoriert.
Seit Ende 2010 haben die Werber die Möglichkeit sogenannte TrueView-Werbeformate auf Youtube zu nutzen. Hierbei zahlt man erst dann, wenn der Kunde die Werbung wirklich anklickt.
Dieses Werbeformat erscheint als Pre-Roll vor dem ausgewählten Video – der Nutzer muss also die ersten fünf Sekunden eines Werbevideos anschauen, danach kann er die Anzeige überspringen. Der Werbetreiber muss erst für die Werbung zahlen, wenn mehr als 30 Sekunden des Videos betrachtet worden.
Das Gesetz zielt direkt auf die großen Firmen. Steuerpflichtig sei nicht der einzelne Youtube-Blogger, auch wenn er mit Werbung hohe Einkünfte erziele. „Zahlen muss der Operateur, der die Inhalte zur Verfügung stellt“, sagt ein Mitarbeiter der Nationalversammlung.
Noch waren die politischen Berater aber nicht in der Lage, den erwarteten Ertrag der Steuer zu beziffern oder zu sagen, wie viele Unternehmen steuerpflichtig werden. Die Einnahmenschätzung scheitert daran, dass die großen Plattformen ihre Werbeeinnahmen in einzelnen Ländern geheim halten. Bei Youtube sollen es sieben bis acht Milliarden Dollar sein – weltweit. Welcher Teil aus Frankreich stammt ist bislang nicht bekannt.
Die teuersten Übernahmen von YouTube-Netzwerken
Käufer: Disney
Preis: 950 Millionen US-Dollar
Quelle: eigene Recherchen
Käufer: AT&T/Chernin Group
Preis: 200-300 Millionen US-Dollar
Quelle: eigene Recherchen
Käufer: Dreamworks
Preis: 117 Millionen US-Dollar
Quelle: eigene Recherche
Käufer: RTL
Preis: 107 Millionen US-Dollar
Quelle: eigene Recherche
Käufer: Warner
Preis: 18 Millionen US-Dollar
Quelle: eigene Recherchen
Das französische Finanzministerium hatte sich hartnäckig gegen die parlamentarische Initiative gewehrt. Eine solche Steuer sei nicht handhabbar und werde lediglich einen minimalen Ertrag bringen, der bestenfalls ein paar Millionen Euro ausmache, kritisiert der für den Haushalt zuständige Staatssekretär Christian Eckert. „Auf diese Weise kann man nicht gegen die Steueroptimierung der Internet-Giganten kämpfen“, moniert der Sozialist Eckert.
Sozialistische Abgeordnete haben die Steuer aber als Ergänzung des Nachtragshaushalts, der gerade in der parlamentarischen Beratung ist, ins Gesetz eingefügt. Sie hatten schon im Oktober einen ersten Anlauf gestartet, der aber angesichts des Widerstands der Regierung keine Mehrheit fand und scheiterte. Diesmal waren die Parlamentarier erfolgreich.
Zehn Jahre Youtube - Die wichtigsten Fakten
Seit 10 Jahren gibt es Youtube. Mitte Februar 2005 registrierten die Gründer Chad Hurley und Steve Chen die Webseite Youtube.com und legten so den Grundstein für das Video-Imperium.
Jede Minute werden rund 300 Stunden Videomaterial auf Youtube hochgeladen.
Mehr als eine Milliarde Nutzer besuchen die Plattform jeden Monat.
Das meistgeklickte Video im vergangenen Jahr zeigt einen als Spinne verkleideten Hund, der Passanten erschreckt.
Unter den größten Youtube-Hits ist das Video „Charlie bit my finger“, in dem der kleine Charlie seinem Bruder in den Finger beißt. Das Video, das weniger als eine Minute lang ist, wurde mehr als 800 Millionen Mal angesehen.
Das meistgesehene Youtube-Video aller Zeiten ist „Gangnam Style“ von Psy. Youtube musste seinen Zähler überarbeiten, um die mehr als zwei Milliarden Aufrufe korrekt anzuzeigen.
Bei deutschen Jugendlichen zählt Youtube zu den beliebtesten Webseiten. Gefragt, welches Internet-Angebot sie derzeit besonders gut fänden, nannten 30 Prozent der Jugendlichen Youtube. Auf Platz zwei folgt Facebook mit 23 Prozent.
Facebook macht Youtube zunehmend Konkurrenz. Immer mehr Menschen schauen Videos auf Facebook, und das Online-Netzwerk ermutigt die Nutzer, ihre Clips direkt hochzuladen und nicht von anderen Seiten aus zu verlinken. Mit 1,3 Milliarden Facebook-Nutzern könnte so eine wachsende Zahl an Videos nicht mehr über Youtube im Netz landen.
Polizei und Behörden wollen immer wieder Videos von Youtube entfernen lassen. In der zweiten Jahreshälfte 2013 löschte Youtube 973 Inhalten, davon 735 aus juristischen Gründen und 238, die gegen die Unternehmens-eigenen Richtlinien verstießen.
Gegenüber der Tageszeitung „Le Figaro“ begründete der sozialistische Abgeordnete Pierre-Alain Muet, das die Erträge von Bezahlvideos und Videos-on-Demand bereits besteuert werde, da sei es unsinnig, Gratis-Videos nicht zu besteuern. Bei der Abstimmung votierten auch Parlamentarier der Konservativen dafür. Bevor die Steuer rechtskräftig wird, muss sie noch durch den Senat. Sollte der sie ablehnen, kann die Nationalversammlung sie wieder aufnehmen. Vertreter der französischen Internet-Wirtschaft kritisieren, dass eine solche Steuer lediglich dem Digital-Standort Frankreich schade.