China Schritte zum nachhaltigen Wohlstand in China

Die Olympischen Spiele waren der Erfolg, den die Pekinger Führung sich gewünscht hatte. Nun beginnt die Arbeit: Nach 30 Jahren wirtschaft-licher Modernisierung braucht China ein neues Entwicklungsmodell, das es auf den Pfad zu mehr Nachhaltigkeit führt – das Reich der Mitte muss sich neu erfinden.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Bauer in der nordwestchinesischen Provinz Gansu Quelle: Stringer, Reuters

Als am 24. August in Pekings Nationalstadion das olympische Feuer erlischt, huscht über die regungslosen Gesichter von Staats- und Parteichef Hu Jintao und Premierminister Wen Jiabao erstmals ein vorsichtiges Lächeln – Zeichen der Erleichterung. Die Organisation war perfekt, Pannen hatte es keine gegeben und bis auf ein paar Einzelaktionen auch keine Proteste.

Die Führung hatte Grund zur Zufriedenheit: Für die spektakuläre Eröffnungsfeier erhielt China in der ganzen Welt Lob. Mehr als 80 Staatsoberhäupter waren in die chinesische Hauptstadt gekommen. Die internationale Sportwelt pries die Sportstätten vom „Vogelnest“ über das Hallenstadion bis zum „Wasserwürfel“ als die besten in der Geschichte der Spiele. Und mit 51 Goldmedaillen führte das Reich der Mitte am Ende die Rangliste der über 200 teilnehmenden Nationen an.

Doch nach dem sportlichen Großereignis geht das Land einer unsicheren Zukunft entgegen. Auch wenn China im nächsten Jahr schon Deutschland als drittgrößte Volkswirtschaft der Welt und als Exportweltmeister ablösen wird. Denn 30 Jahre nach dem Beginn der Reformpolitik haben die Rezepte ausgedient, mit denen das Reich der Mitte bislang sein spektakuläres Wachstum erzielte und so mehr Menschen von der Armut befreite als jedes andere Land.

Altes Modell funktioniert in China nicht mehr

Der Boom wurde getragen von dem Zusammenspiel aus wirtschaftlicher Liberalisierung, billigen und willigen Arbeitskräften sowie strikter politischer Kontrolle. Mit der zunehmenden Integration des Landes in die Weltwirtschaft, dem zunehmenden Wohlstand und der besseren Bildung der städtischen Bevölkerung funktioniert dieses Modell aber nicht mehr. „Die Strategien, mit denen China es aus der Armut bis hierher geschafft hat, werden in Zukunft nicht mehr die gleiche Dividende bringen“, sagt Homi Kharas, Chinaexperte der Brookings Institution, „China wird sich dieser Realität anpassen müssen.“

Die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung gibt dabei noch wenig Anlass zur Sorge, auch wenn Chinas Führung nervös auf die neuesten wirtschaftlichen Kennziffern blickt. So lag der Zuwachs beim Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal des Jahres bei 10,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum und damit ziemlich genau im Korridor der Verlangsamung, die die Regierung sich wünscht. Im vergangenen Jahr war Chinas Wirtschaft um knapp zwölf Prozent gewachsen. Um das im Jahr 2000 formulierte Ziel zu erreichen, das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf bis 2020 zu vervierfachen, braucht China im Schnitt ein Wachstum von acht Prozent.

Bislang brummte die Konjunktur vor allem dank hoher Investitionen aus dem Ausland und dem eigenen Land. Das Geld floss in Infrastruktur und Fabriken im entwickelten Osten des Landes, wo ein Millionenheer von Arbeitern zu niedrigen Löhnen von T-Shirts und Turnschuhen über Feuerzeuge und Füllfederhalter bis zu Glühbirnen und Gummibällen alles produzierte, was die Konsumenten in den entwickelten Industrieländern an preiswerten Gütern nachfragen.

Um jedoch auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben, muss China den Schritt weg von der Billigproduktion hin zu einer Industrie mit höherer Wertschöpfung machen. Chinas Regierung hat dies erkannt und forciert die Entwicklung. Billigproduzenten wie Textil- oder Spielzeugherstellern sowie umweltbelastenden Betrieben hat Peking im vergangenen Jahr Steuervorteile gestrichen. Gleichzeitig hat die Regierung die Umweltvorschriften verschärft und ein Arbeitsgesetz erlassen, das die Unternehmen zu höheren Sozialabgaben und strengeren Standards in den Werkshallen zwingt.

Inhalt
  • Schritte zum nachhaltigen Wohlstand in China
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%