Europaparlament Weber lotet Bündnis für die Wahl zum EU-Kommissionschef aus

Der CSU-Politiker führt im Europaparlament die stärkste Fraktion und erhebt Anspruch auf den mächtigsten Posten in Brüssel. Damit fängt der Machtkampf erst an.

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Der CSU-Politiker kämpft um das Amt des EU-Kommissionschefs. Quelle: dpa

Brüssel Im Streit um das Amt des EU-Kommissionschefs ringt der CSU-Politiker Manfred Weber um eine Mehrheit im Europaparlament. Am Mittwoch vereinbarte der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei (EVP) mit seinen Kollegen von Sozialdemokraten, Grünen und Liberalen, binnen zwei Wochen gemeinsame politische Ziele für die nächsten fünf Jahre auszuarbeiten.

„Dies wird die Grundlage sein, zu der sich der nächste Präsident der Europäischen Kommission bekennen soll, um eine breite und stabile Mehrheit im Europäischen Parlament zu haben“, heißt es in einer am Mittwochabend verbreiteten gemeinsamen Erklärung. Die inhaltliche Arbeit solle am 12. Juni beginnen und vor dem nächsten EU-Gipfel am 20. Juni abgeschlossen sein. Ob dieses Verfahren Weber den Spitzenposten sichert, ist allerdings offen.

Am Mittwochvormittag hatte sich Weber zunächst starke Rückendeckung seiner eigenen Fraktion im Europaparlament geholt: Die EVP-Abgeordneten wählten ihn fast einstimmig erneut zum Vorsitzenden. Anschließend lud Weber die übrigen proeuropäischen Parteien zu Gesprächen und betonte: „Wir sind bereit zum Kompromiss.“

Weber führt die EVP-Fraktion seit 2014 und trat bei der Europawahl Ende Mai als Spitzenkandidat der christdemokratischen Parteienfamilie an. Mit nun 24 Prozent der Mandate wurde die EVP trotz Verlusten wieder größte Fraktion im EU-Parlament. Darauf gründet Weber seinen Anspruch auf den Posten des Kommissionspräsidenten. Sollte er das Amt tatsächlich erobern, müsste er im Herbst nicht nur den Fraktionsvorsitz, sondern auch sein Parlamentsmandat abgeben.

Vorerst kämpft er aber an zwei Fronten. Der künftige Kommissionschef braucht nicht nur eine Mehrheit im EU-Parlament, wo mindestens ein Dreierbündnis nötig wäre. Darüber hinaus müsste der Rat der EU-Staats- und Regierungschefs den Kandidaten mit der nötigen Mehrheit nominieren. Dort haben sich der französische Präsident Emmanuel Macron und andere aber bereits gegen Weber gestellt.

Die Sozialdemokraten im Parlament bleiben ebenfalls auf Distanz zu Weber. „Wir sind bereit zu inhaltlichen Gesprächen über das Programm für die nächsten fünf Jahre“, sagte der Chef der SPD-Abgeordneten, Jens Geier, der Deutschen Presse-Agentur. „Aber das kann nicht heißen, dass Manfred Weber sagt: „Ich werde der Kommissionspräsident.“ Es wird nicht automatisch Weber - das ist die Grundlage der Gespräche.“ Einige Sozialdemokraten hätten bereits erklärt, dass sie Weber keinesfalls wählen wollten.

Die Partei stehe weiter zu ihrem eigenen Spitzenkandidaten Frans Timmermans. Man halte es „für durchaus möglich, dass er eine Mehrheit der proeuropäischen Abgeordneten im Europaparlament bekommt“, sagte Geier. „Entscheidend ist, dass ein Kandidat am Ende mehr Ja- als Nein-Stimmen hat.“ Neben Weber und Timmermans erhebt auch die Liberale Margrethe Vestager Anspruch auf den Chefsessel in der Kommission.

EVP, Sozialdemokraten und Grüne sind sich einig, niemanden zu wählen, der nicht Spitzenkandidat einer Partei war. Geier sagte: „Wenn der Rat uns eine Kandidatin oder einen Kandidaten für die Kommissionsspitze schickt, der nicht Spitzenkandidat für die Europawahl war, dann betrügt er die Wählerinnen und Wähler. Meine Stimme kriegt diese Person nicht. Und ich bin mir sicher, dass so jemand im Europaparlament durchfallen würde.“

EU-Ratschef Donald Tusk soll in dem Streit vermitteln und bis zum nächsten EU-Gipfel am 20. und 21. Juni eine Lösung finden. Am Mittwoch traf er sich mit EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani, wie Tusk auf Twitter mitteilte.

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