Fide-Konten gesperrt Korruption bedroht den Schach-Weltverband

Chaos beim Weltschachverband Fide: Die UBS friert die Konten der Organisation ein. Darunter könnte Weltmeister Magnus Carlsen leiden.

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Schach: Korruption bedroht den Weltverband Quelle: AP

Moskau Der Weltschachverband Fide hat massive Geldsorgen. Am Wochenende hat die Schweizer Großbank UBS, bisher Hausbank der Fide, die Konten der Organisation geschlossen. Der Verband mit Sitz in Lausanne hat damit keinen Zugang mehr zum internationalen Finanzsystem. Alle Gelder sind blockiert.

Die Fide hat ihre 189 Mitgliedsverbände daher gebeten, mit Überweisungen zunächst zu warten. Die UBS hatte der Fide bereits im Februar ein Ultimatum gesetzt hatte, bis Ende April ihr Konto aufzulösen.

Der Grund dafür ist Fide-Chef Kirsan Iljumschinow. Der 56-Jährige stammt aus der russischen Teilrepublik Kalmykien, die er von 1993 bis 2010 auch als Präsident führte. Seit 1995 leitet er auch den Weltschachverband.

Iljumschinow steht allerdings auch seit Ende 2005 auf der US-Sanktionsliste. Washington verdächtigt ihn, als Vermittler zwischen der syrischen Regierung und der Terrormiliz IS dubiose Ölgeschäfte unterstützt zu haben. Iljumschinow bestreitet die Vorwürfe und erklärt Fotos, die ihn mit Syriens Machthaber Baschar al Assad zeigen, damit, dass er in Damaskus eine Schachschule eröffnet habe.

Brief an Donald Trump

Der Schachfunktionär habe sogar US-Präsident Donald Trump in einem Brief gebeten, ihn „vor dem geschehenen Fehler, oder der womöglich politisch motivierten Unterstellung zu schützen“. Doch die Bitte wurde nicht erhört.

Schon bei der Weltmeisterschaft 2016, als der Norweger Magnus Carlsen in New York seinen Titel gegen den russischen Herausforderer Sergej Karjakin verteidigte, konnte Iljumschinow nicht dabei sein. Inzwischen haben sich seine Probleme auf den Verband ausgeweitet.

Denn nicht nur die UBS beendet die Kooperation, Iljumschinow ist auch bei der hektischen Suche nach Ersatz bislang gescheitert. Andere internationale Großbanken lehnen eine Zusammenarbeit mit dem Verband ab. Der Versuch, ein Konto bei einer anderen Schweizer Bank zu eröffnen, scheiterte.

Der Chef der Organisation „World Chess“, der die Weltmeisterschaft ausrichtet, übte sich in Zweckoptimismus: „Ich weiß, dass Herr Iljumschinow mehrere Banken gefunden hat, die bereit sind, mit der Fide zu arbeiten. Die Sanktionen sind ein ernstes Problem und haben einen sehr großen Effekt“, sagte Ilja Merenson. Andererseits habe Iljumschinow das Problem vorausgesehen und anderen Fide-Funktionären alle Vollmachten übertragen. Das müsse man nun noch außen kommunizieren.

Iljumschinow dementierte eigene Abberufung

Die Außendarstellung der Fide ist allerdings ein gewaltiges Problem: Denn diese hatte nach der angedrohten Kontosperrung im März schon die Absetzung Iljumschinows verkündet, um das Unheil abzuwenden. Doch dieser dementierte postwendend, sprach von einer „amerikanischen Verschwörung“ und kündigte an, im Herbst erneut für den Präsidentenposten zu kandidieren.

Dort will ihn der Grieche Georgios Makropoulis, derzeit Iljumschinows Stellvertreter, herausfordern. Beide überhäufen sich mit Vorwürfen. Das zeugt von Chaos und einem heftigen Machtkampf innerhalb der Fide. Iljumschinows Abgang ist keinesfalls gesichert. Obwohl der Politiker in der Vergangenheit schon mit der irrwitzigen Aussage, er sei von Außerirdischen entführt worden, für Schlagzeilen sorgte, hat er mächtige Seilschaften innerhalb der Fide aufgebaut.

Dabei galt Iljumschinow mal als Glücksfall für den Schachverband: In den 90er-Jahren, als die Schachwelt zerrissen war und der damalige Weltmeister Garri Kasparow der Fide den Rücken kehrte, um seine eigene Profischachorganisation zu gründen, kam Iljumschinow dem klammen und von Korruptionsaffären gebeutelten Verband zur Hilfe.

Zwei Millionen Dollar brachte er gleich bei Amtsantritt mit. Später führte er die konkurrierenden Schachweltmeister wieder zusammen – der Vereinigungswettkampf wurde 2006 in der von Iljumschinow aufgebauten Chess City, einem Vorort der kalmykischen Hauptstadt Elista, ausgetragen.

Gibt es keine baldige Einigung, drohen auch den Schach-Fans und Profis Konsequenzen. Im schlimmsten Fall könnte der geplante Weltmeisterschaftskampf zwischen Magnus Carlsen und seinem amerikanischen Herausforderer Fabio Caruana platzen. Möglichweise kann Fide das nur verhindern, wenn der Verband seinen König opfert.

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