Freytags-Frage
U-Präsident Donald Trump vor der Abreise nach Buenos Aires Quelle: AP

Was wird der G20-Gipfel bringen?

Donald Trump steht im Zentrum der Aufmerksamkeit auch beim G20-Gipfel in Buenos Aires. Sich ganz auf Chinas Seite zu schlagen, kann für die Europäer aber keine Alternative sein.

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Heute und morgen findet in Buenos Aires der Gipfel der G20, der Gruppe der wichtigsten Staaten der Erde statt. Dort treffen sich die Regierungschefs, um ein Dokument zu verabschieden, das als Absichtserklärung für die zukünftige Politik der Mitglieder gelten kann. Die G20 hat weder einen administrativen Unterbau, noch sind die Verabredungen bindend und durchsetzbar.

Die Bedeutung der G20 liegt dann auch eher im Bereich der Kommunikation zwischen den Beteiligten und in die Welt. Gerade im Augenblick gibt es zahlreiche Problemfelder, angefangen bei der Handelspolitik, weiter über die Beziehungen der Türkei zum Westen, den Mord am Journalisten Jamal Khashoggi bis hin zum neuerlichen Krim-Konflikt. Da können die Regierungschefs viel Porzellan zerschlagen oder friedensstiftend wirken.

Im Mittelpunkt wird aber vermutlich nicht der argentinische Präsident Mauricio Macri als Gastgeber und die Agenda der argentinischen Regierung stehen, obwohl die Themenschwerpunkte der Gastgeber mit „Zukunft der Arbeit“, „Infrastruktur für Entwicklung“, „Nachhaltige Nahrungsmittelversorgung“ und Geschlechtergerechtigkeit recht aktuell gewählt und wichtig sind. Daneben stehen – wie üblich die Themen Außenhandel und Globale Finanzmärkte sowie der Klimawandel im Zentrum der Debatten und Gespräche.

Diese Themen werden überlagert von den Konflikten und vor allem vom allgemein mit Spannung erwarteten Auftritt des amerikanischen Präsidenten Donald Trump. Ganz besondere Bedeutung messen die Beobachter den Treffen des amerikanischen Präsidenten mit Präsident Putin und Präsident Xi Jinping zu. Außerdem wird sein Umgang mit dem saudischen Prinzen Mohammed bin Salman aufmerksam verfolgt, vor allem in den Vereinigten Staaten selber. Auch wird in Deutschland schon befürchtet, dass er wieder zu den Verteidigungsausgaben Stellung nehmen wird, wenn er mit Frau Merkel spricht.

Trump selber hat aber bereits angekündigt, dass er erstens das Treffen mit Putin noch einmal überdenken will und er zweitens nur eine geringe Wahrscheinlichkeit dafür sieht, dass er seine Haltung zu Importzöllen auf chinesische Importe in die USA noch überdenken wird.

Das sollte den anderen Staatschef eine Mahnung sein, denn es folgt einem Muster. Bislang hat der US-Präsident die Themen auf seiner Agenda systematisch weiterverfolgt, und zwar unabhängig davon, ob er sich mit dem jeweiligen Kontrahenten getroffen hat und sogar großartige Gespräche geführt haben will (vielleicht mit Ausnahme der schlimmsten Autokraten, die können sich bisher auf ihn verlassen). Vor diesem Hintergrund ist nicht zu erwarten, dass es zu einer chinesisch-amerikanischen Absprache zum Zollabbau gegen die Achtung geistiger Eigentumsrechte kommen wird. Auch muss fest damit gerechnet werden, dass es Zölle auf in die USA importierte Automobile geben wird. Es scheint so zu sein, dass Herr Trump ein einmal gefasstes Urteil unabhängig von der logischen Stringenz, der Faktenlage und den Konsequenzen der daraus resultierenden Handlungen für seine Wähler beibehält.

Wenn sich Präsident Trump wie bisher, z.B. auf dem G20-Gipfel in Hamburg oder dem letzten NATO-Gipfel verhält, wird die Gipfelerklärung eher mau ausfallen; offenbar haben sich die Sherpas bis gestern auch noch nicht auf einen Text einigen können. Wichtige Themen wie die klare Absage an den Protektionismus oder ernste Schritte zur Reform der Welthandelsordnung werden wohl eher stiefmütterlich behandelt werden. Auch zum Klimawandel will die US-Administration nur vage Aussagen treffen. Insgesamt scheint man in den USA nicht sehr interessiert an einer gehaltvollen Gipfelerklärung zu sein.

Das führt letztlich zur Frage des Umgangs mit dem US-Präsidenten, sofern er seine Auftritte als Abrissbirne nicht abstellt. Ein Weg bestünde dann darin, ihn zu isolieren. So könnte die Bundeskanzlerin ein persönliches Treffen vermeiden, die europäische Kommission die Gespräche mit dem Handelsrepräsentanten Robert Lighthizer auf Eis legen, und der chinesische Präsident seinen Termin mit Trump absagen. Man kann auch eine Gipfelerklärung ohne die USA veröffentlichen.

Das darf allerdings nicht bedeuten, dass die EU sich in allen Punkten mit China solidarisch erklären kann, denn sowohl die Verletzung geistiger Eigentumsrechte durch chinesische Firmen und subventionierter Export durch staatliche Unternehmen in China sind keine Erfindung Herrn Trumps, sondern ein ernstes Problem für den Welthandel. Zölle auf alle Importe aus China sind allerdings keine Lösung. Sie führen übrigens schon jetzt zu Ausweichreaktionen, nämlich der Verlagerung der Endmontage von Gütern aus China nach Vietnam und anderswo; die Reorganisation ganzer Wertschöpfungsketten wird durchdacht; die USA als Produktionsstätte ist dabei wohl selbst für amerikanische Unternehmen keine Option. Es ist sicher nicht verwegen vorherzusagen, dass die US-Administration langfristig auch Produkte aus Vietnam mit Zoll versehen wird.

Für die Europäer stellt sich das Problem, dass weder das Verhalten der chinesischen Firmen noch die Politik des Weißen Hauses akzeptabel sind. Sich auf eine Seite zu schlagen, macht da wenig Sinn. Aber klar zu sagen, welche Positionen angemessen und welche es nicht sind, ist durchaus möglich (sogar ohne namentliche Nennung). Auf jeden Fall sollte man dem amerikanischen Präsidenten deutlich zu verstehen geben, dass er viel zu verlieren hat, wenn er nicht zu fairer Verhandlungsführung und rationaler Politik zurückkehrt. Der G20-Gipel ist dafür eine gute Gelegenheit.

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