Juncker bei Trump Waffenstillstand im Handelskrieg

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Trump und die Sojabohnen

An dieser Front kann der Präsident Entlastung gut gebrauchen. Schließlich befindet er sich nicht nur mit der EU in einer Handelsauseinandersetzung, sondern auch mit China. Peking belegte deshalb amerikanische Sojabohnen mit empfindlichen Strafzöllen – eine Maßnahme, die insbesondere Bundesstaaten trifft, in denen eher mehr als weniger Trump-Anhänger leben.

Der Präsident legte deshalb bereits ein Notprogramm auf, um den Effekt der Strafzölle für Bauern ein Stück weit abzufedern. Sollte die EU nun tatsächlich schnell als neuer Absatzmarkt einspringen, dürfte dies den Sojafarmern weitere Entlastung bringen.

Trump hält dies ganz offensichtlich bereits für ausgemacht. „Die Europäische Union wird beinahe sofort damit beginnen, große Mengen an Sojabohnen von unseren Farmern insbesondere im Mittleren Westen zu kaufen“, sagte er im Rosengarten.  Dies sei eine „große Sache“.

Auch Juncker betonte, dass die EU mehr Sojabohnen importieren könne und dies auch tun werde – einen Zeitrahmen nannte er allerdings nicht. Im der gemeinsamen Erklärung findet sich dazu ebenfalls nicht. Und auch was den Kauf von Flüssiggas angeht, ging der Kommissionspräsident nicht ins Detail. Das wird nun die Verhandlungsgruppe um Handelskommissarin Cecilia Malmström festzurren müssen.

Ob dies zur Zufriedenheit beider Seiten gelingt, ist gleichwohl nicht abzusehen. Vor allem ist der Zeitrahmen völlig offen. Die Verhandlungen würden sofort beginnen, so Juncker. Ein Endpunkt oder auch nur ein Zeithorizont ist jedoch nicht festgelegt.

Die Zusage, keine weiteren Strafzölle zu verhängen, gilt gleichwohl nur für die Dauer der Verhandlungen. Können sich die beiden Seiten nicht einigen oder steigt ein Partner aus, beginnt der Handelskrieg von neuem. Einen Friedensschluss hat Juncker also nicht aus seinem Treffen mit Trump mitgebracht. Sein vermeintlicher Deal ist bestenfalls ein Waffenstillstand.

Schon vor dem Handelsstreit mit China und anderen Ländern hatte die US-Landwirtschaft massive Probleme. Jetzt spitzt sich die Situation weiter zu. Donald Trumps Strafzölle sind längst nicht das einzige Problem.

Das ist allerdings mehr, als die allermeisten Beobachter vor dem Treffen zu hoffen gewagt hätten. Die Erwartungen an das Treffen wurden gerade von europäischer Seite bewusst niedrig gehalten. Es werde erst schlimmer werden, bevor es besser würde, raunten Industrievertreter. Und auch Trump hatte den Konflikt via Twitter zuletzt immer wieder angestachelt. Da Juncker auch ohne formales Verhandlungsmandat anreiste, hatte niemand einen Durchbruch erwartet.

Dass nun wenigstens die Eskalationsspirale aufgehalten wurde – und sei es auch nur zeitweise – wurde in der transatlantischen Community dann auch mit Wohlwollen aufgenommen. Als Juncker kurz nach seinem Statement im Weißen Haus mit gehöriger Verspätung den großen Konferenzsaal im Center for Strategic and International Studies betrat, um eine Rede zur Handelspolitik zu halten, wurde er mit freundlichem Applaus empfangen. Juncker grinste, als er ans Rednerpult trat. „Es ist mir eine Freude, heute Abend hier zu sein“, sagte er. „Und es war Ihre Freude, auf mich zu warten.“

Viele Bauern haben Trump gewählt und besonders sie würden von seiner Handelspolitik profitieren, versprach er. Bisher litten viele aber darunter. Deshalb soll es nun Staatshilfen geben. Das ruft Skepsis hervor.

Wie lange dies gute Laune anhält, bleibt abzuwarten. Es wäre schließlich nicht das erste Mal, dass der US-Präsident eine Abmachung mit engen Verbündeten ohne Vorwarnung aufkündigt. Sollten die Europäer zu lange zögern oder zu wenig Soja oder Flüssiggas einkaufen, könnte Trumps Geduld schnell aufgebraucht sein. Die Gefahr für die deutschen Autokonzerne kann damit jederzeit zurückkehren – und dann sehr schnell sehr konkret werden.

Juncker allerdings sah dafür jedoch zumindest direkt nach den Gesprächen im Weißen Haus keinen Anlass. „Ich vertraue dem amerikanischen Präsidenten“, sagte er. Überhaupt war er mit sich und seinem Ergebnis zufrieden. „Heute ist ein guter Tag für die transatlantische Partnerschaft“, so der Kommissionspräsident in seiner Rede. „Für Europa und für die Vereinigten Staaten von Amerika.“

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