




Das Wahlkampf-Lager der unterlegenen US-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton unterstützt eine Neuauszählung der Stimmen in drei Bundesstaaten. Aber es macht sich praktisch keine Hoffnung, dass sich am Wahlausgang etwas ändert.
Sieger Donald Trump nannte die von der Grünen-Bewerberin Jill Stein angestrebten Neuauszählungen „aberwitzig“ und rief dazu auf, das Wahlergebnis zu akzeptieren. Im Einzelnen geht es um Wisconsin, Pennsylvania und Michigan, wo das Resultat jeweils sehr knapp ausgefallen ist. Hätte Clinton am 8. November in diesen drei Staaten gewonnen, wäre sie und nicht ihr republikanischer Gegner Donald Trump der Gesamtsieger geworden.
Zusammen sind es aber immer noch mehr als 100.000 Stimmen, die Clinton bei der Neuauszählung hinzugewinnen müsste. Nach übereinstimmender Einschätzung von Experten ist es sehr unwahrscheinlich, dass dies gelingt. Dass das Clinton-Team diese Einschätzung teilt, zeigt sich darin, dass es nicht selber die Initiative für Neuauszählungen ergriff, sondern jetzt lediglich Vorstöße der - bei der Wahl völlig chancenlosen - Stein unterstützt.
Darum hat Trump gewonnen
Clinton schnitt trotz Trumps frauenfeindlicher Äußerungen in der Wählergruppe deutlich schwächer ab als im Vorfeld erwartet. Zwar erhielt sie von Frauen zwischen 18 und 34 Jahren deutlich mehr Unterstützung als Trump, insgesamt aber betrug ihr Vorsprung bei Frauen mit 49 Prozent nur zwei Prozentpunkte. Zum Vergleich: Der scheidende Präsident Barack Obama schnitt 2012 bei Frauen sieben Prozentpunkte besser ab als sein damaliger Herausforderer.
Clinton kam Umfragen zufolge deutlich besser bei Amerikanern mit spanischen Wurzeln, Afroamerikanern, und Amerikanern mit asiatischen Wurzeln an. Allerdings erhielt sie nicht so viel Rückhalt wie Obama vor vier Jahren, der seine Wiederwahl besonders den Stimmen der Minderheiten verdankte.
Trump punktete besonders bei Wählern ohne College-Ausbildung. Insgesamt betrug sein Vorsprung auf Clinton in dieser Gruppe zwölf Prozentpunkte. Bei weißen Männern ohne höheren Bildungsabschluss schnitt er sogar um 31 Prozentpunkte besser ab, bei weißen Frauen ohne Abschluss waren es 27 Prozentpunkte.
Streng gläubige weiße Amerikaner haben Trump die Treue gehalten - trotz der sexuellen Missbrauchsvorwürfe, die gegen den Milliardär im Wahlkampf erhoben wurden. Etwa 76 Prozent der Evangelikalen gaben an, für Trump gestimmt zu haben.
Clinton tat sich in Ballungsräumen schwer, obwohl dort in der Regel viele Anhänger der Demokraten leben. Ihr Vorsprung auf Trump betrug dort gerade einmal sechs Prozentpunkte. In ländlichen Regionen schnitt Trump dagegen um 27 Prozentpunkte besser ab.
Im Wesentlichen wird sich das Engagement des Clinton-Lagers auf die Entsendung von Beobachtern bei der Neuauszählung beschränken.
Stein hat bereits einen „Recount“ in Wisconsin beantragt, der genehmigt wurde, und plant entsprechende Petitionen auch in Michigan und Pennsylvania. Trump hatte in Wisconsin mit einem Vorsprung von 22 177 Stimmen gewonnen, wie die „New York Times“ am Sonntag schrieb. In Pennsylvania gewann er demnach mit einem Vorsprung von 70 638 Stimmen, und in Michigan, wo das Ergebnis erst am Montag offiziell feststehen wird, liegt er mit 10 704 Stimmen vorn.
Was sind Swing States und warum sind sie so wichtig?
Die sogenannten „Swing States“ (Wechselwählerstaaten) oder auch „Battleground States“ (Schlachtfeld-Staaten) sind besonders heiß umkämpft. Anders als in anderen Staaten wie beispielsweise New York oder Texas machen hier nicht regelmäßig nur Demokraten oder Republikaner das Rennen, sondern Mehrheiten können auch mal von der einen zur anderen Partei wechseln.
Quelle: dpa
Die Demokraten schneiden an der Ost- und Westküste und die Republikaner im Süden und im mittleren Westen traditionell gut ab. Nur reichen diese Hochburgen für die Demokratin Hillary Clinton oder den Republikaner Donald Trump allein nicht aus, um ins Weiße Haus einzuziehen. Wahlentscheidend sind letztendlich die „Swing States“
In diesem Wahljahr stehen nach Angaben der „Washington Post“ in 15 Staaten spannende und teils ganz enge Rennen bevor. Besonders begehrt sind dabei Florida, North Carolina, Ohio und Pennsylvania, weil diese im Vergleich zu anderen Staaten mehr Wahlmänner und -frauen bestimmen. Diese wählen stellvertretend für das amerikanische Volk den US-Präsidenten und seinen Vize. Jeder Bundesstaat entsendet eine bestimmte Anzahl von Wahlmännern, die sich nach der Bevölkerungsgröße des Staates richtet. Und dann gibt es Staaten, die Clinton oder Trump eigentlich schon fest auf der Haben-Seite verbucht hatten, in denen es aber plötzlich wieder eng wurde. Dazu gehört beispielsweise New Hampshire. Lange sah es so aus, als ob Clinton den Ostküstenstaat sicher gewinnen würde.
Die Neuauszählung in Wisconsin muss bis zum 13. Dezember abgeschlossen sein. Will Stein auch entsprechende Anträge in den beiden anderen Staaten einreichen, muss sie das der „Washington Post“ zufolge in Pennsylvania spätestens am Montag tun, in Michigan am Mittwoch. Dann laufen die Fristen ab.
Trump warf Stein einen „Schwindel“ vor. In einer schriftlichen Erklärung unterstellte er der Grünen, die insgesamt weniger als ein Prozent der Stimmen erhalten habe, lediglich ihre Kasse füllen zu wollen. Er bezog sich dabei darauf, dass Stein in den vergangenen Tagen mehr als fünf Millionen Dollar an Spenden zur Finanzierung der Neuauszählung gesammelt hatte. Vermutlich stammen die Gaben größtenteils von Clinton-Anhängern.
Computer-Experten hatten darauf hingewiesen, dass die in Wisconsin benutzten Wahlautomaten anfällig für Hackerangriffe seien und deswegen in anderen Bundesstaaten, etwa Kalifornien, nicht benutzt werden dürfen. Die favorisierte Clinton hatte in Stimmbezirken, in denen Wahlmaschinen benutzt wurden, deutlich schlechter abgeschnitten als in Wahllokalen, wo auf handgeschriebene Stimmzettel gesetzt worden war.
Der Rechtsberater des Clinton-Teams, Marc Elias, erklärte am Samstag, eigene Nachprüfungen hätten keine Beweise für Unstimmigkeiten erbracht. Daher habe das Clinton-Lager selber auch keine Nachzählungen beantragt. Aber jetzt, da Stein die Initiative ergriffen habe, „beabsichtigen wir eine Teilnahme, um sicherzustellen, dass der Prozess in einer Weise erfolgt, die fair für alle Seiten ist“.
Landesweit waren bei der Wahl am 8. November auf Clinton rund zwei Millionen mehr Stimmen entfallen als auf Trump. Die Vergabe der Wahlmänner erfolgt jedoch auf Basis der Bundesstaaten nach dem Winner-Takes-All-Prinzip: Hohe Siege zählen nicht mehr als knappe.