Máximo López erfüllt so ziemlich alle Klischees des typischen Kubaners. Seine Haut ist sonnengebräunt, in seiner Hemdtasche stecken zwei dicke Zigarren und zum Gespräch bestellt er einen café con leche, einen Milchkaffee. Dem 70-Jährigen geht es gut, und er zeigt es. „Kuba ist die Perle der Karibik“, behauptet er, zieht an der Zigarre und lässt sich in die Sitzpolster des Cafés fallen. Das Wetter sei das ganze Jahr hervorragend, der Havanna-Rum der beste der Welt. Und dann gäbe es ja noch den fürsorglichen Staat. „Die Bildung ist kostenlos, vom Kindergartenalter bis zur Universität, die Gesundheitsvorsorge ebenso, ja selbst für das Wohnen zahlen viele Kubaner nichts“, zählt López die Vorteile seines Landes auf. „Wo gibt es das schon?“, fragt er rhetorisch.
López ging es schon immer gut auf Kuba, zum Studieren durfte er in den 1960er-Jahren nach Dresden. Zwar wurde es nichts mit dem Wunschfach (Film- und Kulturwissenschaften), López wurde zum Ingenieur ausgebildet, doch das mündete immerhin in eine Karriere im kubanischen Verkehrsministerium. Heute arbeitet er für das deutsche Logistikunternehmen Hellmann – und organisiert den Export der berühmten kubanischen Zigarren. López beugt sich nach vorne, seine Stimme wird merklich leiser: „Und hier ist das Problem: Wirtschaften auf Kuba erfordert gute Nerven und viel Geduld.“
Sonderfall Kuba
Kuba ist politisch und wirtschaftlich einer der letzten Restposten des Kommunismus auf diesem Planeten. Die kommunistische Partei bestimmt das öffentliche Leben. Opposition gibt es keine, wer negativ auffällt, landet im Knast. Wohlstand und Eigentum sind verpönt, der Traum von der egalitären Gesellschaft wird gelebt. Vor fünf Jahren wurden erste leichte Wirtschaftsreformen umgesetzt. Tausende Einheimische haben Restaurants eröffnet, führen Touristen durch die Stadt und vermieten ihre Wohnungen; doch noch immer passt der Staat auf, dass keiner an den zahlungskräftigen Touristen aus dem Ausland zu gut verdient. Bevor das große Geschäft lockt, werden Lizenzen entzogen oder die Einkünfte maximal besteuert.
Mit dem Besuch von US-Präsident Barack Obama vor genau zwei Jahren keimte kurz Hoffnung auf, die Erzfeinde, die 1962 die Welt an den Rand eines Atomkrieges geführt hatten, könnten sich annähern. Dieser Traum ist ausgeträumt. Mit der Wahl von Donald Trump zum mächtigsten Mann der Welt ist die Normalisierung der Beziehungen und damit auch die erhoffte Öffnung Kubas komplett ins Stocken geraten. Und der Alltag für viele Einheimische und speziell für viele Unternehmen trotz neun bis zehn Sonnenstunden am Tag grau.
„Die Problemliste ist ellenlang“, sagt der Manager eines deutschen Unternehmens. Schonungslos benennt er die Probleme, bittet aber anonym zu bleiben. Ansonsten drohen die Aufträge auszubleiben. Schließlich ist Kuba eine Planwirtschaft. „Der Staat ist der einzige Kunde“, so der Deutsche.
Die Hürden für ausländische Investoren beginnen bereits ganz am Anfang, bei den Genehmigungen. Einmal im Jahr, im November, gibt der Staat einen Investitionskatalog heraus. Darin werden Projekte genannt, die für die Regierung Priorität haben, und für die Geld locker gemacht werden soll. Derzeit vor allem Programme in der Landwirtschaft, im Energiewesen und im Tourismus. „Der Wunsch, mit erfahrenen Partnern aus dem Ausland zusammenzuarbeiten, ist da“, so der Vertreter aus Deutschland. Doch alles brauche Zeit. Viel Zeit. „Keiner trifft hier Entscheidungen. Jeder sichert sich wieder und wieder ab. Manchmal hat man den Eindruck, die Projekte müssen von Staatschef Raúl Castro persönlich abgesegnet werden.“ Zwei Jahre könne es locker dauern, bis eine Genehmigung erteilt ist.
Dann kann die Arbeit beginnen – mit kubanischen Partnern natürlich. Ausländische Unternehmen stellen meist die Projektleitung, doch Kubaner führen die Arbeit aus. Angeheuert werden die von einer staatlichen Personalagentur. Hier sind und bleiben die Einheimischen auch angestellt. „Im Grunde sind das klassische Leiharbeitsfirmen“, so der deutsche Manager. Die Kosten betragen zwischen 500 bis 800 US-Dollar pro Mitarbeiter pro Monat. „Davon bekommt der Angestellte etwa 20 US-Dollar an Lohn ausgezahlt, den Rest kassiert der Staat.“
Was Kuba deutschen Unternehmen bieten kann
So bleibt die Motivation für die Mitarbeiter gering. Sie kassieren einen Hungerlohn; im Ausland können sie – nachdem sie von den Partnern aus dem Kapitalismus ausgebildet wurden – deutlich mehr verdienen. „Länder wie Spanien werben die Kräfte gezielt ab“, berichtet der desillusionierte deutsche Manager im Hintergrundgespräch. Direkt auf Expats zu setzen, würde nicht gehen. „Das sprengt jede Kalkulation auf Kuba.“ Mit Bonuszahlungen an die einheimischen Fachkräfte versuchen die Unternehmen gegenzusteuern. Der Erfolg: überschaubar.