NATO, Handel und transatlantisches Verhältnis „Amerika war immer die Fackel der Freiheit“

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„Die Biden-Administration wird also einiges reparieren müssen“

Trotzdem bleiben Streitpunkt zwischen den USA und Deutschland. Der Kongress etwa verabschiedete erst kürzlich wieder neue Sanktionen gegen das deutsch-russische Pipelineprojekt Nord Stream 2. Wie werden die Vereinigten Staaten regieren, wenn der Bau abgeschlossen werden sollte?
Ich halte Nord Stream 2 für einen schlechten Deal. Das Projekt ist nicht gut für die Energieversorgung Europas und auch nicht für die europäische Wirtschaft. Ich denke aber nicht, dass das Projekt die transatlantischen Beziehungen grundsätzlich in Frage stellen sollte. Wenn man mit einem Freund und Alliierten in einer Frage unterschiedlicher Auffassung ist, dann spricht man das offen an. Das haben wir getan. Aber würden wir wegen Nord Stream 2 eine Scheidung in Erwägung ziehen? Natürlich nicht!

Welchen Anteil hat das Interesse der amerikanischen Energiewirtschaft in Europa LNG zu verkaufen am Widerstand gegen die Pipeline?
Ich weiß nicht, wie groß der Anteil ist. Es mag für einige eine Rolle spielen. Für mich als Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Repräsentantenhauses tut es das nicht. Mir geht es darum, einen schlechten Deal für die Energiepolitik unserer europäischen Partner abzuwenden.



Der Fokus der amerikanischen Außenpolitik scheint sich in den vergangenen Jahren zunehmend Richtung Asien verschoben zu haben – vom „Pivot to Asia“ unter Obama bis zu Trumps Handelskrieg mit China. Welche Rolle kommt Europa aus amerikanischer Sicht in diese Auseinandersetzung zu?
China wird auf absehbare Zeit Teil unserer Konversationen bleiben. Und das muss angesichts der Bevölkerungsentwicklung auch so sein. Der beste Weg mit China umzugehen ist aus meiner Sicht jedoch nicht, Europa und unsere europäischen Verbündeten zu vergessen. Wir müssen uns den Herausforderungen durch Chinas Aufstieg gemeinsam mit unseren Alliierten stellen. Wir dürfen zudem nicht vergessen, dass China zuletzt an Einfluss gewonnen hat, weil die USA sich von der internationalen Bühne zurückgezogen und wir Peking so Raum geboten haben, sich auszubreiten. Wir müssen jetzt gemeinsam mit unseren europäischen Partnern China signalisieren, dass wir es nicht ausschließen wollen, aber dass es sich an Regeln halten muss. Das Ziel muss sein, gemeinsame globale Lösungen zu finden, um beispielsweise im Bereich Klimawandel echte Fortschritte auf der ganzen Welt zu machen. Und dafür brauchen wir klare Regeln und einen fairen Umgang miteinander.

Gibt es im außenpolitischen Erbe der Trump-Administration etwas, dass sich Präsident Biden zu eigen machen sollte?
Sehr wenig. Es ist eine positive Entwicklung, dass einige arabische Staaten Israel anerkannt haben. Ich hoffe, dass wir darauf aufbauen können und so auch die Palästinenser für echte Verhandlungen an den Tisch bekommen.

Im Bereich der transatlantischen Beziehungen fällt Ihnen nichts ein?
Nein. Was denn auch? Gleich zu Beginn seiner Amtszeit hat er die Existenz der NATO bedroht. Er scheint die EU zu verachten und hat den Brexit unterstützt. Er hat das Pariser Abkommen verlassen und den Atomdeal mit dem Iran. Mir fällt wirklich nichts ein, was die Beziehungen über den Atlantik in den vergangenen vier Jahren gestärkt hätte. Wir haben uns vielmehr voneinander entfernt. Die Biden-Administration wird also einiges reparieren müssen – und ich werde als Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses alles dafür tun, um dabei zu helfen.

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Wird Biden neben der Reparaturmaßnahmen überhaupt noch Kapazitäten haben, um die Beziehungen nach vorne zu entwickeln?
Natürlich wird es Initiativen geben, die Beziehungen auszubauen. Ich erwarte etwa Vorstöße über eine Zusammenarbeit im Bereich nachhaltiger Entwicklung oder bezüglich der Beziehungen zu Afrika. Aber wir müssen auch das Vertrauen unserer Partner zurückgewinnen. Da ist in den vergangenen Jahren viel verloren gegangen. Trotzdem spüre ich eine große Freude darüber, dass die USA wieder mit am Tisch sitzen werden.

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