Post aus Harvard

Vor diesen Problemen steht China

Martin Feldstein Quelle: Bloomberg, Montage
Martin S. Feldstein US-amerikanischer Ökonom, Professor für Wirtschaftswissenschaften und ehemaliger Oberster Wirtschaftsberater für US-Präsident Ronald Reagan Zur Kolumnen-Übersicht: Post aus Harvard

Die Chinesen haben Grund zur Zuversicht: Ein neuer Fünfjahresplan, auch noch der dreizehnte in der Geschichte der Volksrepublik? Das klingt wie kommunistische Planwirtschaft, ist aber etwas ganz anderes. Die politische Führung in Peking hat ihre wirtschaftspolitischen Ziele für die Jahre bis 2020 formuliert und auch die Mittel skizziert, mit denen sie China auf einen Kurs stetigen starken Wachstums ohne Überhitzung bringen will. Unser Kolumnist hat sich den Plan angeschaut und in China umgesehen. Warum er optimistisch für das Riesenland und welche Maßnahmen er den chinesischen Politikern besonders ans Herz legt.

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Die chinesische Nationalflagge. Quelle: dpa

Vor einigen Wochen war ich in Peking, als die chinesische Regierung eine zusammengefasste Vorschau auf ihren dreizehnten Fünfjahresplan veröffentlichte. Um zu verstehen, wo China bis 2020 hinsteuert, ist das ein überaus wichtiges Dokument. Aber Vorsicht: chinesische Fünfjahrespläne sind auch nicht mehr das, was sie einmal waren.

Denn Chinas Wirtschaft ist natürlich nicht mehr das staatseigene und vom Staat gesteuerte System wie vor 30 Jahren, als ich zum ersten Mal das Land besuchte. Damals gab es keine privaten Unternehmen. Und wenn einer, der nicht für den Staat oder einen staatseigenen Betrieb agierte, jemanden zur Arbeit anstellte, machte er sich strafbar. Und heute? Da arbeiten nur noch 20 Prozent der chinesischen Werktätigen für staatseigene Unternehmen. Die Mehrheit der chinesischen Betriebe ist dynamisch, dezentralisiert und in privater Hand. Ausländische Unternehmen sind wichtige Mitspieler im ökonomischen Geschehen.

Dementsprechend kann der neue Fünfjahresplan kein exakter Fahrplan für den weiteren Ausbau der Industrie sein wie früher. Zu lesen ist darin vielmehr, was die chinesische Führung innerhalb eines von der Regierung gesetzten Rahmens zu erreichen hofft. Das Hauptziel ist die allgemeine Verbesserung des Lebensstandards. Peking erstrebt ein gezügeltes, aber immer noch starkes Wachstum, will den Anteil des privaten Konsums am Bruttoinlandsprodukt (BIP) erhöhen und die Qualität der Atemluft und des Trinkwassers verbessern. Die Instrumente dazu sind eine Kombination von Geld- und Haushaltspolitik wie in westlichen Ländern, vom Staat finanzierte Entwicklung der Infrastruktur und neue Bestimmungen zum Beispiel in der Umweltpolitik.

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China ist ein relativ armes Land

Eines der Schlüsselziele steht schon seit 2010 fest: die Verdopplung des Bruttoinlandsprodukts und der individuellen Realeinkommen bis 2020. Die chinesische Regierung teilt jetzt offiziell mit, dass hierfür das BIP im kommenden Jahrfünft um 6,5 Prozent pro Jahr steigen muss. China ist heute immer noch ein relativ armes Land, das BIP pro Kopf beträgt ungefähr ein Viertel des entsprechenden Wertes für die USA. Da erscheint auch eine derart hohe Wachstumsrate nicht unrealistisch.

Viele Beobachter betrachten die offiziellen chinesischen BIP-Daten mit Skepsis und zweifeln auch an der Fähigkeit des Landes, ein solches Wachstum aufrecht zu erhalten. Ihre Haltung speist sich aus ganz verschiedenen Nachrichten in jüngster Zeit, die auf schwache Produktionszahlen in verschiedenen Branchen hinweisen. Es gibt Schlagzeilen über verminderte Industrieproduktion, über den sinkende Exportzahlen für verschiedene Waren, auch über Betriebsschließungen in einigen Branchen.

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Aber auch wenn ich mich nicht rühmen kann, ein Experte für chinesische Wirtschaftsstatistik zu sein, scheinen mir diese Berichte doch eine ebenso natürliche wie irreführende Folge der bewussten Absicht der Staatsführung zu sein, dem Wirtschaftssystem eine neue Orientierung zu geben: vom Ausbau der Industrie und Steigerung des Exports hin zu Dienstleistungen und mehr privatem Verbrauch im Inland. Chinesische Wirtschaftsexperten betonen den Boom ihres Dienstleistungssektors: Der sei stark genug, um das auf fünf Prozent oder noch weniger reduzierte industrielle Wachstum so auszugleichen, dass sich die derzeitige gesamtwirtschaftliche Wachstumsrate von etwa sieben Prozent ergebe.

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