Bei den Wählern kommt das mitunter gut an. Denn sie schätzen das politische Establishment in Washington, wie Umfragen ergeben haben, ebenso wenig. Vor allem interessiert sie nicht, wofür ihr Kandidat steht, sondern wofür er nicht steht: nämlich für Hillary Clinton. Befragt nach den Gründen, warum Wähler für Trump stimmen würden, sagten 33 Prozent: „Er ist nicht Clinton.“ Keine Begründung war wichtiger. Bei den Clinton-Wählern ist das nicht anders. Dort sagen 32 Prozent: „Sie ist nicht Trump.“
Die Ablehnung des jeweils anderen Kandidaten als Hauptmotiv, um für einen Kandidaten zu stimmen, sagt viel über den Zustand des politischen Systems in den Vereinigten Staaten aus. Die Bürger sind unzufrieden. Und diese Unzufriedenheit begünstigt eine politische Debattenkultur, die an Niveaulosigkeit kaum zu überbieten ist.
Die Strategien von Trump und Clinton sind darauf angelegt, den politischen Gegner zu diffamieren. Es geht nicht um konstruktive Inhalte, sondern banale Zerstörung. Bei der zweiten TV-Debatte ließ sich diese Destruktivität beobachten. Wenn Trump Präsident wäre, würde er einen Sonder-Ermittler auf Clinton setzen, „um sie ins Gefängnis bringen“, sagte er.
Tiefer fallen kann die politische Kultur derzeit kaum noch. Für die größte Demokratie der Welt ist das, was sich zwischen San Francisco und New York abspielt, ein Trauerspiel. Dafür sind vor allem zwei Punkte ursächlich.
Zum einen lässt das Wahlsystem der Vereinigten Staaten de facto nur zwei große Parteien zu. Für die Auszählung der Stimmen gilt das Gewinner-bekommt-alles-Prinzip. Wer in einem einzelnen Bundesstaat die meisten Stimmen auf sich vereint, bekommt sämtliche Wahlmänner dieses Staates zugesprochen. Dieses System sorgt dafür, dass kleine Parteien niemals eine Chance haben, einen aussichtsreichen Kandidaten aufzustellen. Der libertäre Gary Johnson und die grünen Jill Stein wahlkämpfen vor allem aus ideologischen Gründen. So ein System begünstigt den Parteifilz.
Zum anderen machen sich vor allem jene Kandidaten auf den Weg, Präsident der Vereinigten Staaten zu werden, die über ein entsprechendes Vermögen verfügen. Eher selten kommt es vor, dass einer aus der Mittelschicht wie Obama zum Zuge kommt. Stattdessen befördert das System politische Dynastien wie die Kennedys, die Bushs und die Clintons ins Weiße Haus. Allesamt mit freundlicher und geldgütiger Unterstützung der Großindustrie.
Ginge es nach der Bush-Dynastie, wäre auch dieses Jahr wieder ein Bush dran. Doch Jeb Bush versagte kläglich in den Vorwahlen vor einem Dreivierteljahr. Trump war der Überraschungssieger. Heute sind viele Etablierten darüber so unzufrieden, dass einige Top-Politiker bereits forderten, Trump abzusetzen und seinen Vize Mike Pence ins finale Rennen um das höchste politische Amt zu schicken. Doch Trump weiß, dass er nicht einfach so abgesetzt werden kann. Und er weiß viele Wähler hinter sich.
Die Wirtschaftsberater von Donald Trump
Der Hedgefondsmanager wettete 2007 gegen den überhitzten Immobilienmarkt und machte dadurch Milliarden Dollar Gewinn für sich und seine Investoren. Jüngst waren seine Einschätzungen zu Aktienentwicklungen und Konjunktur jedoch weniger akkurat. In den vergangenen fünf Jahren büßten seine Investments massiv an Wert ein.
Quelle: Reuters
Der Investmentmanager ist Chef der von ihm 1992 mitbegründeten Beteiligungsgesellschaft Cerberus Capital Management. Unter seiner Führung war das Unternehmen auch größter Anteilseigner von Chrysler, bis der Autobauer 2009 mit staatlicher Hilfe saniert wurde.
David Malpass war Vize-Staatssekretär im Finanzministerium unter Präsident Ronald Reagan und Vize-Staatssekretär im Außenministerium unter Präsident George Bush senior sowie Chefvolkswirt der Investmentbank Bear Stearns. Derzeit leitet er die Investmentberatungsfirma Encima Global. Er ist ein scharfer Kritiker der Geldpolitik der US-Notenbank, fordert mehr Investitionen in die Infrastruktur und Steuersenkungen.
Peter Navarro ist der einzige Vertreter auf Trumps Beraterliste, der in Wirtschaftswissenschaften promovierte. Derzeit lehrt er als Wirtschaftsprofessor an der University of California in Irvine. Drei seiner neun Bücher befassen sich kritisch mit Chinas Rolle in der Welt. Er fordert einen Importzoll in Höhe von 45 Prozent auf chinesische Waren. Die USA sollten seiner Meinung nach eine strengere Haltung zu Diebstahl geistigen Eigentums und in Handelsfragen einnehmen.
Howard Lorber ist Chef der Vector Group, die Zigaretten herstellt und im Immobiliengeschäft aktiv ist. Laut Trumps Wahlkampfstab ist Lorber einer der besten Freunde Trumps.
Der Investmentmanager konzentriert sich auf Finanzierungsvorhaben in der Unterhaltungsbranche. Der Ex-Goldman-Sachs-Partner ist Chef der Beteiligungsgesellschaft Dune Capital Management. Er hat in der Vergangenheit häufig Geld an die Demokraten gespendet, einschließlich deren Kandidatin Hillary Clinton. Mit Trump ist er nach eigenen Angaben seit mehr als 15 Jahren privat und beruflich verbunden.
Dan Dimicco ist Ex-Chef der Nucor Corp, einem der größten US-Stahlproduzenten. Er ist ein scharfer China-Kritiker und tritt ein für neue Handelsregeln zugunsten der US-Industrie.
Stephen Moore ist einer der führenden konservativen US-Wirtschaftsexperten, der für das "Wall Street Journal" arbeitete und derzeit der Denkfabrik Heritage Foundation angehört. Er gründete die Anti-Steuern-Lobbygruppe Club of Growth.
Der Immobilienfinancier und Hotelentwickler ist ein langjähriger Freund Trumps. Er ist Gründer und Chef der Beteiligungsgesellschaft Colony Capital.
Für die Republikaner bleibt daher die Frage, was denn aus der zersplitterten und völlig aufgelösten republikanischen Partei in Zukunft werden wird. Sollte Trump gewinnen, dürfte sich die Partei weiter radikalisieren. Trump hätte bewiesen, dass er mit anti-liberalen, anti-muslimischen und anti-Freihandels-Argumenten die breite Masse hinter sich bringen kann.
Sollte Trump verlieren, dürfte zunächst eine Rolle spielen, wie knapp die Wahl ausgegangen ist. Verliert er klar, dürften die moderaten Kritiker künftig den Ton angeben. Fällt die Wahl knapp aus, dürfte dies die Partei weiter spalten: in erzkonservative Trump-Anhänger und moderate Reformer. Die Präsidentschaftswahl am 8. November ist damit auch eine Wahl über die Zukunft der Grand Old Party.