Russland Putin gibt umstrittene Krim-Brücke für Züge frei

Erstmals seit fünf Jahren gibt es wieder eine Zugverbindung auf die Schwarzmeer-Halbinsel Krim. Die EU reagierte auf die Eröffnung mit harter Kritik.

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2020 sollen auf der Straße und den Schienen 14 Millionen Passagiere und 13 Millionen Tonnen Waren transportiert werden. Quelle: dpa

Mit einer Zugfahrt auf der längsten Brücke Russlands und Europas hat Präsident Wladimir Putin den Bahnverkehr zur Schwarzmeer-Halbinsel Krim freigegeben. Das russische Staatsfernsehen zeigte am Montag in einer Live-Sendung, wie Putin zuerst beim Lokführer in der Kabine stand. „Pojechali“ - „Los geht's“, sagte er.

Eine echte „Schönheit“ sei die Brücke, die erstmals seit 2014 nun wieder Bahnfahrten auf die Krim ermöglicht. Die EU und die USA kritisieren das Bauwerk als illegal, weil die Krim völkerrechtlich zur Ukraine gehört. Die Ukraine, die den Zugverkehr von ihrem Kernland aus nach der Annexion eingestellt hatte, verhängte Sanktionen gegen die Baufirmen.

Putin dagegen zeigte sich überglücklich, weil hier mit Talent und beharrlicher Zielstrebigkeit gezeigt werde, „dass Russland in der Lage ist, solche Infrastrukturprojekte auf Weltniveau umzusetzen“. „Das ist nicht nur die größte Brücke Russlands, sondern von ihrer Ausdehnung her auch die größte Brücke in Europa“, betonte er.

Das Bauwerk in der Meerenge von Kertsch – zwischen Schwarzem und Asowschem Meer – ist 19 Kilometer lang. Die Kosten werden mit 228 Milliarden Rubel (3,3 Milliarden Euro) angegeben. Den Autobahnteil der Brücke hatte Putin bereits voriges Jahr eröffnet.

Die EU reagierte mit scharfer Kritik auf die Einweihung am Montag. Die Freigabe der Strecke stelle eine weitere Verletzung der territorialen Unversehrtheit und der Souveränität der Ukraine dar, teilte ein Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell mit. Die Eisenbahnverbindung sei ein zusätzlicher Schritt zur Zwangsintegration der widerrechtlich annektierten Halbinsel.

Güterverkehr erst 2020

Zudem schränke die Brücke den Schiffsverkehr ein, der durch die Meerenge von Kertsch zu ukrainischen Häfen im Asowschem Meer führe. „Die EU erwartet von Russland, dass es eine ungehinderte und freie Durchfahrt durch die Straße von Kertsch sicherstellt“, sagte der Sprecher.

Putin kennt die Haltung der EU seit langem, ließ sich davon jedoch nicht beirren. Mit Arbeitern trank der Kremlchef in einem Speisewagen Tee, während der Zug von Kertsch zur russischen Halbinsel Taman fuhr. „Das ist ein großes Ereignis“, sagte Putin am Bahnhof. Nach mehr als vier Jahren Bauzeit für die Gleise rollen nun auch die ersten Züge pünktlich vom russischen Kernland auf die Halbinsel.

Das Fernsehen zeigte den Start aus St. Petersburg, wo die ersten 530 Passagiere im Zug saßen. Sie sollen in der Nacht zum Mittwoch auf der Krim ankommen. Tägliche Verbindungen sind von Moskau in die Krim-Hauptstadt Simferopol und von St. Petersburg in die Schwarzmeer-Stadt Sewastopol geplant. Im Sommer sollen es mehr Züge sein.

Nach Angaben des russischen Verkehrsministeriums werden später auch aus anderen Städten Verbindungen auf die bei Touristen beliebte Halbinsel eingerichtet. Vor allem Reiseanbieter hoffen auf einen neuen Touristenboom. Die Urlauberzahlen auf der Krim waren massiv eingebrochen, nachdem die Ukraine die Zugverbindung eingestellt hatte.

Auf der Krimbrücke – Straße und Schiene – sollen im kommenden Jahr 14 Millionen Passagiere und 13 Millionen Tonnen Waren transportiert werden. Der Güterverkehr per Bahn soll erst später 2020 starten. Vor allem die Krim-Bewohner erhoffen sich einen wirtschaftlichen Aufschwung durch die neue Verkehrsanbindung.

Putin sprach von einem „sehr erfreulichen Ereignis“ für die Menschen auf der Halbinsel. In der 145-jährigen Geschichte der Eisenbahnverbindungen zur Krim habe es nur drei Unterbrechungen gegeben – zur Oktoberrevolution 1917, im Zweiten Weltkrieg zur Zeit der deutschen Besatzung dort und 2014. Davor fuhren die Züge von Russland durch die Ukraine auf die Krim.

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