Schuldenkrise Wer kassiert unser Geld der Griechenland-Rettung?

Seite 2/6

Die EZB ist unter Trichet zum Quelle: dpa

Der Weg des Geldes führt zu Beginn in einen Glasturm in Frankfurt am Main, vor dem ein großes, blau leuchtendes Euro-Zeichen steht. Es ist der Eurotower, der Sitz der Europäischen Zentralbank. Hierher überweist die deutsche Staatsbank KfW am 16. März im Auftrag der Bundesregierung 600 Millionen Euro, den letzten Teil der 8,4 Milliarden. Das Geld geht auf dem EZB-Konto mit der Nummer 405099200 ein. Von dort fließt es noch am selben Tag weiter an die Griechische Zentralbank. Damit alles seine Ordnung hat, ist – wie bei einer gewöhnlichen Überweisung – auch diesem Transfer ein Verwendungszweck angefügt: "Euro Area Stability Support to Greece".

Das Geld ist nun also in Athen, die Griechische Zentralbank leitet es weiter an das Finanzministerium. Es ist nicht mehr weit entfernt von Kostas Mpichtas’ Lebensmittelladen in Piräus. Es gehört jetzt den Griechen.

Das Geld geht an die Besitzer der Anleihen

"Den Griechen? Nicht wirklich", sagt Petros Christodoulou. Bei Christodoulou, 52, kommt derzeit ziemlich viel Geld zusammen. Es stammt aus Deutschland, Frankreich, Belgien, Finnland, Italien. 43 Milliarden Euro seit vergangenem Sommer. Den Umgang mit solchen Summen ist Christodoulou gewohnt. Er war früher Investmentbanker. Er hat bei der Schweizer Großbank Credit Suisse gearbeitet, bei den US-Banken JP Morgan und Goldman Sachs. Dann hat er gekündigt. Er wollte lieber seinem Land dienen.

Christodoulou arbeitet heute für die griechische Regierung und leitet die Finanzagentur PDMA, das Schuldenbüro des Finanzministeriums. Er ist verantwortlich dafür, dass Griechenland seine Verbindlichkeiten begleicht. Dafür braucht er die 43 Milliarden. Er sagt: "Wir sind gezwungen, das Geld gleich weiterzuüberweisen, an die Besitzer unserer Anleihen."

Aus prestiti wurde GR 0124017519

Um diesen Satz zu verstehen, muss man sich für einen Moment aus der griechischen Krise ins italienische Mittelalter begeben. Im 13. Jahrhundert führte Florenz Krieg gegen Venedig, Venedig kämpfte gegen Genua. Die Stadtstaaten mussten Söldner finanzieren, Schwerter und Lanzen bezahlen, aber ihre Kassen waren leer. Also kamen die Regenten, selbst Kaufleute, auf die Idee, sich Geld von den eigenen Bürgern zu leihen. Als Gegenleistung erhielt jeder Gläubiger ein Papier, auf dem stand, wie viel der Staat ihm schuldet, zuzüglich Zinsen. Es war die Erfindung der Staatsanleihe, damals prestanze oder prestiti genannt.

Heute leben Florenz, Venedig und Genua im Frieden miteinander. Staatsanleihen aber gibt es immer noch. Sie haben sich seit damals kaum verändert. Nur heißen sie nicht mehr prestanze oder prestiti, sondern zum Beispiel GR 0124017519.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%