Schuldenkrise Wer kassiert unser Geld der Griechenland-Rettung?

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Diesen Schuldschein hat der griechische Staat am 31. Mai 2001 ausgegeben, 417 Millionen Euro hat er dafür bekommen. Geld, das die Regierung vielleicht dazu benutzte, um Lehrer zu bezahlen oder Straßen zu bauen – und Geld, das Griechenland jetzt, mitten in der Krise, zurückzahlen muss. Denn am 31. Mai 2011 lief die Anleihe aus. Und Petros Christodoulou musste zahlen.

So wie am Tag zuvor und am Tag danach, so wie an fast jedem Tag in diesen Monaten. 285 Milliarden Euro – so hoch hat sich der griechische Staat mithilfe seiner Anleihen verschuldet. Beinahe täglich müssen Zinsen überwiesen, Anleihen beglichen, Gläubiger ausbezahlt werden. Dafür braucht Christodoulou das deutsche, französische oder italienische Geld, das wieder nur geliehen ist. Oft bleiben die Milliarden bloß Stunden oder Tage in seinen Händen, dann überweist Christodoulou das Geld weiter. Nur ein sehr kleiner Teil geht direkt an griechische Bürger, etwa an Beamte, deren ausstehende Gehälter der Staat begleichen muss. Der große Rest der 8,4 Milliarden Euro aus Deutschland, der 43 Milliarden aus der gesamten Euro-Zone, aber fließt weiter: an die Besitzer der Schuldscheine mit den Buchstaben GR am Anfang.

Doch wer sind diese Besitzer? Wer kassiert das deutsche Steuergeld?

Der Staat ist abhängig von seinen Banken

Es gibt keine offiziellen Daten dazu. Aber es gibt eine Liste, die in diesen Tagen in deutschen Ministerien kursiert und die auch der ZEIT vorliegt. Die Namen der wichtigsten Gläubiger Griechenlands stehen darauf – daneben die Summen, die der griechische Staat ihnen schuldet. Die Liste gleicht einer Landkarte, auf der sich die Route des Geldes verfolgen lässt.

Ein Gutteil der Milliarden, die Petros Christodoulou von seinem Büro aus losschickt, kommt demnach nur ein paar Kilometer weit. Das Geld bleibt im Großraum Athen. Es fließt nicht zum Lebensmittelladen von Kostas Mpichtas, sondern zu griechischen Banken wie der National Bank of Greece, der Piräus Bank und der EFG-Bank. In den vergangenen Jahren haben diese Banken ihrem eigenen Staat Geld geliehen. Sie haben griechische Staatsanleihen gekauft, immer wieder. Der griechische Staat ist von diesen Geldhäusern inzwischen so abhängig wie ein kleiner Handwerker von seiner Hausbank.

Ein Schuldenschnitt würde die gesamte Wirtschaft ruinieren

Wenn ein Handwerker bankrott ist, wünscht er nichts mehr als den Schuldenschnitt, die große Befreiung von allen Verbindlichkeiten. Auch in der Griechenlandkrise ist viel von einem Schuldenschnitt die Rede. Der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou könnte vor die Kameras treten und verkünden: Wir zahlen nichts mehr, wir sind bankrott, es ist vorbei.

Doch Papandreou sagt nichts dergleichen. Er will die Schulden zurückzahlen, so aussichtslos das scheint. Denn er weiß, wie viele Staatsanleihen die großen Banken seines Landes besitzen. Würde der griechische Staat ihnen kein Geld mehr überweisen, wäre er zwar einen Gutteil seiner Schulden los. Dafür wären die griechischen Banken pleite. Und dann die griechischen Unternehmen, die bei den Banken keine Kredite mehr bekämen. Der griechische Staat wäre nicht mehr bankrott, aber dafür die griechische Wirtschaft. Das ist der Unterschied zwischen einem Handwerker und einem Ministerpräsidenten. Der eine macht ein gutes Geschäft, wenn er seine Verbindlichkeiten nicht begleicht. Der andere macht alles noch schlimmer.

48 Milliarden Euro schuldet der griechische Staat den griechischen Geldhäusern. So steht es auf der in Berlin kursierenden Liste. Bleiben Staatsanleihen in Höhe von 237 Milliarden. An ihre Besitzer fließt der Großteil des deutschen Steuergeldes. Oft legt es einen weiten Weg zurück.

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