Schulmassaker in Florida Wie US-Konservative das Engagement der Überlebenden angreifen

Nach Tragödien wie in Florida nutzen Konservative Social Media, um Waffengegner anzugreifen. Auch vor Jugendlichen machen sie nicht halt.

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Jugendliche werden zu Vorreitern der Befürworter von strengeren Waffengesetzten. Quelle: AP

New York Schüler und deren Eltern sowie Lehrer der Marjory Stoneman Douglas School in Florida sind am Mittwoch zur einer „Listening Session“ mit US-Präsident Donald Trump im Weißen Haus zusammengekommen, um über das Massaker der vergangenen Woche mit 17 Toten zu sprechen. Das etwa einstündige Treffen war emotionsgeladen, es flossen viele Tränen, und immer wieder flehten die Besucher die Politiker an, endlich etwas zu unternehmen.

Trump hielt in seiner Hand einen kleinen Zettel, das hatte einer der anwesenden Fotografen festgehalten. Darauf notierte er fünf Punkte. Notizen, die ihn wohl durch die schwierige Sitzung führen sollten.

„Was ist das Wichtigste, das ich deiner Meinung nach über deine Erfahrung wissen sollte?“, schrieb der Präsident unter Punkt 1. Punkt 2: „Was können wir tun, damit du dich sicher fühlst?“ Als letzten Punkt notierte sich Trump: „I hear you“ - offenbar eine Erinnerung an sich selbst, Mitgefühl zu zeigen. Immerhin. Der Präsident schien bemüht, den Jugendlichen im Raum das Gefühl zu geben, dass sie gehört werden.

Dass Personen des öffentlichen Interesses in den USA den Willen zum Zuhören zeigen, ist nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit; vor allem nicht in den Tagen nach einer Tragödie wie die vom vergangenen Mittwoch – die Waffen zum Gesprächsthema macht. Amerikas tödliches Lieblingsspielzeug.

Befürworter von strikteren Waffengesetzen werden mit Sätzen wie „Es ist nicht der richtige Zeitpunkt, um über Gesetze zu sprechen“ so lange hingehalten, bis das Thema abkühlt und keiner mehr drüber reden will. Und gerade in den sozialen Medien halten sich Waffenliebhaber auch nicht mit scharfen Attacken zurück. Wie die jüngsten Beispiele zeigen, machen sie dabei auch keinen Halt vor Jugendlichen.

Von dem Engagement überrascht, den die Überlebenden im Namen der Getöteten in den Tagen nach der Attacke zeigten, hagelte es Kritik von mehreren Personen: Jack Kingston, ehemaliger Kongressabgeordneter und „CNN“-Kommentator, suggerierte der „Washington Post“ zufolge in einem Tweet, dass die Schüler „von linken Waffengegnern benutzt“ würden.

Ein Vorstandsmitglied der mächtigen Waffenorganisation National Rifle Association (NRA) behauptete gar, die Jugendlichen seien Schauspieler, denen vorgegeben werde, was sie sagen sollen. Der Sohn des Präsidenten, Donald Trump jr., machte in der Folge des Massakers ebenfalls auf sich aufmerksam: Die Online-Plattform „Buzzfeed“ scheibt, dass er zwei Tweets einer rechtsgerichteten Webseite mit einem Like versah, die einen der Schüler attackierten.

„Sollten die Medien die Meinungen von Teenagern fördern, die sich in einem emotionalen Zustand befinden und die unter extremen Gruppenzwang leiden?“, schrieb Bill O’Reilly – ehemaliger TV-Moderator bei „Fox News“, der wegen Vorwürfen der sexuellen Belästigung seinen Job verlor. „Genug von den Parkland-Mariotten?“, fragte ein Filmkritiker der konservativen Nachrichtenseite „National Review“.

CNN-Kommentator Kingston setzte seine Kritik in einem späteren Interview fort: „Glauben wir wirklich, dass 17-Jährige eigenständig einen Protest organisieren werden?“ Er spielte damit auf den „March for our Lives“ am 24. März an, der Protestzug, der von den Überlebenden der Massenschießerei stark beworben wird.

Kingston hat recht. Die Jugendlichen haben das Vorhaben nicht allein organisiert. Mit ihnen engagieren sich etliche andere, die sich nicht mehr mit den Entschuldigungen der Konservativen abfinden wollen. Eltern, Lehrer und andere Verbündete werden ebenfalls dabei sein, um der Nation mitzuteilen, dass endlich etwas geschehen muss.

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