Schweiz Die Ausländer bleiben weg

Seit Jahren diskutiert die Schweiz über eine schärfere Einwanderungspolitik. Doch neue Zahlen zeigen: Immer weniger Menschen zieht es in die Schweiz. Das gilt vor allem für Deutsche. Woran das liegt.

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Mit diesen Schildern warb eine Initiative dafür, die Zuwanderung aus der EU in die Schweiz zu begrenzen. Quelle: dpa

Zürich Ob Arbeitsmigranten aus Deutschland oder Flüchtlinge aus Syrien: Die hohe Zuwanderung in die Schweiz ist seit Jahren das politische Mega-Thema bei den Eidgenossen. Nun zeigen neue Zahlen: Die Ausländer bleiben zunehmend weg.

So ist im ersten Quartal die Einwanderung in die Schweiz regelrecht eingebrochen: Der Wanderungssaldo sank in den ersten drei Monaten um 34,5 Prozent. Nur noch 15.600 Menschen seien netto seit Jahresanfang in die Schweiz gezogen, teilte das Staatssekretariat für Migration mit.

Der kräftige Einbruch speist sich aus zwei Bewegungen: Zum einen zogen weniger Menschen in die Schweiz (minus 9,7 Prozent). Gleichzeitig zogen immer mehr Menschen wieder weg (plus 11,5 Prozent).
Sollte der Trend so bleiben, würden auf das Jahr hochgerechnet noch rund 60.000 Menschen netto in das Land ziehen. Das wären deutlich weniger als in den Vorjahren: So betrugt die Netto-Einwanderung im vergangenen Jahr 71.495 Personen, 2014 waren es 78.902 und im Jahr 2013 gar 81.084.

Vor allem Deutsche kommen deutlich seltener zum Arbeiten in die Schweiz als früher. Die Zahl der Auswanderer war mit 3914 Personen in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres fast so hoch wie die Zahl der Neuankömmlinge von 4240.

„Die Zuwanderung hängt primär von der Situation auf den Arbeitsmärkten der Schweiz und jene des Auslands ab“, heißt es zur Erklärung beim Staatssekretariat für Migration. Im Zuge der Aufwertung des Schweizer Franken haben sich die Jobchancen in der Schweiz eingetrübt. Umgekehrt hält sich die deutsche Wirtschaft – auch dank des schwachen Euro – sehr robust.

So lag die Erwerbslosenquote in Deutschland nach Definition der ILO im vergangenen Jahr bei 4,3 Prozent. In der Schweiz fiel sie höher aus und betrug 4,5 Prozent.

Die bessere Konjunktur in Ländern wie Spanien und Italien hat nach Angaben des Migrationsamtes ebenfalls dazu geführt, dass die Zuwanderung aus diesen Ländern spürbar nachgelassen hat.

Auch wenn der Zuzug neuer Ausländer nachlässt: Die politische Debatte um eine Steuerung der Zuwanderung wird nicht verschwinden. Drei Jahre nach der Annahme ringt die Schweiz noch damit, die Masseneinwanderungs-Initiative umzusetzen. Sie sieht vor, dass die Schweiz die Zuwanderung auch von EU-Bürgern wieder selbst mittels Kontingenten steuern soll. Der neue Verfassungsartikel steht aber im Widerspruch zu vertraglichen Verpflichtungen der Schweiz. So hat das Land mit der EU per Staatsvertrag vereinbart, dass für EU-Bürger in der Schweiz die Personenfreizügigkeit gilt.

Die Gespräche über diese Quadratur des Kreises mit der EU liegen derzeit auf Eis. Der Grund ist die Abstimmung der Briten über den Verbleib der EU, die für Juni geplant ist. Auch in Großbritannien ist die Zuwanderung von EU-Bürgern aus den Osteuropäischen Staaten ein Reizthema.

Der angenommene Verfassungstext sieht indes vor, dass bis 2017 der neue Steuerungsmechanismus eingesetzt werden soll. Daher hat die Schweizer Regierung einen Gesetzestext mit einer Schutzklausel in die parlamentarischen Beratungen begeben. Grob gesagt sieht diese Schutzklausel vor, dass die Regierung jährliche Höchstzahlen für die Bewilligung von Menschen aus der EU und den Efta-Staaten festlegt, sollte die Zuwanderung einen zuvor bestimmten Schwellenwert überschritten haben. Die genauen Zahlen dazu soll eine noch zu bildende Zuwanderungskommission vorschlagen.

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