Separatistenführer in Freiheit Fall Puigdemont – Spanien erwägt den EuGH einzuschalten

Carles Puigdemont ist vorerst wieder frei. Doch Madrid gibt sich nicht geschlagen. Die Juristen in Luxemburg könnten aktiv werden.

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Der Separatistenführer ist wieder frei. Aber Spanien bleibt weiter dran. Quelle: dpa

Neumünster/Berlin Nach knapp zwei Wochen in einem deutschen Gefängnis ist der katalanische Separatistenführer Carles Puigdemont unter Auflagen wieder frei. Es wird damit gerechnet, dass er sich am Samstag in Berlin auf einer Pressekonferenz äußern wird. In Neumünster ist für den Nachmittag eine Demonstration von Linken gegen eine Auslieferung des von der spanischen Justiz verfolgten Politikers geplant. Zu Ende ist der Streit zwischen Barcelona und Madrid aber noch lange nicht. Das Oberste Gericht Spaniens erwägt gar, den Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg einzuschalten.

Der 55-jährige Puigdemont hatte am Freitag die Justizvollzugsanstalt Neumünster verlassen und sich auf den Weg nach Berlin gemacht. Das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig hatte am Donnerstag zwar einen Auslieferungshaftbefehl erlassen, ihn aber unter Auflagen ausgesetzt. Dazu gehörte unter anderem die Hinterlegung einer Kaution von 75.000 Euro. Zudem darf Puigdemont Deutschland nicht verlassen, muss jeden Wechsel des Aufenthaltsorts mitteilen und sich einmal wöchentlich bei der Polizei melden – eigentlich in Neumünster, bei einem Wohnortwechsel kann er aber beim OLG beantragen, sich bei der dortigen Polizei zu melden. Ladungen der Justiz hat er zu folgen.

Das Oberlandesgericht hatte den Auslieferungshaftbefehl am Vortag überraschend allein wegen des Vorwurfs der Untreue erlassen – den von der spanischen Justiz vorgebrachten Hauptvorwurf der Rebellion verwarfen die Schleswiger Richter. Damit könnte Puigdemont in Spanien allenfalls noch wegen Untreue angeklagt werden, sollte er von Deutschland auf der Grundlage des Europäischen Haftbefehls tatsächlich ausgeliefert werden. Dies sehen die Vereinbarungen zwischen den EU-Mitgliedsländern über das vereinfachte europäische Auslieferungsverfahren vor.

Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) begrüßte das Vorgehen des Oberlandesgerichts. „Die Entscheidung der Richter in Schleswig ist absolut richtig. Ich habe sie so erwartet“, sagte sie der „Süddeutschen Zeitung“. Spanien müsse nun darlegen, warum sich Puigdemont einer Untreue schuldig gemacht haben soll: „Das wird nicht einfach sein“, betonte die SPD-Politikerin.

Puigdemont war am 25. März in Schleswig-Holstein festgenommen worden. Grundlage war ein Europäischer Haftbefehl Spaniens. Die Generalstaatsanwaltschaft von Schleswig-Holstein hatte das spanische Auslieferungsersuchen für zulässig erachtet und beim Oberlandesgericht einen Auslieferungshaftbefehl beantragt.

Hintergrund ist das von der Zentralregierung in Madrid untersagte und vom spanischen Verfassungsgericht für verfassungswidrig eingestufte Referendum vom 1. Oktober 2017 über die Unabhängigkeit Kataloniens sowie ein anschließender Abspaltungsbeschluss der Separatisten. Der Politiker war angesichts des anschließenden massiven Vorgehens der spanischen Behörden nach Belgien geflüchtet.

Spaniens Oberstes Gericht erwägt im Fall Puigdemont eine Anrufung des EuGH. Nach der Zurückweisung des spanischen Hauptvorwurfs der Rebellion durch das OLG in Schleswig wolle man möglicherweise ein sogenanntes Vorabentscheidungsersuchen einreichen, sagte ein Sprecher des Obersten Gerichts in Madrid der Deutschen Presse-Agentur. Der zuständige Ermittlungsrichter Pablo Llarena werde darüber in den nächsten Tagen entscheiden.

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