Streit der Golfstaaten Katar drohen vorerst keine neuen Sanktionen

Nach Ablauf des Ultimatums gegen Katar, drohen dem Golfemirat vorerst keine neuen Sanktionen. Trotzdem schwelt der Konflikt weiter. Es braucht die Vermittlung des einzigen Landes, auf das die Konfliktparteien noch hören.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Hochhäuser der Skyline von Doha, Katar. Quelle: dpa

Al-Dschasira läuft noch. Das sagt insofern etwas über den Stand der Katar-Krise, als dass das Emirat jedenfalls nicht eingeknickt ist. Unter Saudi-Arabien und seinen Verbündeten, die die kleine, aber reiche Halbinsel mit einer Blockade auf Linie bringen wollten. Sie verlangten die Abschaltung des Senders aus Doha bis Mittwochmorgen. Katar lehnte diese und auch zwölf andere weitreichende Forderungen offensichtlich ab. Das Ultimatum verstrich. Die Antwort des saudischen Bündnisses am Mittwoch in Kairo jedoch überrascht: „Wir haben uns entschieden, die Situation weiterhin eng zu verfolgen“, sagt der ägyptische Außenminister Sameh Schukri.

Keine neuen Sanktionen. Keine Eskalation. Aber offenbar Meinungsverschiedenheiten hinter den Kulissen. Als die Außenminister von Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain und Ägypten am Mittwochabend unter den Kronleuchter im Tahrir-Palast am Nil treten, waren sie schon mehr als drei Stunden überfällig, um der versammelten arabischen Presse dann mit leeren Händen gegenüberzustehen. Bröckelt die Anti-Katar-Allianz etwa? Klar ist zumindest, dass eine Lösung in der Krise noch immer weit entfernt ist. Der Konflikt schwelt weiter.

Inwiefern Bundesaußenminister Sigmar Gabriel Einfluss auf die Entscheidung hatte, ist dabei unklar. Er hatte sich bei einem Besuch am Golf in den vergangenen Tagen um Entspannung bemüht. Die Reise des SPD-Politikers folgte auf ein einschneidendes Ereignis Anfang Juni. Da begann mit den ersten Meldungen über abgebrochene diplomatische Kontakte und Grenzsperrungen etwas, das länger als nur Wochen anhalten und weiter als nur über die arabische Welt hinaus wirken wird.

Die Akteure der Katar-Krise

Auf der einen Seite stehen da Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrain und Ägypten. Sie werfen dem sehr reichen und außenpolitisch aktiven Katar vor, Terrorgruppen zu finanzieren. Deshalb blockierten sie das Emirat. Und spalteten die Region.

An dem Vorwurf der Terrorfinanzierung ist dabei mehr dran, als Katar zugeben mag. Es gilt als offenes Geheimnis, dass Geld aus dem Emirat auch den radikalsten Gegnern des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad zukommt.

Dagegen erscheint es vielen scheinheilig, wenn sich Saudi-Arabien den Kampf gegen die Terrorunterstützung auf die Fahnen schreibt. Einer am Mittwoch veröffentlichten Studie der Henry Jackson Society in London zufolge hat Riad in den vergangenen 50 Jahren Dutzende Milliarden Euro für den Export der saudischen Lesart des Islam ausgegeben. Der Wahhabismus gilt gleichzeitig als Grundlage auch für die Ideologie der Terrormiliz Islamischer Staat (IS).

Das ist Katar

Doch der vor knapp zwei Wochen eingereichte Forderungskatalog der saudisch geführten Koalition offenbarte, dass es Riad nicht nur um den Kampf gegen Extremisten geht. Katar verfolgt seit Jahren eine aktive Außenpolitik und pflegt Kontakte zum saudischen Erzfeind Iran, während sich die anderen Golfstaaten mehr oder minder der saudischen Vormachtstellung in der Region unterordneten.

Diese Unabhängigkeit ist Riad, das auch im Streit mit dem Iran zuletzt immer aggressivere Töne anschlug, schon seit Jahren ein Dorn im Auge. Katar sollte in die Schranken gewiesen werden. Nun, nachdem einem Ultimatum keine Taten Folgen, sieht das Anti-Katar-Bündnis allerdings eher aus wie ein Hund, der bellt, aber nicht beißt. Die Außenminister kündigten ein Folgetreffen in Bahrains Hauptstadt Manama an.

Bislang brachten Mäßigungsversuche aber keinen Durchbruch. Sigmar Gabriels Fazit fällt nach drei Tagen der Rundreise zwiespältig aus. Er glaube zwar nicht an eine schnelle Konfliktlösung, sei aber „vorsichtig optimistisch“, dass man den Konflikt in den nächsten Wochen „mal in geordnete Bahnen“ bekommen könne, sagte er im Vermittlerstaat Kuwait am Mittwoch. Viel ist das nicht.

Doch wenn Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate - die als Initiatoren der Blockade gesehen werden - aber auf ein Land hören, ist es die USA. Beobachter gehen davon aus, dass der aufsehenerregende Besuch von Präsident Donald Trump in Riad die Staaten erst ermutigte, die Blockade zu beginnen. Trumps freudige Reaktion auf die Isolation dürfte sie bestätigt haben.

Doch das US-Außenministerium schlug einen anderen, skeptischeren Ton an. Offensichtlich sieht Chefdiplomat Rex Tillerson in der Eskalation am Golf keine effiziente Bekämpfung von Terroristen, wie eigentlich von Washington erhofft. Gabriel wird Tillerson und weitere Außenminister am kommenden Freitag am Rande des G20-Gipfels in Hamburg treffen. Es wird auch um Katar gehen.

Und so könnte auf US-Außenminister Tillerson in den nächsten Wochen eine größere Rolle in der Krise zukommen als bislang. Sollten die Amerikaner ihren Anteil an der Entstehung des Konflikts gehabt haben, wäre es nur logisch, wenn die USA jetzt eine Hauptrolle bei dessen Lösung einnehmen würden. Auch darüber wird Al-Dschasira dann voraussichtlich berichten.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%