Türkei Yildirim übt scharfe Kritik an Protestmarsch der Opposition

Mit einem Protestzug über 425 Kilometer reagiert die türkische Oppositionspartei CHP auf die Verurteilung eines ihrer Abgeordneten zu 25 Jahren Haft. Das kommt bei der Regierung nicht gut an.

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Istanbul Der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim hat den Vorsitzenden der größten Oppositionspartei wegen dessen Organisation eines Protestmarschs scharf kritisiert. Kemal Kilicdaroglu, Chef der sozialdemokratischen CHP, reagierte mit dem Protestmarsch auf die Verurteilung eines Abgeordneten der Partei wegen Enthüllung von Staatsgeheimnissen zu 25 Jahren Haft. Yildirim forderte am Freitag, Kilicdaroglu müsse das Gerichtsurteil respektieren. „Man kann nicht Gerechtigkeit auf der Straße suchen, und die Türkei ist ein Rechtsstaat“, sagte Yildirim. „Es ist nicht nett, sich über unser Land vor der ganzen Welt zu beschweren, indem man auf die Straße geht“, fügte Yildirim hinzu.

Der verurteilte Abgeordnete Enis Berberoglu wurde beschuldigt, Aufnahmen von der Durchsuchung von Lastwagen mit Ziel Syrien an Journalisten weitergegeben zu haben. Die Berichterstattung der Zeitung „Cumhuriyet“ legte daraufhin 2015 nahe, dass der türkische Geheimdienst Waffen an islamistische Extremisten in Syrien geschmuggelt habe.

Kilicdaroglu nannte das Urtei ungerecht und erklärte, die Justiz werde von der Regierung beeinflusst. Gemeinsam mit Anhängern machte er sich am Donnerstag auf den rund 425 Kilometer langen „Marsch für Gerechtigkeit“ von der Hauptstadt Ankara zum Gefängnis in Istanbul, in dem Berberoglu festgehalten wird.

Justizminister Bekir Bozdag hatte zuvor am Freitag erklärt, Kilocdaroglu begehe ein Verbrechen, indem er Mitglieder der Justiz diffamiere und bedrohe. Bozdag verwies darauf, dass Berberoglu Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen könne. Yildirim sagte, Kilidaroglu müsse „im heiligen Monat Ramadan, in dieser Hitze, nicht laufen, er kann den Hochgeschwindigkeitszug nehmen“. Nach einer Lösung könne im Parlament und vor Gericht gesucht werden.

Dem 61-jährigen Berberoglu wird zudem gemeinsam mit dem früheren „Cumhuriyet“-Chefredakteur Can Dündar und dem Hauptstadtbüroleiter der Tageszeitung, Erdem Gül, wegen „Unterstützung einer Terrororganisation ohne Mitglied zu sein“ der Prozess gemacht. Der Vorwurf bezieht sich auf die Bewegung des im US-Exil lebenden Geistlichen Fethullah Gülen, den die türkische Regierung als Drahtzieher des Putschversuchs vom vergangenen Sommer betrachtet. Laut Gericht stammen die öffentlich gemachten Aufnahmen von Gülen.

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