Umstrittene Zwangspensionierung Trotz EU-Vertragsverletzungsverfahren – Polen verteidigt frühere Pensionierung von obersten Richtern

Polen will 27 oberste Richter per Pensionierung aus dem Amt entfernen. Das Land zeigt sich auch von einem EU-Verfahren gegen den Vorgang unbeeindruckt.

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Polen verteidigt frühere Pensionierung von obersten Richtern Quelle: dpa

Warschau Polens Regierung will oberste Richter trotz eröffneten EU-Vertragsverletzungsverfahrens früher in den Ruhestand schicken. Diejenigen Juristen, die älter als 65 seien und bei ihm keine Amtsverlängerung beantragt hätten, würden in Pension geschickt, kündigte Präsident Andrzej Duda am Dienstag nach Angaben der Agentur PAP an. Duda betonte: „Das erfordert die Rechtsstaatlichkeit.“

Nach einem im April in Kraft getretenen Gesetz der Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) müssen Richter des Obersten Gerichts nach dem 3. Juli bereits mit 65 statt bisher 70 Jahren in den Ruhestand gehen. Wer im Amt bleiben will, muss dies entsprechend früher bei Duda beantragen. Die Regelung trifft 27 von 72 obersten Richtern, darunter die Vorsitzende des Gerichts Malgorzata Gersdorf. 16 haben bei Duda angegeben, dass sie ihr Amt weiter ausüben wollen.

Nach PiS-Auffassung ist Gersdorf, die keinen entsprechenden Antrag gestellt hat, von Mittwoch an in Pension. „Meine Amtszeit als erste Vorsitzende des Obersten Gerichts wird brutal beendet, eine Amtszeit, die in der Verfassung verankert ist“, kritisierte die 65-Jährige vor Warschauer Studenten das Gesetz. Sie kündigte an, aus Protest trotzdem am Gericht erscheinen zu wollen.

Kritiker befürchten, die Regierenden könnten mit Zwangspensionierungen missliebige Richter entfernen. Die EU-Kommission, die bereits ein Sanktionsverfahren wegen Gefährdung von EU-Grundwerten gegen Polen führt, leitete am Montag ein Vertragsverletzungsverfahren ein. Der Deutschen Richterbund (DRB) begrüßte die EU-Maßnahme: „Polen muss sein Rechtssystem wieder an die Standards der EU anpassen“, forderte der DRB-Vorsitzende Jens Gnisa.

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