Baden-Württemberg Maue Bilanz von Grün-Rot im Ländle

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Kritik wird nicht gerne gesehen

Wo CDU und SPD gemeinsame Sache machen
Steuerpolitik: Spitzensteuersatz raufCDU: „Es war ein Fehler von Rot-Grün, den Spitzensteuersatz zu senken. Ich hätte kein Problem damit, wenn diese Entscheidung revidiert würde.“, sagte Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer im Januar 2012. SPD: „Wir wollen einen höheren Spitzensteuersatz. Wir stehen dazu, weil wir wissen, dass wir in Bildung und in Kommunen und in diese Bereiche investieren müssen.“, sagte die NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (Foto) am 29. Januar 2012. Quelle: dpa
Fakten: Eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes ist bei der CDU kein Tabu mehr. Früher war die CDU die Partei für Steuersenkungen - noch zu Beginn der Ära Merkel schrieb man sich das auf die Fahnen. Doch diese Tradition der Freiheitlichen Steuerpolitik, die dem Einzelnen mehr Freiraum lässt, muss heute als beendet gelten. Quelle: dpa
Spekulationssteuer: Sofort einführen!CDU: „Wir sind davon überzeugt, dass eine Finanztransaktionssteuer auf europäischer Ebene eingeführt werden sollte.“, betonten Finanzminister Schäuble (Foto) und acht seiner Kollegen in einem Brief an die dänische EU-Ratspräsidentschaft.SPD: „Wir müssen die Finanzmärkte besteuern, die sind schuld an den hohen Schulden, also müssen wir auch die Spekulationen besteuern und die Einnahmen in Wachstum und Beschäftigung stecken.“, sagte SPD-Parteichef Sigmar Gabriel am 11. März 2012. Quelle: dpa
Fakten: In der Finanzmarktregulierung sind sich CDU und SPD vor allem bei einem Thema einig: der Finanztransaktionssteuer, mit der die Spekulation eingedämmt werden soll. Die Konservativen sind dafür, eine Finanztransaktionssteuer zunächst auf Ebene der Eurozone einzuführen, um dann weitere EU-Länder dafür zu gewinnen. Früher wehrte sich die Partei gegen die Einführung einer solchen Steuer mit dem Argument, dass sie nur global wirksam wäre - inzwischen liegt die CDU ganz auf der Linie der SPD. Quelle: dpa
Euro: Startklar für die nächste RettungCDU: „Europa scheitert, wenn der Euro scheitert. Europa gewinnt, wenn der Euro gewinnt.“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (Foto) am 27. Februar 2012.SPD: „Der Euro ist für Deutschland eine Schicksalsfrage.", äußerte Ex-Minister Peer Steinbrück im September 2010. Quelle: dapd
Fakten: Lange verliefen die Fronten bei der Euro-Rettung scheinbar eindeutig: Hier die Union und FDP, die allein auf Sparprogramme und Strukturreformen setzen und nur die allernötigsten Euro-Rettungsschirme aufspannen wollten. Dort die SPD und Grüne, die auf die Abschreckungswirkung hoher Milliardensummen setzten. Inzwischen beugt sich die CDU dem internationalen Druck und die Fronten sich aufgeweicht. Quelle: dpa
Tarifpolitik: Nachschlag bitte!CDU: „Die deutsche Wirtschaft fährt ordentliche Gewinne ein. Jetzt müssen die Arbeitnehmer daran beteiligt werden, und sie müssen das Plus auch spüren.“, erklärte Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (Foto) am 12. Februar 2012.SPD: „Jetzt sprudeln die Gewinne wieder. Anständige Lohnerhöhungen sind deshalb ein Gebot der Gerechtigkeit.“, betonte Sigmar Gabriel am 13. Februar 2012. Quelle: dapd

Wenn es dann doch mal öffentlich geäußertes Missfallen an ihrer Arbeit gibt, reagieren nicht wenige Kabinettsmitglieder überraschend dünnhäutig. Gemunkelt wird von unfreundlichen E-Mails und lautstarken Telefonaten zwischen Kabinettsmitgliedern und Wirtschaftsvertretern. Als die schwäbische Unternehmer-Ikone Hans-Peter Stihl Mitte April seinen 80. Geburtstag feierte, wollte er ausdrücklich keinen Regierungsvertreter dabei haben.

Start der Windrad-Offensive

Spätestens nach der Sommerpause will die Koalition nun die Schlagzahl erhöhen – und nicht alles dürfte die Wirtschaft erfreuen. Bis zum Herbst tritt ein Tariftreuegesetz in Kraft, wonach Land und Kommunen nur noch Aufträge an Firmen vergeben dürfen, die den Tariflohn zahlen. Ebenfalls in der zweiten Jahreshälfte will Grün-Rot beschließen, dass neu errichtete „Nicht-Wohngebäude“ wie Ladenlokale einen Teil ihres Strombedarfs aus regenerativen Quellen decken müssen.

Die neuen Mächtigen in Baden-Württemberg
Winfried Kretschmann Quelle: dapd
Nils Schmid
Claus Schmiedel
Gunda Röstel
Winfried Hermann
Franz Untersteller
Rainer Stickelberger Quelle: dpa

Vor allem aber soll es endlich mit der Windkraft-Offensive losgehen. Ein neues Landesplanungsgesetz tritt in Kürze in Kraft. „Überall dort, wo in Baden-Württemberg viel Wind weht, dürfen künftig Windkraftanlagen gebaut werden – etwa auf den Schwarzwaldhöhen“, kündigt die grüne Fraktionsvorsitzende Sitzmann an. Restriktionen würden „auf ein Minimum reduziert“.

Die größten Anlagenbauer
NordexNach zwei verlustreichen Jahren und vielen Einsparungen lief es 2013 für Nordex wieder besser. Der Windturbinenbauer kehrte in die Gewinnzone zurück. In der Vergangenheit trennte sich Nordex unter anderem verlustreichen Produktionsstätten in den USA und China und konzentrierte sich ganz auf den Bau von Onshore-Anlagen. Mit der Strategie konnte das Unternehmen in Deutschland Marktanteile gewinnen. 2012 kam Nordex auf 3,5 Prozent, 2013 waren es im On- und Offshore-Bereich zusammen bereits sieben Prozent. Auch die Aussichten sind gut: Für 2014 rechnet der Vorstand mit neue Aufträge im Umfang von 1,6 Milliarden Euro. Quelle: dpa
Siemens WindenergiesparteSiemens ist Weltmarktführer bei Offshore-Windrädern und dominiert auch in Deutschland diesen Bereich. Hierzulande kommt das Unternehmen in dem Segment auf 52,1 Prozent Marktanteil. Im On- und Offshore-Bereichen zusammen hatte Siemens Wind Power 2013 einen Anteil von 9,8 Prozent und liegt damit auf Platz vier. Nach dem Verkauf der gefloppten Solarsparte will sich Siemens künftig noch mehr auf die Energie aus Wind und Wasser zu konzentrieren. Das Geschäft lief zuletzt insbesondere im Ausland gut. Im Dezember 2013 erhielt das Unternehmen mehrere Großaufträge in den USA. In Deutschland gibt es aber auch Probleme: Bei der Anbindung von vier Offshore-Windparks in der Nordsee liegt Siemens dem Zeitplan um mehr als ein Jahr hinterher. Die Verzögerungen sollen Siemens bereits mehr als 600 Millionen Euro gekostet haben. Quelle: dpa
SenvionDas Hamburger Unternehmen Senvion (ehemals Repower ) ist eine Tochter des indischen Windkraftkonzerns Suzlon. Wie Nordex ist es auch dem Hamburger Unternehmen gelungen, Marktanteile zu gewinnen. 2013 installierte Senvion Anlagen mit rund 484 Megawatt und nun einen Markanteil von insgesamt 13,5 Prozent. Im Onshore-Bereich sind es sogar 16,2 Prozent. Das sind drei Prozent mehr als im Jahr zuvor. In Deutschland hat das Unternehmen nach eigenen Angaben nun eine Gesamtleistung von 2,8 Gigawatt installiert. Im März 2014 hat Senvion die Schwelle von 10 Gigawatt weltweit installierter Leistung überschritten. In der Vergangenheit hatte das Unternehmen allerdings auch mit deutlichen Umsatzrückgängen zu kämpfen. Quelle: dpa
VestasDer weltgrößte Windturbinenhersteller Vestas hatte in Deutschland 2013 einen Marktanteil von 16,7 Prozent (Onshore 20 Prozent). Damit hat der Anlagenbauer zwar rund sechs Prozent an die kleineren Mitbewerber verloren, liegt aber weiterhin klar auf Platz zwei. Allein 2013 stellte das dänische Unternehmen Anlagen mit einer Leistung von 598,9 Megawatt in Deutschland auf. Wirtschaftlich ist Vestas offenbar auf einem guten Weg: Nach massiven Sparmaßnahmen in den Vorjahren hat das Unternehmen im letzten Quartal 2013 erstmals seit Mitte 2011 wieder einen Gewinn erwirtschaftet. Der Jahresverlust lag bei 82 Millionen Euro, nach 963 Millionen Euro 2012. Quelle: ZB
EnerconDas vom Windpionier Aloys Wobben gegründete Unternehmen ist unangefochtener Marktführer in Deutschland bei Anlagen auf dem Festland (49,6 Prozent Marktanteil). Onshore-Anlagen mit einer Leistung von 1.484,6 Megawatt hat Enercon allein 2013 aufgestellt. Auf dem Gesamtmarkt musste der Windanlagenbauer allerdings Verluste hinnehmen. Lag der Markanteil 2012 bei 54,3 Prozent, betrug er zuletzt noch bei 41,4 Prozent. Weltweit hat das Unternehmen mittlerweile mehr als 20.000 Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von mehr als 28 Gigawatt installiert. Laut den Wirtschaftsforscher von Globaldata liegt Enercon im globalen Vergleich damit auf Platz. Geschlagen werden die Ostfriesen von der dänische Konkurrenz Vestas. Quelle: dpa

In den betroffenen Regionen freut das nicht jeden. „Wenn bald auf jedem Hügel ein Windrad steht, wird die Akzeptanz in der Bevölkerung dramatisch sinken“, warnt Lothar Wölfle (CDU), Landrat des Bodenseekreises. Gegenwind von der Basis dürfte in jedem Fall kommen: Unter den 35 Landräten in Baden-Württemberg ist kein einziger SPD-Mann oder Grüner.

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