Wenn es dann doch mal öffentlich geäußertes Missfallen an ihrer Arbeit gibt, reagieren nicht wenige Kabinettsmitglieder überraschend dünnhäutig. Gemunkelt wird von unfreundlichen E-Mails und lautstarken Telefonaten zwischen Kabinettsmitgliedern und Wirtschaftsvertretern. Als die schwäbische Unternehmer-Ikone Hans-Peter Stihl Mitte April seinen 80. Geburtstag feierte, wollte er ausdrücklich keinen Regierungsvertreter dabei haben.
Start der Windrad-Offensive
Spätestens nach der Sommerpause will die Koalition nun die Schlagzahl erhöhen – und nicht alles dürfte die Wirtschaft erfreuen. Bis zum Herbst tritt ein Tariftreuegesetz in Kraft, wonach Land und Kommunen nur noch Aufträge an Firmen vergeben dürfen, die den Tariflohn zahlen. Ebenfalls in der zweiten Jahreshälfte will Grün-Rot beschließen, dass neu errichtete „Nicht-Wohngebäude“ wie Ladenlokale einen Teil ihres Strombedarfs aus regenerativen Quellen decken müssen.
Vor allem aber soll es endlich mit der Windkraft-Offensive losgehen. Ein neues Landesplanungsgesetz tritt in Kürze in Kraft. „Überall dort, wo in Baden-Württemberg viel Wind weht, dürfen künftig Windkraftanlagen gebaut werden – etwa auf den Schwarzwaldhöhen“, kündigt die grüne Fraktionsvorsitzende Sitzmann an. Restriktionen würden „auf ein Minimum reduziert“.
In den betroffenen Regionen freut das nicht jeden. „Wenn bald auf jedem Hügel ein Windrad steht, wird die Akzeptanz in der Bevölkerung dramatisch sinken“, warnt Lothar Wölfle (CDU), Landrat des Bodenseekreises. Gegenwind von der Basis dürfte in jedem Fall kommen: Unter den 35 Landräten in Baden-Württemberg ist kein einziger SPD-Mann oder Grüner.