Bamf Jurist aus Bayern soll neuer Chef werden

Jurist aus Bayern soll neuer Bamf-Chef werden Quelle: REUTERS

Laut einem Medienbericht will Bundesinnenminister Horst Seehofer den Chef-Posten beim skandalgeplagten BAMF an Hans-Eckhard Sommer geben. Der will Asylbewerber stärker überprüfen und schneller ausweisen.

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Ein Jurist aus Bayern soll einem Medienbericht zufolge Chef des skandalgeplagten Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) werden. "Focus Online" berichtete am Sonntag unter Berufung auf Berliner Regierungskreise, Bundesinnenminister Horst Seehofer wolle den Posten an Hans-Eckhard Sommer geben, der zurzeit das Fachreferat für Ausländerrecht im bayerischen Innenministerium leite. Auch die "Bild am Sonntag" hatte berichtet, dass Sommer als Nachfolger von Jutta Cordt im Gespräch sei. Das Ministerium selbst kommentierte die Berichte auf Anfrage nicht.

"Focus" berichtete, Sommer gelte in Fachkreisen als "harter Hund". Er wolle Asylbewerber stärker als bisher auf terroristische Kontakte hin überprüfen und schneller ausweisen.

Das BAMF mit seiner Zentrale in Nürnberg war massiv in die Kritik geraten, als bekannt wurde, dass seine Bremer Außenstelle womöglich 1200 Menschen Asyl ohne die nötige Rechtsgrundlage gewährt hatte. Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Auch Klagen über massive organisatorische Mängel bei der Behörde häuften sich, etwa darüber, dass völlig unzureichend ausgebildete Mitarbeiter über das Schicksal von Flüchtlingen entscheiden würden. Auf Sommer warten damit große Herausforderungen.

Das Bamf ist zum Symbol für Behördenversagen geworden. Heinrich Alt gilt als Verwaltungsurgestein und Vertrauter des ehemaligen Bamf-Chefs Weise. Er sagt: Vieles ging in der Situation von 2015 nicht anders.
von Elisabeth Niejahr

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte bereits vor etwa anderthalb Wochen „eine tiefgreifende Reform“ der Behörde angekündigt. Er bezog sich damals aber noch auf Organisation und Verfahren. Am Mittwoch hatte er nach Angaben des Ministeriums der Leitungsspitze des BAMF mitgeteilt, sie von ihren Aufgaben zu entbinden. Etliche Mitarbeiter der Behörden reagierten erleichtert über die Entscheidung.

Der Vorsitzende des BAMF-Gesamtpersonalrats, Rudolf Scheinost, sagte dem Bayerischen Rundfunk am Wochenende, die Entscheidung sei zu erwarten, ein Neuanfang mit Cordt schwer möglich gewesen.

Laut „Spiegel“ soll auch der bisherige Vizepräsident der Behörde, Ralph Tiesler, ausgetauscht werden. BAMF-Vizepräsidentin Uta Dauke hatte die Behörde schon zuvor verlassen. Sie habe einen neuen, gut dotierten Posten im Bundesinnenministerium übernommen, hieß es aus der Nürnberger Zentrale.

Der Arbeitsvertrag von Rudolf Knorr, der den operativen Bereich des BAMF leitet, wurde hingegen bis Ende des Jahres verlängert. Knorr habe den Außenstellen strenge Vorgaben gemacht, wie viele Fälle sie in einer bestimmten Zeit zu bearbeiten hätten, hieß es aus dem Amt. Durch diesen Druck sei es zu Qualitätsmängeln und etlichen falschen Asyl-Bewilligungen gekommen.

2017 zog die große Mehrheit der abgelehnten Asylbewerber (91,3 Prozent), die vom Flüchtlingsbundesamt einen ablehnenden Bescheid erhalten hatten, vor Gericht. 40,8 Prozent der Verfahren endeten zugunsten der Kläger.

Nach Angaben des Vorsitzenden des Bundes Deutscher Verwaltungsrichter, Robert Seegmüller, haben sich bisher 350 000 bis 400 000 Asylverfahren bei den Verwaltungsgerichten angesammelt. „Diesen Berg abzuarbeiten wird noch Jahre dauern. Und wenn wir diese Fälle geklärt haben, werden die abgelehnten Asylbewerber mit Klagen auf Duldung und mit Asylfolgeverfahren wieder auf uns zukommen“, sagte er der „Welt am Sonntag“.

Im Krisenjahr 2015 waren rund 890 000 Flüchtlinge weitgehend unkontrolliert nach Deutschland eingereist. Das verschärfte die Überforderung der Behörde. Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise lag beim BAMF ein Berg von 1,4 Millionen Anträgen. Die heute 54-jährige Juristin Cordt löste Anfang 2017 den früheren BAMF-Chef Frank-Jürgen Weise ab. Sie sollte helfen, den Berg an ausstehenden Asylentscheidungen weiter abzutragen. Am Freitagabend wurde bekannt, dass Seehofer sie von ihren Aufgaben entbinden will. Hintergrund sind die Vorgänge rund um die BAMF-Außenstelle in Bremen. Dort sollen über Jahre hinweg insgesamt Hunderte Asylbescheide falsch ausgestellt worden sein. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die frühere Leiterin der Außenstelle und fünf weitere Beschuldigte, darunter drei Anwälte. Inzwischen geht es in der Debatte aber auch um die Strukturen des BAMF insgesamt und dessen Arbeit in der Hochphase der Flüchtlingskrise 2015 und 2016. Seehofer hat eine vollständige Aufklärung der Affäre angekündigt und einen Umbau der Behörde in Aussicht gestellt.

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