Berlin intern

Das Vielfarben-Potpourri des Sigmar Gabriel

Henning Krumrey Ehem. Redakteur

Sigmar Gabriel probiert schon mal die ganz große Koalition. Seine Führungsriege im Bundeswirtschaftsministerium ist ein Vielfarben- Potpourri.

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Vizekanzleramtschef: Staatssekretär Sontowski mit seinem Dienstherrn Gabriel Quelle: Presse

Wer einen Radikahlschlag erwartet hatte, darf sich wundern: Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel macht aus seinem neuen Superressort für Wirtschaft und Energie kein knallrotes Vizekanzleramt, sondern eine bunte Mischung. In der Spitze und bei den Abteilungsleitern sind Anhänger aller politischen Richtungen an Bord – bis auf die Linkspartei.

Auf Staatssekretärsebene regiert eine Ampel. Gabriel beließ Stefan Kapferer im Amt, den nüchtern-klugen, aber im letzten Jahr oft unerhörten Kopf hinter dem bisherigen Amtsinhaber Philipp Rösler. Kapferer hatte dessen Aufstieg schon im niedersächsischen Wirtschaftsministerium unterstützt und arbeitete zuvor in der FDP-Parteizentrale. Ebenso überraschend kam die Nominierung von Rainer Baake, seit 30 Jahren Mitglied der Grünen. Der war schon Staatssekretär – jeweils sieben Jahre in Umweltministerien im Bund unter Jürgen Trittin und in Hessen unter Joschka Fischer. Baake übernimmt die Energiepolitik und ist in der Wirtschaft respektiert und gefürchtet, weil er sich mit der Materie auskennt. Gerade mal einen Sozialdemokraten macht der neue Hausherr zum beamteten Staatssekretär: Rainer Sontowski. Er führte bisher das Büro des SPD-Vorsitzenden im Willy-Brandt-Haus, hat aber langjährige Verwaltungserfahrung im Bundesumweltministerium, im Presseamt und in der niedersächsischen Landesregierung. Sontowski ist das personifizierte Vizekanzleramt; er koordiniert die Arbeit der SPD-Ministerien und ist Verbindungsmann zur Regierungszentrale.

Ebenso bunt ist Gabriels Abteilungsleiterriege. Aus Brüssel holt er sich Sabine Hepperle, die dort seit dem 1. Juli 2011 das Büro des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) leitete. Sie übernimmt die Abteilung II, die sich um die Mittelstandspolitik kümmert.

Oliver Schmolke wird künftig die Planungsabteilung des Ministeriums führen. Bisher diente der promovierte Politikwissenschaftler in ähnlicher Funktion in der SPD-Bundestagsfraktion. Die Zentralabteilung, die für die personalpolitische Führung des Hauses von großer Bedeutung ist, besetzt Gabriel intern mit dem bisherigen Unterabteilungsleiter Harald Kuhne. Auch er gilt im Haus als Genosse.

Fünf der derzeit zehn Spitzenbeamten bleiben, aber einzig die Chefs der Grundsatz- und der Europaabteilung, Alexander Groß und Claudia Dörr-Voß, bleiben auch auf ihren Positionen. Der bisherige Industrie-Mann Eckhard Franz wechselt zur Außenwirtschaft. Die Stelle war vakant, seit der Vorgänger zur Welthandelsorganisation WTO nach Genf abgewandert war. Auf die frei werdende Industrie-Position geht der bisherige Mittelstandsexperte Sven Halldorn. Als Streichkandidat galt Detlef Dauke, weil er eine dunkle Vergangenheit hat, genau genommen: eine schwarze.

Denn der Leiter der Energieabteilung kam einst mit dem CSU-Mann Michael Glos ins Ministerium, dessen Büro er schon in der CSU-Landesgruppe geführt hatte. Andererseits: Pflichtbewusste Spitzenbeamte kann Gabriel brauchen. Dauke übernimmt die Informations- und Kommunikationstechnologie sowie Technologiepolitik. Diese Felder werden zusammengelegt, um eine Leitungsposition frei zu bekommen.

Denn durch die Bündelung der Energiepolitik im BMWi kommt eine Abteilung aus dem Umweltressort ins Haus, an ihrer Spitze Urban Rid. Das für Gabriel entscheidende Thema der Energiepolitik wird also künftig von zwei Abteilungen organisiert. Für die angestammte Energietruppe sucht der neue Minister noch den führenden Kopf.

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