Corona-Impfung Statt Impfpflicht: Wien zeigt, wie es besser geht

Corona-Impfung in Österreich Quelle: imago images

Es ist erschreckend, wie wenig sich Bund, Länder und Kassen bisher um Ungeimpfte bemühen. Statt nun aber radikal mit einer Impfpflicht zu drohen, sollte Deutschland lieber von Wien lernen. Ein Kommentar.

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Deutschland setzt in der Pandemiebekämpfung aufs Prinzip Ellenbogen – bei den Erstimpfungen wie jetzt beim Boostern: Nur wer unbedingt will und genug Energie hat, sich durch Telefonschleifen und Listen von Ärzten und Impfzentren zu arbeiten, ergattert schnell einen Termin.

Unmotivierte wie Unwillige haben dagegen nie ein echtes „Impfangebot“ bekommen. Entsprechend groß ist die Zahl der Ungeimpften. Entsprechend schlimm startet die vierte Welle mit Rekordzahlen an Infizierten und täglich neuen Toten. Und was fällt der Politik ein? Erschreckend wenig.

Ein paar Bratwürste hier, ein bisschen Bettelei um Einsicht dort, das war’s bisher an Kreativität. Was für ein Armutszeugnis im Land der Tüftler und Denker. Ausgerechnet das Land, in dem mit Biontech ein entscheidender Impfstoff zur Pandemiebekämpfung entwickelt wurde, legt die Hände in den Schoß und schaut dem Geschehen zu. Wenn es angesichts der menschlichen Schicksale nicht so traurig wäre, müsste man sagen: Deutschland droht, sich gerade zur Lachnummer der Welt zu machen.

Statt nun radikal mit einer Impfpflicht zu drohen, wie sie Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und sein Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) in Spiel bringen, gibt es psychologisch deutlich bessere Ideen. Wien zeigt, wie es geht.

Ungeimpfte bekommen dort Post von der Stadt: eine persönliche Einladung zur Impfung, inklusive reserviertem Termin mit Datum und Uhrzeit. Wer keine Zeit hat, kann online oder über eine Hotline den Termin verschieben. Wer sich unsicher ist, dem wird ein ärztliches Beratungsgespräch über eine Hotline angeboten. Wer gar nicht will, der soll den Termin aktiv absagen – und genau das ist ein psychologischer Trick: Denn was ihm einmal gehört, das gibt der Mensch nur ungerne wieder her, in diesem Fall den Impftermin.

Mit dieser Strategie des „Ownership“ haben Spanien, Portugal und Israel erfolgreich ihre Impfkampagnen gestaltet. Jeder galt dort potenziell als Impfkandidat, bekam einen persönlichen Termin und musste sich aktiv gegen die Impfung entscheiden. Genau das muss nun auch in Deutschland passieren. Wer nicht will, der hat zumindest die Pflicht, sich beraten und aufklären zu lassen.

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Mehr Wien zu wagen, eine Beratungspflicht zu etablieren, kann aber nur ein Teil des nun geforderten Krisenmanagements sein. Rasch muss die entsprechende Infrastruktur hochgezogen werden: Wer sich impfen lassen will, sollte schnell einen Termin bekommen und nirgendwo länger als eine halbe Stunde warten müssen – dann kann auch jeder seine Ellenbogen wieder einfahren.

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