Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat vor vorschnellen Festlegungen zu weiteren Corona-Lockerungen im Frühjahr etwa im öffentlichen Nahverkehr gewarnt. „Ich werde ja jetzt jeden Tag damit konfrontiert, was sollen wir im April machen, was sollen wir im März machen”, sagte der SPD-Politiker in Berlin.
„Das ist so ein Gedrängele, wo es darum geht, wer ist der schnellste Lockerer.” Er sei in diesem Punkt aber gestimmt wie ein klassischer Arzt: „Ich muss mich mit dem medizinischen Problem beschäftigen, was wir jetzt haben.” Derzeit gebe es noch um die 1.000 Tote pro Woche, volle Krankenhäuser und zu erwarten sei eine Corona-Winterwelle.
„Lassen Sie uns doch erstmal dieses Problem konzentriert lösen und nicht ständig gemischte Signale geben”, mahnte Lauterbach. Es sei „nicht akzeptabel, dass wir in den letzten Monaten einer schweren Pandemie noch einmal viele Leute verlieren, weil die Botschaften, die wir senden, gemischt sind und weil wir die Maßnahmen nicht umsetzen, die so wirkungsvoll sind und uns schon so lange gut dienen.”
Wiedereingliederung bei Long Covid
Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) ist ein Instrument, um die Arbeitsunfähigkeitsdauer von Beschäftigten zu reduzieren und ihnen eine frühzeitige und strukturierte Rückkehr in den Betrieb ermöglichen. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die länger als 6 Wochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind, bekommen dadurch Unterstützung. Basis dafür ist das Sozialgesetzbuch § 167 SGB IX, das Arbeitgeber seit 2004 zum BEM verpflichtet.
Das Hamburger Modell ist ein Sonderfall des BEM. Denn die Krankenkasse zahlt weiter die Kosten für den Beschäftigten. Das Modell zeichnet sich dadurch aus, dass vor allem langzeiterkrankte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehr langsam und schrittweise wieder in den Job eingegliedert werden. Ein Arzt oder eine Reha-Einrichtung erstellt einen Wiedereingliederungsplan mit Rücksicht auf den Genesungsfortschritt des Beschäftigten. Es geht darum, die Wochenarbeitszeiten langsam anzuheben und dabei auch die Belastbarkeit des Beschäftigten auszuloten.
Eine Coronainfektion kann als Arbeits-, bzw. Wegeunfall oder als Berufskrankheit anerkannt werden. Auf eine Berufskrankheit können sich Beschäftigte des Gesundheitswesens, der Wohlfahrtspflege und in Laboratorien berufen. Die Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung sind dann vor allem bei der Rehabilitation umfangreicher als die der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) schreibt, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer außerhalb dieser Tätigkeitsbereiche können die Erkrankung als Arbeits- oder Wegunfall anzeigen.
Keine Maskenpflicht mehr im Nahverkehr mit Bussen und Bahnen?
Die Verkehrsministerinnen und Verkehrsminister der Länder wollen heute darüber beraten, die Maskenpflicht im Nahverkehr mit Bussen und Bahnen Anfang März abzuschaffen, wenn die Corona-Lage es erlaubt. In Fernzügen ist sie bis 7. April per Gesetz bundesweit festgelegt.
Lauterbach sagte, momentan sei die Situation auch dank der geltenden vorsichtigen Maßnahmen im Griff. „Ich möchte einfach nur, dass es so bleibt für die nächsten Wochen und Monate. Dass wir dann irgendwann im Frühjahr zu anderen Regeln kommen werden, davon gehe auch ich aus.” Er verwies auf Anzeichen, dass sich das Virus bei der Übertragungsfähigkeit in eine „Sackgasse” mutiert habe. „Wenn das so ist, dann sind wir in den Monaten nach März in einer günstigeren Lage. Aber noch sind wir nicht da.”
Impfungen im neuen Jahr in Praxen
Bei den Corona-Impfungen in Deutschland sollen zum Jahreswechsel einige organisatorische Neuregelungen kommen. „Die Impfungen laufen durch. Es gibt keine Finanzierungslücke”, so Lauterbach. Geplant sei aber, sie zum 1. Januar generell in den Bereich der Praxen zu überführen, wo schon der allergrößte Teil stattfinde.
Die aktuelle Impfverordnung, die die Organisation und Vergütung unter anderem auch in Impfzentren der Länder regelt, läuft am Jahresende aus.
Bezahlt werden sollen die Impfungen aus Mitteln der gesetzlichen Krankenversicherung, erläuterte Lauterbach - zunächst aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds, ab 7. April dann von den einzelnen Kassen. Mobile Impfteams könnten von den Kassenärztlichen Vereinigungen organisiert werden. Der Impfstoff werde weiterhin vom Bund beschafft und kostenfrei zur Verfügung gestellt.
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