Demographie Keine Kinder, große Sorgen

Die niedrige Geburtenrate gilt als Zukunftsproblem Deutschlands. Eine neue Studie räumt mit Kinderlosigkeitsmythen auf und regt eine Familienpolitik an, die dem Kinderwunsch der Deutschen auf die Sprünge helfen soll.

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Welche Länder überaltern
Platz 8: Schweden Quelle: dapd
Platz 7: Portugal Quelle: REUTERS
Senioren beim Nordic-Walking Quelle: dpa
Griechenland Quelle: dpa
Platz 10: Finnland Quelle: dapd
Platz 5: Bulgarien Quelle: Reuters
Platz 4: Italien Quelle: dapd

Das Dauerthema Demographischer Wandel scheint wie ein Damoklesschwert über Deutschland zu schweben: Die Alten werden immer älter, die Jungen wachsen nicht mehr nach, die Deutschen im mittleren Lebensalter ächzen unter Mehrfachbelastungen. Bisher setzte sich die wissenschaftliche Forschung besonders mit dem Problem auseinander, dass unsere Gesellschaft vergreist, weil sich der Anteil der älteren Menschen stetig erhöht. Denn die damit verbunden Probleme lasten schon jetzt schwer auf der Staatskasse: Rentensicherung statt Altersarmut und würdiges Altern statt Pflegekräftemangel.

Die interdisziplinäre Studie „Zukunft mit Kindern – Fertilität und gesellschaftliche Entwicklung in Deutschland, Österreich und der Schweiz“ widmet sich nun der anderen Seite des demographischen Wandels, dem fehlenden Nachwuchs. Denn die Geburtenrate ist seit Jahren auf dem niedrigen Niveau von rund 1,4 Kindern pro Frau festgefroren – 2,1 Kinder wären pro Frau nötig, um die Bevölkerungszahl stabil zu halten. Wenige Kinder heute, bedeutet wenig potentielle Eltern morgen und damit wiederum geringere Möglichkeiten auf Nachwuchs übermorgen – der Teufelskreis der Kinderlosigkeit ist in vollem Gange.  

Fruchtbarkeits-Mythen

Die interdisziplinäre Studie „Zukunft mit Kindern“ der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina durchleuchtet zunächst Mythen der Kinderlosigkeit auf ihren Wahrheitsgehalt, um die politische Diskussion von unnötiger Polemik zu befreien.

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Die weiblichen Erwerbstätigkeit etwa, der rückwärtsgewandten Politiker oft die Schuld an der niedrigen Geburtenrate zuschieben, entkoppelt die Studie von der Anzahl der Kinder durch einen internationalen Vergleich. Denn viele entwickelte Länder wie Schweden, Frankreich oder die USA zeichnen sich durch eine relativ hohe Geburtenrate bei einem gleichzeitig hohen Anteil erwerbstätiger Frauen aus.

Auch der abschätzigen Stammtischparole, dass sich Unterschicht und Migranten dafür umso deutlicher vermehren, macht die Studie endlich den Garaus: Ein Zusammenhang zwischen Bildungsniveau und Kinderzahl ist nicht grundsätzlich gegeben, sondern hängt von den politischen Rahmenbedingungen des Landes ab. So bleiben zwar in Deutschland viele Akademikerinnen und Männer mit geringem Bildungsniveau kinderlos, in den skandinavischen Ländern jedoch ist die Anzahl der Kinder unabhängig vom Bildungshintergrund der Eltern. Wie viele Kinder Migranten in Deutschland zur Welt bringen, hängt zwar vom Herkunftsland der Einwanderer ab, liegt aber im Schnitt sehr viel niedriger als oft angenommen bei rund 1,9 Kindern pro Frau. Doch auch diese höhere Geburtenrate sinkt bei Migrantinnen zweiter Generation nahezu auf den deutschen Schnitt von 1,4 Kindern pro Frau ab.

Selbst die Hoffnung, dass die gestiegene Lebenserwartung dazu führt, dass Frauen länger schwanger werden und somit die Kinderplanung ohne Probleme nach hinten verschieben können, ist leider ein Irrtum: Die Fruchtbarkeit der Männer nimmt ab 40 Jahren allmählich, die der Frauen ab 35 Jahren rapide ab. Dagegen steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Schwangerschaft mit Komplikationen verbunden ist und das Kind gesundheitliche Probleme bekommt.

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