E-Fuels-Debatte Herr Wissing, machen Sie den Sack jetzt zu!

Qualmender Autoauspuff, und doch CO2-neutral? Nun will auch die EU-Kommission das möglich machen.  Quelle: imago images

Die EU-Kommission schlägt dem Bundesverkehrsminister Volker Wissing einen Kompromiss im Streit um E-Fuels vor. Doch der blockt erneut ab – und könnte seinem eigentlichen Anliegen damit mehr schaden, als ihm zu nützen. Ein Kommentar.

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Nachdem FDP und mehrere EU-Regierungen vergangenen Monat ein Verbot von Autos mit Verbrennungsmotor blockiert haben, geht Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans nun auf die Verweigerer um Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) zu. Der aber lehnt bisher ab. Dabei klingt der Brüsseler Vorschlag, der der WirtschaftsWoche vorliegt, durchaus vernünftig. 

Nach 2035 verkaufte Neuwagen mit Verbrennungsmotor sollen demnach durch eine technische Vorrichtung erkennen, ob E-Fuel oder fossiler Sprit eingefüllt wurde. Bei Sprit würde sich das Fahrzeug abschalten. Natürlich wirft das die Frage auf, wie leicht sich dies manipulieren ließe. Eine andere Lösung in dem Streit hätte einem solchen Missbrauch eher vorgebeugt: Autobauer könnten genau jene Menge an E-Fuels direkt produzieren lassen, die ihre verkauften Autos über die Lebenszeit verbrauchen – und diesen Sprit am Markt verkaufen.

Das entspräche praktisch einem Zertifikat, das den von jenen neuen Autos getankten Sprit grün macht. Diese Fahrzeuge müssten an der Zapfsäule auch nicht mit alten Verbrennern um noch knappe E-Fuels konkurrieren. Eine Lösung, die dem Vernehmen nach wohl auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) vorschwebt. 

Doch auch wenn er sich damit noch nicht durchsetzen konnte: Es ist ein gutes Signal fürs Klima, dass die EU-Kommission den E-Fuels nun eine Zukunftsperspektive bieten will. Denn niemand investiert gern in eine Technik, die schon bei ihrer Geburt halbtot ist. Verbrennerfahrzeuge sind ein riesiger potenzieller Absatzmarkt für klimaneutrale Kraftstoffe. Sie komplett aus den Bemühungen für eine grüne Wirtschaft zu entfernen, wäre fatal gewesen. Es hätte am Ende auch die Ausstattung von Flugzeugen und Schiffen mit E-Fuels gebremst.

Wettbewerb zwischen E-Autos und E-Fuel-Verbrennern

Die chemischen Anlagen etwa, die E-Fuels herstellen können, werden 50 Jahre und länger laufen. Sie sollten, so die ursprüngliche Vorstellung, neben Sprit für Flugzeuge und Schiffe nur die schrumpfende Bestandsflotte an Verbrennern versorgen. Da aber die Zahl der Fahrzeuge wegen des Verbrennerverbots massiv sinken würde, hieße das: Die Investoren müssten ihr Geld in einen schrumpfenden Markt stecken. Das wäre betriebswirtschaftlicher Selbstmord.

Die sich nun anbahnende neue Technologieoffenheit in Brüssel wird zudem für Wettbewerb zwischen E-Auto und dem E-Fuel-Verbrenner sorgen. Und Wettbewerb sorgt für Innovationsdruck, der wiederum für Fortschritt und damit auch für sinkende Preise sorgt.

Niemand vermag heute zu sagen, ob China in ein paar Jahren Europa den Zugang zu E-Auto-Batterien kappt, ob Verbraucher in erwarteter Zahl auf E-Autos umsteigen, ob Strom im arabischen Raum so viel billiger ist als in Europa, so dass man mit E-Sprit von dort preiswerter unterwegs ist als mit Strom – oder ob neue Natriumbatterien E-Autos so billig machen, dass all diese Argumente hinfällig sind. 

Entscheidend ist deshalb: Die sich anbahnende Lösung schafft Flexibilität, sich auf solche Entwicklungen einzustellen.

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Die FDP hat mit ihrem Widerstand gegen die EU in den vergangenen Wochen einiges erreicht. Nun wäre es dringend an der Zeit, den Sack zu zumachen. Ein solider Kompromiss scheint da zu sein. Wenn Volker Wissing jetzt weiter blockiert, trägt er nur zur ideologischen Verhärtung der Debatte bei. 

Lesen Sie auch: Die fatale Verehrung des E-Autos

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