Energiewende Klimaforscher erwarten nach der Wahl unpopuläre Entscheidungen

Baden-Württemberg verschärft schon seine Klimaschutzgesetze: Wer ein neues Haus bauen will, muss vom 1. Mai 2022 an eine Solaranlage auf seinem Dach installieren lassen. Quelle: dpa

Jede nächste Bundesregierung muss wegen geltender Gesetze unpopuläre Entscheidungen im Klimaschutz treffen – die auch teuer werden dürften. Das besagt ein wissenschaftlicher Bericht, der der WirtschaftsWoche vorliegt.

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Der Bericht des Ariadne-Konsortiums, erstellt von mehr als 40 Forschenden, hat das Klimaschutzgesetz 2021 überprüft. Sie kommen zum Schluss, die Klimaziele können nur eingehalten werden, wenn die Menge an Strom aus Wind und Sonne schnell verdreifacht wird, der Kohleausstieg bereits 2030 stattfindet und jährlich doppelt so viele Häuser wie bisher saniert werden. Der Verkehr schaffe sein Emissionsziel bis 2030 nicht mehr. Auch Einschränkungen bei der Mobilität und der Nutzung von Wohnraum seien denkbar.

Der wichtigste Klima-Regierungsberater und Direktor des federführenden Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), Ottmar Edenhofer, sagt: „Vielen in der Politik ist wohl noch nicht klar, was das für eine Kraftanstrengung bedeutet.“ Die gesamte Wirtschaft müsse sich ändern, damit Deutschland die Emissionen bis 2030 um 65 Prozent gegenüber 1990 senke und 2045 dann klimaneutral wirtschafte. „Das wird ein Strukturwandel, der in der Geschichte seinesgleichen sucht.“

Der Koordinator des vom Bundesforschungsministerium geförderten Konsortiums, Gunnar Luderer, sagt: „Damit die Klimaziele erreicht werden, müssen schon im nächsten Jahr und damit gleich zu Beginn der Legislaturperiode wichtige Entscheidungen getroffen werden.“ Zunächst müsse viel mehr Strom aus Wind und Sonne her, weil dieser die fossile Energie ersetze. „Wir brauchen viel mehr Erneuerbare, als die Politik bisher plant, und wir werden wohl bis 2030 aus der Kohle aussteigen, weil diese mit steigenden Kosten für den CO2-Ausstoß unwirtschaftlich geworden ist“, fasst Luderer zusammen.

An Ariadne beteiligt sind etwa Fraunhofer-Institute, das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt, die Wirtschaftsforschungsinstitute RWI und DIW sowie MCC.

Konkret steht in der Ariadne-Untersuchung: Damit künftig genug Strom für Industrie, den Verkehr oder zum Heizen bereitsteht, muss die Fläche vor allem für Windrotoren, aber auch für Solarpaneele von heute 0,7 Prozent auf mehr als drei Prozent der Fläche Deutschlands wachsen. Der Bund plant mit zwei Prozent. Es müsse schneller genehmigt werden, das Stromnetz ausgebaut und Stromspeicher entwickelt werden, heißt es. Die Leistung aus Wind und Sonne müsse von heute bis 2030 verdreifacht werden. Die Kohleverstromung lohne wegen steigender CO2-Preise nicht mehr und sei wohl 2030 am Ende. Bisher gilt ein Kohleausstieg 2038.

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Der Verkehrssektor verfehle seine Ziele bis 2030 sicher. Dennoch müsse schnell der Anteil an E-Fahrzeugen steigen. Die Ladeinfrastruktur sei ein Engpass. Vielleicht seien Einschränkungen beim Verkehr in den Städten notwendig. Bei Gebäuden müsse die Sanierungsrate von heute ein Prozent pro Jahr auf zwei Prozent verdoppelt werden. Bis 2030 müssten fünf Millionen Wärmepumpen installiert und etwa 1,6 Millionen Gebäude ans Fernwärmenetz angeschlossen werden. Auch dann sei 2045 noch ein Viertel der Gebäude unsaniert. Höhere Heizkosten könnten dazu führen, dass Wohnraum effizienter genutzt werde.

Mehr zum Thema: Bis 2045 soll Deutschland klimaneutral wirtschaften. Doch wie? Ein Dokument der unliebsamen Wahrheiten liegt der WirtschaftsWoche exklusiv vor. Darin rechnet ein Verbund renommierter Klimaforscher vor, was die Verschärfung der Klimaziele konkret bedeutet und wie schmerzhaft der Weg werden kann.

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