Nach gut einem Jahr Erfahrung mit Grippeschutzimpfungen in Apotheken fordern die Pharmazeuten klare Regeln von der neuen Bundesregierung, um auch gegen das Coronavirus immunisieren zu können. Die ABDA, die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, reagiert damit auf Forderungen von Bundespolitikerinnen, auch in Apotheken solle das Covid-Vakzin verabreicht werden, damit in kurzer Zeit mehr Menschen geschützt werden könnten.
Ein ABDA-Sprecher sagte der WirtschaftsWoche, bisher gelte für Corona-Schutzimpfungen ein Arztvorbehalt. Sinnvoll sei ein bundesweites Gesetz, das Apothekerinnen und Apothekern grundsätzlich erlaube zu immunisieren. Die Ministerpräsidentenrunde berät unter anderem dazu am Dienstag mit Noch-Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem künftigen Regierungschef Olaf Scholz (SPD). Das politische Ziel ist, die Zahl der Impfungen in den kommenden Wochen spürbar zu erhöhen.
In Modellversuchen in sieben Länderapothekenkammern verabreichen Pharmazeuten derzeit Vakzine gegen die Influenza. Grundsätzlich sei das Impfen in jeder Apotheke möglich, sagte eine ABDA-Sprecherin, weil alle über ein Beratungszimmer verfügen müssten. Von den rund 18.500 Apotheken im Land beteiligten sich etwa 1000 bisher am Influenza-Impfen. Befähigt zum Immunisieren seien bundesweit inzwischen rund 2600 Pharmazeuten. Sie müssten alle eine Schulung absolvieren, die siebeneinhalb Stunden dauere und von den Kammern angeboten würde.
Die Nachfrage übersteigt offenbar das Angebot an Schulungen. Je nach Modellregion wird die Impfung honoriert. In Apotheken in Nordrhein etwa werden 12,61 Euro pro Influenza-Impfung abgerechnet.
Für Laien ist bisher jedoch nur schwer erkennbar, wo in Apotheken sie sich bereits gegen Influenza schützen können. So nehmen in Berlin beispielsweise Pharmazien im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf am Modellversuch teil, nicht aber in den meisten der anderen elf Bezirke der Hauptstadt. In Deutschland digitalisieren die Apotheken allerdings bereits die Nachweise der Immunisierung gegen Corona aus dem gelben Impfausweis.
Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD, Sabine Dittmar, die selbst Ärztin ist, hatte wiederholt gefordert, dass auch an anderen Stellen des Gesundheitssystems als bisher mit gegen Covid-19 geimpft werden solle. „Alle Impfstellen müssen mit ausreichend Impfstoff beliefert werden und auch Zahnärzte und Apotheken sollten in die Impfkampagne einbezogen werden“, verlangt die bayerische Bundestagsabgeordnete, die als mögliche Bundesgesundheitsministerin gehandelt wird.
Mehr zum Thema: Mit der SafeVac-App sollen Nutzer Nebenwirkungen ihrer Corona-Impfung erfassen. Hunderttausende Geimpfte machen mit – und sind jetzt enttäuscht: Ein Booster-Update gibt es nicht, wichtige Daten bleiben ungenutzt.