Kommt die Wirtschaft mit den aktuellen Zuwanderungsströmen hin?
Von den 470.000 Zuwanderern im letzten Jahr arbeiten rund 40 Prozent, die Übrigen sind im Wesentlichen Familienangehörige. Damit kämen wir also etwa auf 200.000 Arbeitskräfte. Mit Blick auf die Demografie ist das ein guter Erfolg. Wir müssen uns aber von dem Glauben trennen, Deutschland sei automatisch ewig und für jeden attraktiv.
Kann der Arbeitsmarkt kurzfristig so viele Zuwanderer verkraften?
Absolut. Wir sehen für das laufende Jahr einen weiteren Rückgang der Arbeitslosigkeit um 50.000 und ein Beschäftigungsplus von 200.000 Personen.
In der Arbeitslosenversicherung müssten dann Überschüsse anfallen.
Wenn es in der Arbeitslosenversicherung dauerhaft Überschüsse gibt, dann sollten diese den Beitragszahlern zurückgegeben werden, also den Versicherten und den Unternehmen. Dadurch könnten die Unternehmen zumindest ein wenig entlastet werden, wenn schon die Kosten durch den Mindestlohn steigen. In der Zukunft kommen ja ohnehin steigende Lohnzusatzkosten auf die Unternehmen zu durch die Rente mit 63 und die Mütterrente.
206.000 Menschen haben im vorigen Jahr einen Antrag gestellt. Die Rente mit 63 entwickelt sich zum Kassenschlager.
Ja, sie schlägt Löcher in die Rentenkasse. Die Rente mit 63 Jahren ist ein enormes Kostenrisiko. Einmal hat mich Ministerin Nahles gefragt, wie wir die Menschen länger in Arbeit halten könnten. Da musste ich ihr sagen: Sie setzen einen hohen Anreiz dafür, früher auszuscheiden. Wie soll die Wirtschaft das noch übertrumpfen? Jetzt gehen viele richtig gut ausgebildete, gut arbeitende, besonders erfahrene Facharbeiter. Das ist ein Schnitt mitten ins Herz.
Welche Kosten erwarten Sie durch die Rente mit 63?
Für die Rente mit 63 müssen die Beitragszahler, aber auch die Unternehmen, die Rentner und der Steuerzahler auf Jahre hin Milliardenbeträge aufbringen. Bis zum Jahr 2030 werden sich die zusätzlichen Belastungen für die Rentenkasse nach aktuellen Schätzungen auf fast 50 Milliarden Euro summieren. Neben diesen höheren Kosten ist es aber auch ein falsches Signal, das die Politik mit der abschlagsfreien Rente mit 63 an die älteren Beschäftigten sendet.
Diese Frührentner gehen dem Arbeitsmarkt verloren. Dabei würden sie von den Betrieben dringend gebraucht. Unternehmen investieren seit Jahren in Weiterbildung, Prävention und Gesundheitsförderung, um ihre Beschäftigten möglichst lange zu halten. So ist die Beschäftigung Älterer in den vergangenen Jahren erfreulich stark angewachsen. Diese Erfolge werden durch die Rente mit 63 konterkariert.