Freihandel Trumps Verhalten führt zu Unsicherheiten auf dem Markt

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Wer hat eigentlich das Sagen?

Ein weiteres wichtiges Argument der Bundesregierung: Dem Handelsbilanzdefizit der Amerikaner steht deren Dienstleistungsplus gegenüber. Zwar importieren die USA deutlich mehr Maschinen und Autos als sie exportieren. Aber beim Export von Finanzdienstleistungen und digitalen Services wie Uber und Google stünde ein deutliches Plus. Das müsse man berücksichtigen, heißt es aus der Bundesregierung. 

Die Argumente sollen die US-Regierung überzeugen. Das Problem ist nur: Wer hat eigentlich das Sagen?

Die Frage wirft große Unsicherheiten im deutschen Regierungsapparat auf. Von Beginn an standen sich in der US-Administration zwei Lager gegenüber: die protektionistischen Nationalisten wie Steve Bannon und Peter Navarro und die freihändlerischen Internationalisten wie John Cohn und Wilbur Ross. Anfangs schienen die Protektionisten den Machtkampf zu gewinnen. 

Vor 200 Jahren entwickelte der britische Ökonom David Ricardo seine Win-win-Theorie über die Vorteile des internationalen Warenaustausches. Sie ist aktueller denn je.
von Malte Fischer

Doch aktuell scheint das Machtverhältnis zugunsten der Freihandelsbefürworter zu kippen. Mit ihrem Fachkollegen Ross trifft sich Zypries am heutigen Mittwoch. Er gilt inzwischen als einer der wichtigsten Berater von Trump in Wirtschaftsfragen. Allerdings hat sich Ross in seiner Karriere als Investor und Sanierer mal auf die Seite der Globalisierungsfreunde gestellt und dann auch mal wieder mehr Protektionismus gefordert. Ross bleibt ein unbekanntes Blatt. 

Deshalb macht Zypries aus der Not eine Tugend. Auf der Besucherliste stehen neben Ryan, Ross und Lighthizer vor allem auch Politiker aus dem Abgeordnetenhaus und den Staaten etwa in South Carolina. Zypries will vor allem die Republikaner vom gemeinsamen Handel überzeugen. Die Bundesregierung will dort Botschaften einpflanzen, die den Widerstand im Kongress stärken. Eine Grenzausgleichssteuer, wenngleich sie derzeit als unwahrscheinlich gilt, müsste vom Kongress verabschiedet werden. Zypries hofft auf Einsicht der Parlamentarier und Widerstand von unten.  

Ihr erstes Fazit: "Es gibt ein beherrschendes Gefühl, dass das Steuersystem verändert werden müsse, weil sich die Amerikaner dadurch abgehängt fühlten", sagt Zypries. Doch wie ein neues System aussehen könnte, wisse derzeit noch keiner. 

Die deutsche Wirtschaftsministerin geht daher auch mit einem weiterem Ziel in die Gespräche. Sie wolle in Washington Kontakte zu den wichtigen Politikern in der Regierung herstellen, die sie dann als "Basis" für weitere Gespräche nutzen könne. Beide Seiten müssten "einen Draht zueinander finden", um "in Zukunft sprechfähig zu sein". 

Das gilt schon allein deshalb als wichtige Strategie, weil keiner weiß, wie sich die Zukunft des US-Präsidenten entwickeln wird. Trump ist politisch angeschlagen. Die eigenmächtige Entlassung von CIA-Chef Comey und die Weitergabe von vertraulichen Informationen an den russischen Außenminister haben ein politisches Erdbeben in Washington ausgelöst. Dass der Vize-Justizminister einen Sonderermittler einsetzt, der die fragwürdigen Kontakte von Trumps Wahlkampfteam aufdecken soll, zeigt, dass das Establishment in der Hauptstadt auf Angriff geschaltet hat. Die Handlungsfähigkeit von Trump wird inzwischen in Zweifel gezogen.  

Noch immer ist daher auch die Bundesregierung dabei, die eigene Rolle zu finden. Vor dem US-Capitol gibt Zypries ein paar Zitate für die Presse. Ein US-Sicherheitsbeamter will die O-Töne verbieten. Die Delegation geht nach kurzer Diskussion 50 Meter weiter. Der Mann von der U.S. Capitol Police drängt die Truppe erneut zum Aufbruch. Zypries bleibt stehen: "Wir machen hier jetzt weiter." 

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