Geld per Post Warum das Robert Koch-Institut 180.000 Fünf-Euro-Scheine per Post verschickt

Wer vom RKI zufällig per Post zur neuen Gesundheitsstudie eingeladen wird, wird auch einen Fünf-Euro-Echein in dem Umschlag finden. Quelle: dpa

180.000 Deutsche finden zur Zeit einen Brief vom Robert Koch-Institut und fünf Euro in ihrer Post. Das ruft jetzt sogar den Bund der Steuerzahler auf den Plan. Was hinter der Aktion steckt.

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Wer dieser Tage in seiner Post einen Fünf-Euro-Schein findet, soll nicht etwa Opfer einer neuen Betrugsmasche werden. Er wurde vielmehr zufällig vom Robert Koch-Institut (RKI) ausgewählt, um an einer neuen, großangelegten Studie teilzunehmen.

Die trägt den Titel „Gesundheit in Deutschland“. Zu ihr wurden laut RKI 180.000 Menschen aus mehr als 300 Städten und Gemeinden eingeladen. Das RKI will anhand der Daten herausfinden, wie es um die Gesundheit der Bevölkerung steht, welche Vorsorgeuntersuchungen wahrgenommen werden oder wie es um die seelische Gesundheit der Befragten bestellt ist.

Den Fünf-Euro-Schein erhält laut RKI jeder dieser 180.000 Menschen mit der Einladung per Post. Das allein macht schon 900.000 Euro, die das Institut verschenkt. Denn den Geldschein kann jeder behalten, auch wenn er nicht mitmachen will. Dazu kommen weitere zehn Euro für jeden, der tatsächlich an der Studie teilnimmt. Dann würde das RKI also bis zu 2,7 Millionen Euro dafür ausgeben, um Menschen zur Teilnahme an der Studie zu bewegen.

In Wahrheit hofft das RKI aber auf rund 30.000 Teilnehmer. Wenn dieses Ziel erreicht würde, würde das Institut dafür immer noch mehr als eine Million Euro zahlen. Dazu kommen laut einer RKI-Sprecherin noch Gutscheine für etwa Supermärkte, Bekleidungsgeschäfte oder Elektronikläden. Die können sich die Befragten durch regelmäßige Teilnahme verdienen. Denn für die zunächst nicht zeitlich begrenzte Studie sollen die Menschen etwa alle drei Monate befragt werden.

Das ruft nun den Bund der Steuerzahler auf den Plan. Der wirft dem RKI vor, mit dem Geld-Anreiz Steuergelder zu verschwenden. Laut der „Bild“-Zeitung droht Steuerzahler-Präsident Reiner Holznagel dem RKI mit einem Eintrag in das sogenannte Schwarzbuch. Seit 1973 werden darin jährlich die nach Ansicht des Vereins größten Steuergeldverschwendungen der öffentlichen Hand dokumentiert. Das Vorhaben an sich kritisiert der Verein laut dem Präsidenten nicht, allerdings sei die Durchführung mehr als fragwürdig und müsse auf Kosten, Effizienz und Zulässigkeit geprüft werden. „Das RKI geht davon aus, dass 150.000 angeschriebene Personen sich nicht zurückmelden und damit sind 750.000 Euro verschenkt oder verschwendet worden“, kommentiert Holznagel. „Wir wurden zudem darauf aufmerksam gemacht, dass die Briefe teilweise ungeöffnet im Müll landen“.

Der Verein ist auch für seine Schuldenuhr bekannt, die über dem Eingang der Zentrale in Berlin prangt und die Staatsverschuldung Deutschlands darstellen soll – die liegt laut der Daten des Bundes der Steuerzahler gegenwärtig bei gerundet 2.500.000.000.000 Euro.

Immer weniger Menschen nehmen an Studien teil

Die Vorwürfe des Steuerzahler-Bundes wollte das RKI auf Anfrage unserer Redaktion nicht kommentieren. Stattdessen verwies die RKI-Sprecherin darauf, dass der Einsatz von „Incentives“, also zum Beispiel Geldgeschenken, gängige Praxis sei. Der Effekt sei in der methodischen Forschung umfangreich untersucht worden – mit dem Ergebnis, dass tatsächlich mehr Menschen teilnähmen, wenn sie dafür eine Gegenleistung bekämen.

Auch das RKI selbst habe das in einer Art Test nachgeprüft und eine um 13 Prozentpunkte höhere Teilnahmequote erreicht. Darunter seien auch Menschen gewesen, die sonst nur sehr schwer für Befragungen gewonnen werden könnten.

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Die Geschenke seien zur gängigen Praxis geworden, weil immer weniger Leute an derlei Befragungsstudien teilnähmen. Gerade für diese neue Gesundheitsstudie seien aber möglichst viele Teilnehmer nötig, um mit den erhobenen Informationen später verallgemeinerbare Aussagen zur gesundheitlichen Lage der gesamten Bevölkerung treffen zu können. „Auch in einer Krise ist damit zukünftig die Infrastruktur vorhanden, um sehr schnell Antworten auf gesundheitliche Fragestellungen zu erhalten“, sagte RKI-Leiter Lars Schaade.

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