Große Koalition SPD vertagt Entscheidung über Werbeverbot für Abtreibungen

Seit Monaten streiten Union und SPD über das Werbeverbot für Abtreibungen. Geklärt werden soll das Thema nun jedoch erst im kommenden Jahr.

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Erst im Januar will die SPD-Fraktion sich mit dem umstrittenen Gesetzestext auseinandersetzen. Quelle: dpa

Berlin Im Koalitionsstreit über das sogenannte Werbeverbot für Abtreibungen wird der Bundestag frühestens Anfang nächsten Jahres über einen Kompromiss entscheiden. SPD-Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles sagte am Dienstag, in dieser Woche werde zunächst ein Einigungsvorschlag der Bundesregierung erwartet. In der SPD-Fraktion werde darüber in dem Moment beraten, „wo der Gesetzestext der Fraktion im Januar zugeleitet wird“.

Paragraf 219a des Strafgesetzbuches verbietet „Werbung“ für Schwangerschaftsabbrüche, fasst den Begriff aber weiter als im Sprachgebrauch üblich. Teile der SPD fordern die Abschaffung des Strafrechtsparagrafen, die Union lehnt eine Abschaffung ab.

Der Streit dauert bereits seit Monaten. Auslöser der Debatte ist eine Gerichtsentscheidung, mit der eine Ärztin, die darüber informiert hatte, dass sie auch Abtreibungen vornehme, zu einer Geldstrafe verurteilt wurde. Nahles sagte, ein Kompromiss müsse sicherstellen, dass Ärzte straffrei informieren könnten und dass Frauen objektive Informationen erhielten.

Die Unionsfraktion sieht in dem Streit derweil den Ball bei der Bundesregierung. Dies sagte Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus am Dienstag in Berlin auf die Frage, was die Union tun würde, wenn die SPD eine über Fraktionsgrenzen hinweg freigegebene Abstimmung beim Paragrafen 219a verlange. Die zuständigen Minister wollen sich an diesem Mittwoch damit befassen und nach einem Kompromiss zwischen Union und SPD suchen.

In der Fraktionssitzung machte Brinkhaus nach Angaben von Teilnehmern die Position der Unionsfraktion nochmals deutlich, wonach das Werbeverbot nicht relativiert werden dürfe. Möglicherweise könne die Information transparenter gemacht werden. Die Minister wollten sich bei ihrem Treffen auch Gedanken machen, wie Rechtssicherheit für Ärzte hergestellt werden könne. Diskutiert werde über eine Ergänzung des Paragrafen 219. Die Fraktion werde, sobald ein Text vorliege, ergebnisoffen darüber diskutieren.

FDP-Partei- und -Fraktionschef Christian Lindner kündigte an, dass seine Fraktion das Thema 219a auf die Tagesordnung des Bundestages setzen wolle. Er bot der SPD an, mit der FDP zusammen einen entsprechenden Beschluss im Bundestag zur Modernisierung des Straf- und Medizinrechts herbeizuführen. „In der SPD baut sich Druck auf.“

Viele SPD-Abgeordnete wollten diese längst überfällige Modernisierung nicht mehr auf die lange Bank schieben. „Die Kriminalisierung von Ärztinnen und Ärzten muss beendet werden. Es gibt im Parlament dafür eine Mehrheit.“ Die CDU habe sich dagegen zusammen mit der CSU in eine Ecke zurückgezogen, unter anderem aus Angst, der AfD damit ein Kampagnenthema anzubieten. Der neuen CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer hielt Lindner rückwärtsgewandte Äußerungen in der Gesellschaftspolitik vor.

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