Impftempo Impfzentrum oder Hausarzt? Das ist nicht nur eine Frage des Geldes

Eine Patientin wird in einer Hausarztpraxis gegen das Coronavirus geimpft. Quelle: imago images

Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte wollen gerne mehr impfen – auch, weil sie gut daran verdienen. Doch im Kampf gegen Covid-19 werden alle gebraucht: große Zentren, Hausärzte und Betriebsmedizinerinnen.

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Wer ist wichtiger fürs Impfen der Bevölkerung? Die Ärztinnen und Ärzte in den Praxen, von denen geschätzt 65.000 flächendeckend schon an der Immunisierungs-Kampagne gegen das Coronavirus teilnehmen? Oder die rund 430 Impfzentren in ganz Deutschland, meist gut gelegen in Messezentren, Sportarenen oder großen Hallen?

Die niedergelassenen Medizinerinnen und Mediziner haben sich in letzter Zeit jedenfalls verstärkt zu Wort gemeldet, ihnen werde nicht genug Impfstoff zugeteilt. Deshalb, so die Klage, könnten sie nicht so viel verimpfen, wie sie wollten. Und wenn sie endlich ausreichend ausgestattet würden, seien eigentlich auch die Impfzentren überflüssig. Zuletzt lobte der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, die eigenen Leute und die Rolle der Praxen: „Das ist tatsächlich wahrscheinlich der entscheidende Meilenstein im Kampf gegen die Pandemie.“

Doch so einfach ist es nicht. Die Impfzentren und auch Betriebsärzte in Unternehmen werden noch eine Weile notwendig sein, um tatsächlich bis nach den Sommerferien alle, die es wollen, wenigstens einmal geimpft zu haben. Zumal die Hausärzte nicht unbedingt effizienter und schon gar nicht günstiger für die vom Staat getragene Impfkampagne sind.

In Impfzentren durchlaufen pro Stunde nach Aussage von Eingeweihten meist bis zu 120 Impflinge das Zentrum. In einer Hausarztpraxis können pro Tag nebenbei womöglich 20 Impfungen durchgeführt werden. Hinzu kommen unterschiedlich gelagerte Vorteile: Hausärzte kennen ihre Patienten und sind auch auf dem flachen Land vertreten. Doch was ist wiederum mit den vielen Menschen in Deutschland, die gar keinen Hausarzt haben? Sie kommen im Impfzentrum – etwa in Berlin - teilweise schneller dran, auch wenn sie keine hohe Priorität vorweisen können.

140 Euro pro Stunde für den Piks

Es ist wie so oft eine Frage des Geldes, die hinter der Forderung nach einem größeren Anteil an der Versorgung steckt. Denn Impfen lohnt sich als zusätzliches Angebot in den Praxen: Für eine Impfberatung bekommt eine niedergelassene Ärztin zehn Euro und für eine Erst- wie auch die Zweitimpfung dann jeweils 20 Euro. Oft werden die Vakzine dann aber von den medizinischen Angestellten verabreicht, die Mediziner unterschreiben danach nur die Impfpässe. Wenn eine Praxis also beispielsweise 20 Impfungen am Tag durchführt, macht das  400 Euro Zusatzverdienst. 

Im Impfzentrum dagegen verdient ein Arzt je nach Bundesland im Schnitt 120 bis 140 Euro je Stunde, für bis zu zehn Impfungen in dieser Zeit. Auch hier übernehmen zwar  medizinische Fachangestellte einen Teil der Impfungen. Doch die Effizienz scheint höher.



Nach den Zahlen des Bundesgesundheitsministeriums wurden bis einschließlich 4. Mai 2021 in Deutschland insgesamt 31.468.712 Impfdosen gegen Covid-19 verabreicht. Davon wurden bisher 25.479.921 Dosen in Impfzentren und 5.988.791 Dosen in Arztpraxen injiziert. Die Arztpraxen holen schnell auf, sie machen ohnehin erst seit wenigen Wochen mit. Den Vorteil des hohen Durchlaufs in den Zentren machen die Praxen eben durch ihre schiere Zahl wett.

Denken in Entweder-oder-Kategorien ist da nicht besonders hilfreich. Bei geschätzt rund 90 Millionen Impfdosen, die in Deutschland in dieser ersten Kampagne für den ersten und den zweiten Piks noch notwendig sein werden, scheint eine Verlagerung allein hin zu den Praxen und ein Schließen der Zentren alles andere als angemessen. Noch wird jedes Angebot gebraucht.

Mehr zum Thema: Schon an diesem Wochenende könnten Lockerungen für Geimpfte gelten – allerdings nur, wenn sie den vollständigen Schutz haben. Wann das der Fall ist, variiert je nach Impfstoff: zwischen 14 Tagen und drei Monaten. Österreich geht deshalb einen anderen Weg.

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