Landtagswahl Saarland, grünes Kummerland

Am Sonntag wählen die Saarländer ihren Landtag neu – und die Grünen rechnen schon fast damit, unter die fünf Prozent-Hürde zu rutschen. Der Bundesvorstand in Berlin hat derweil aber noch ganz andere Sorgen.

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Die Grünen haben im Saarland einen schweren Stand. 1994 eroberten sie erstmals drei Sitze im Landtag, 1999 flogen sie wieder raus. 2004 und 2009 sprangen sie eher knapp, 2012 sogar denkbar knapp über die Fünf-Prozent-Hürde – 185 Stimmen weniger, und sie wären raus gewesen. Quelle: Reuters

Berlin/Saarbrücken Die Grünen hatten es schon leichter. Um die sieben Prozent in Umfragen, kein Rezept gegen den Hype um SPD-Erlöser Martin Schulz, Brodeln an der Basis. Der nächste Tiefschlag droht am Sonntag im Saarland: Sehr gut möglich, dass die Grünen aus dem Landtag fliegen. In der Berliner Grünen-Zentrale sucht man nach Wegen aus dem Schlamassel – und bemüht sich schon mal um Schadensbegrenzung. „Im Saarland sind wir Kummer gewohnt, leider“, sagte Grünen-Chef Cem Özdemir diese Woche.

Er bezog sich auf Wahlergebnisse, aber auch sonst macht es der Saar-Landesverband der Bundespartei nicht leicht. Nicht-Saarländern gibt der Wahlkampf der Grünen in Deutschlands kleinstem Flächenland Rätsel auf. Etwa, warum die Kampagne der Ökopartei dort ohne die bekannte Sonnenblume auskommt.

Die Saarländer sind es dagegen gewohnt, dass ihre Grünen eher Abstand halten zur Bundespartei, insbesondere zur Vorsitzenden (und früheren saarländischen Landesministerin) Simone Peter. Ihr schlechtes Verhältnis zu Hubert Ulrich, dem Spitzenkandidat in ihrer Heimat, ist hinlänglich bekannt. In Berlin zucken viele nur resigniert mit den Schultern, wenn man sie nach den Saar-Grünen fragt.

Auch abgesehen von innergrünen Befindlichkeiten ist das Saarland ein unangenehmes Pflaster für die Partei. Eigentlich ist es SPD-rot, die vergangenen 18 Jahre sind historisch gesehen eine CDU-schwarze Ausnahme. Nur eine Uni, viel Industrie. Die Grünen eroberten 1994 erstmals drei Sitze im Landtag, 1999 flogen sie wieder raus. 2004 und 2009 sprangen sie eher knapp, 2012 sogar denkbar knapp über die Fünf-Prozent-Hürde – 185 Stimmen weniger, und sie wären raus gewesen.

Es wäre also kein gar so großes Drama, wenn es am Sonntag schief geht, ist die Botschaft in der Berliner Grünen-Zentrale. Vor allem kein Signal für die Mai-Wahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen (wo es mit sechs Prozent in Umfragen auch nicht gut aussieht), und schon gar nicht für die Bundestagswahl im September.

Für schlechte Nachrichten brauchen die Bundesgrünen auch gar keine vermasselte Landtagswahl, das schaffen sie alleine. Gegen den Hype um 100-Prozent-Martin-Schulz, der das rot-grüne Wählerlager zur SPD zieht, kommt die Partei bisher nicht an. Die Strategie, den Markenkern Umweltschutz nach vorn zu stellen, während die anderen vor allem über Gerechtigkeit und Sicherheit reden, greift bisher kaum.

Die Partei neigt außerdem dazu, es sich selbst nicht einfach zu machen. Am Mittwoch verließ die bekannte bayerische Landtagsabgeordnete Claudia Stamm die Grünen und schimpfte auf den „schwammigen“ Kurs. Links-Grüne an der Basis schicken sich an, die Zentrale mit Änderungsanträgen zum Wahlprogramm zu überschwemmen. „Alt-Grüne“ beklagen, dass die jungen, neuen Mitglieder fast schon neoliberale Ansichten hätten.

Spannungen zwischen Linken und Realos gehören bei den Grünen dazu. Im Wahlkampf können sie für das Realo-Spitzenduo Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir zum Problem werden. Sie versuchen, die Partei vom Image der moralischen Besserwisserei zu befreien. Das Wahlprogramm soll nach baden-württembergischen Vorbild neue Wählerschichten erschließen, zeigt aber bisher auch kaum die gewünschte Breitenwirkung. Die Parteispitze will nun verstärkt Frauenthemen in den Vordergrund rücken, etwa die schlechte Bezahlung von Hebammen, Krankenschwestern und Erzieherinnen. Bis zum 24. September sind es (nur) noch sechs Monate – die Grünen haben noch viel zu tun.

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