Neue Arbeitswelt Ist der Roboter wirklich mein Feind?

Viele Menschen haben die – durchaus reale – Sorge, dass vor allem einfache Jobs durch Automatisierung verschwinden und die Chancen von Geringqualifizierten am Arbeitsmarkt künftig sinken werden. Quelle: imago images

Eine noch unveröffentlichte Studie zeigt, welche Ängste die Automatisierung in Deutschland und den USA schürt – und wie mehr Informationen Abhilfe schaffen können.

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Weltweit ist der Roboter auf dem Vormarsch, auch in Deutschland setzen immer mehr Unternehmen auf Automatisierung. Auf 10.000 Beschäftigte kommen bei uns mittlerweile rund 346 Industrieroboter – mehr als in den USA. Im Jahr 2020 setzten nach Angaben des Statistischen Bundesamts bereits 19 Prozent der Unternehmen im verarbeitenden Gewerbe auf entsprechende Technologien.

Neben dem Produktivitätsgewinn schürt die fortschreitende Automatisierung allerdings auch Ängste in der Bevölkerung. Vernichtet Kollege Roboter am Ende mehr Jobs als er sichert und neu schafft? Solche Automatisierungssorgen und ihre Folgen hat nun eine Forschergruppe des ZEW-Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim näher untersucht. In ihrer Studie, die der WirtschaftsWoche vorab vorliegt, werten die Autoren Melanie Arntz, Sebastian Blesse und Philipp Dörrenberg eine repräsentative Umfrage unter der arbeitenden Bevölkerung in den USA und Deutschland aus. Darin befragte das Marktforschungsinstitut YouGov im Frühjahr 2019 über 5000 Personen im Alter von 18 bis 55 Jahren zu ihren Einstellungen gegenüber der Automatisierung, die die Autoren als technischen Fortschritt in den Bereichen Robotics, Big Data und künstlicher Intelligenz definieren.  

Die Ergebnisse zeigen, dass über 50 Prozent der Befragten in beiden Ländern davon ausgehen, dass digitale Technologien zu mehr Arbeitslosigkeit führen werden. Die steigende Angst vor automatisierungsbedingter Arbeitslosigkeit erhöht zugleich die Nachfrage nach Umverteilungsmaßnahmen – ein Zusammenhang, der in den USA überraschenderweise noch stärker ausgeprägt ist als in Deutschland. Auch sind die Antworten in den USA polarisierter: Entweder schätzen die Befragten den Effekt der Automatisierung sehr gering oder sehr stark ein. Das sei konsistent mit der politischen Polarisierung, die man in den USA wahrnehme, schreiben die Autoren. So ordnet sich die Hälfte der amerikanischen Befragten einem extremen politischen Spektrum zu, unter den Deutschen ist es nur ein Viertel.

Interessanterweise präsentieren sich die Befragten bei der Bewertung ihrer eigenen Berufssituation etwas entspannter. So skeptisch sie mit Blick auf die gesamte Volkswirtschaft auch sind: In beiden Ländern hat nur gut ein Viertel Bedenken, in den nächsten fünf Jahren aufgrund der Automatisierung selbst den Job zu verlieren.

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Zugleich jedoch befürchtet eine überwältigende Mehrheit von etwa 90 Prozent negative Effekte der Robotervormarsches auf die Einkommensverteilung in der Wirtschaft. Dahinter steht die – durchaus reale – Sorge, dass vor allem einfache Jobs durch Automatisierung verschwinden und die Chancen von Geringqualifizierten am Arbeitsmarkt künftig sinken werden. Vor allem Menschen, die viele Routinetätigkeiten in ihrem Job ausüben oder deren Anforderungen am Arbeitsplatz gestiegen sind, zeigen sich besorgt, gerade in den USA.

Die Sorge vor steigender Ungleichheit ist zudem bei jenen Befragten besonders hoch, die wenig Vertrauen in die Politik setzen. Auch politische Einstellungen sind ein wichtiger Faktor: „Befürworter rechter Politik sind weniger besorgt im Vergleich zu Menschen, die sich weder rechts noch links einordnen“, schreiben die Autoren. Wer eine linke Politik unterstützt, sei hingegen stärker besorgt.

Wie aber lassen sich Ängste vor technischem Fortschritt abbauen? Die ZEW-Forscher machten den Test: Sie unterteilten die Befragten in drei Gruppen. Zwei erhielten Wissenshappen über den Arbeitsmarkteffekt der Automatisierung, die dritte erhielt keine Informationen und diente als Kontrollgruppe.
Die den Umfrageteilnehmern präsentierten Informationen stammen aus einer Studie, die zeigt, dass die Automatisierung bisher ein „Nullsummenspiel“ sei, erklärt Sebastian Blesse, Postdoktorand in der ZEW-Abteilung Unternehmensbesteuerung und öffentliche Finanzwirtschaft und Mitautor der Studie. „Wenn man sich die gegenläufigen Effekte der arbeitsersetzenden und der arbeitsschaffenden Technologien anschaut, dann heben die sich gegenseitig auf.“

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Im Test führte die Weitergabe dieser Informationen dazu, dass sich bei besonders pessimistisch eingestellten Arbeitnehmern die Ängste vor der Substitution menschlicher Arbeit durch Maschinen relativieren.

Anders ausgedrückt: Wer eine Charmeoffensive für den Roboter starten will, sollte den Beschäftigten die möglichen Arbeitsmarkteffekte genau erklären.

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